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Die Rente und die Frauen

Die Opposition hatte eine hübsche Idee: Rentengerechtigkeit. Die Opposition kam an die Regierung. Die hübsche Idee funktionierte nicht. Auch rechnen half nichts

BERLIN taz ■ Es war eine hübsche Idee: Die Renten zweier Ehepartner werden addiert und durch zwei geteilt. Gutverdiener geben etwas ab, Schlechtverdiener bekommen mehr. Dies würde ausgleichen, was Lohndiskriminierung und unbezahlte Haus- und Erziehungsarbeit bewirken: dass Frauen viel arbeiten und trotzdem ein schmales Rentenkonto haben. Schick.

Doch als die Regierung daranging, das Modell, das sie zu Oppositionszeiten gefordert hatte, umzusetzen, häuften sich die Tücken: Zu Lebzeiten des Gutverdienenden kann man ihn kaum zwingen, etwas von seiner Rente abzugeben; sie ist immerhin sein geschütztes Eigentum. Also ginge es nur freiwillig.

Wenn aber einer der Ehepartner gestorben ist, lautete daraufhin die Losung, dann bekommt der andere immerhin 75 Prozent der gemeinsamen Rente anstatt nur 60 Prozent Hinterbliebenenversorgung. Doch je mehr Modellrechnungen angestellt wurden, desto zweifelhafter wurde diese Variante. Denn in den gemeinsamen Rententopf wird nur geworfen, was beide in der Ehe an Ansprüchen gewonnen haben, nicht die vorher verdienten Anteile: In drei Vierteln aller Fälle käme der oder die Hinterbliebene auf eine schlechtere Rente als mit dem alten Modell, das 60 Prozent der Gesamtrente des Verstorbenen vorsieht.

Das war das Ende der hübschen Idee. Was nun auf dem Tisch liegt, ist eine geschmä- lerte Hinterbliebenenversorgung: Witwen oder Witwer bekommen nur noch 55 Prozent der Rente des Verstorbenen. Eigene Einkünfte oberhalb des geltenden Freibetrags von 1.258 Mark (West) bzw 1.079 Mark (Ost) werden mit der Hinterbliebenenrente verrechnet, mehr als 40 Prozent dieser Rente dürfen dabei aber nicht verschwinden.

Diese Verschlechterung will die Regierung abmildern, indem sie Kindererziehungszeiten bei der Berechnung der Rente stärker berücksichtigt: Bis jetzt bekommen die Erziehenden für jedes Kind drei Jahre Beitragszahlung gutgeschrieben, auch wenn sie in diesen Jahren nichts einzahlen können. Diese fiktiven Beiträge werden erhöht: Bis jetzt blieben sie unter dem Durchschnitt aller Rentenbeiträge des jeweiligen Jahres, in Zukunft sollen sie ihm entsprechen. Besser bewertet wird auch, wer Teilzeit arbeitet, weil er oder sie Kinder erzieht: Angerechnet werden soll das Anderthalbfache des erwirtschafteten Beitrags, und zwar bis zu einer Grenze von 100 Prozent, nicht wie bis jetzt nur bis zu einer Grenze von maximal 60 Prozent der eingezahlten Durchschnittsbeiträge.

Die Lückenzeiten, in denen Frauen Kinder erziehen, werden in Zukunft bei der Rente also kaum mehr negativ zu Buche schlagen. Das ist gut. Die hehren Wünsche aber, die sich an das Modell der gleichen Rente für Ehemänner und Ehefrauen knüpften, bleiben unerfüllt: Die allgemeine Lohndiskriminierung wird weiter in die Rente fortwirken, weil schlechter bezahlte Frauen eben auch weniger Beiträge einzahlen können; die unbezahlte Hausarbeit wird ebenfalls nicht berücksichtigt – die Hinterbliebenenrente bleibt eine vom Lohn des Ehepartners abgeleitete Rente. Und: Die private Vorsorge kennt natürlich keinen Kinderbonus; dieser Teil der Rente schert sich nicht um unbezahlte Arbeit, auch Betriebsrenten tun das nicht. Wenn also diese beiden Säulen in Zukunft weiter ausgebaut werden, bedeutet das jedesmal einen rentenrechtlichen Rückschritt für unbezahlt arbeitende Frauen.

HEIDE OESTREICH

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