npd bald ohne konten: Den moralischen Schein gewahrt
Es wird eng für die NPD. Ja, es droht der Tag, an dem ihre Kader das Parteivermögen unter dem Kopfkissen verwalten müssen. Dutzende von Banken und Sparkassen haben seit September ihre Geschäftsbeziehungen mit den Rechtsextremisten beendet. Und gestern entschied das Oberlandesgericht Köln, dass auch die Kündigung von NPD-Konten seitens der Postbank AG rechtens ist. In dem Rechtsstreit hatte die NPD per einstweiliger Verfügung von der Bank gefordert, ihre Konten weiterzuführen.
Kommentarvon EBERHARD SEIDEL
Das Urteil passt in die politische Landschaft. Wenn alle etwas gegen die NPD unternehmen wollen, mit welchem Recht sollten Banken dann genötigt werden, das Geld von Neonazis zu verwalten und zu mehren? Jeder sollte selbst für sich entscheiden dürfen, wie sehr er sich im Namen des Profits erniedrigt.
Nun standen Banken und Sparkassen bislang nicht in dem Ruf, die Latte moralisch allzu hoch zu legen. Ethische und politische Skrupel sind ihnen eher fremd. Deshalb dürfen wir davon ausgehen, dass sie trotz NPD auch in Zukunft wenig Bedenken haben, sich an Giftgaslieferungen oder dem blutigen Geld von Diktatoren gesundzustoßen.
Die NPD war für die Geldinstitute eine Gelegenheit, endlich einmal moralisches Profil zu zeigen. Und das zum Nulltarif. Die rechtsextremistische Szene ist hierzulande ökonomisch ein so marginales Segment, dass man getrost darauf verzichten kann. Zumal angesichts der Debatte um die NPD der eine oder andere Bankkunde kündigen könnte, wenn er erfahren sollte, mit wem die Bank seines Vertrauens so alles Geschäfte macht.
Ist die Aufkündigung von NPD-Konten der Beginn von ziviler Gegenwehr der Bürger, die ähnlich wie in den USA verstärkt ihre Kaufkraft dazu nutzen, Unternehmen zu politisch korrektem Handeln zu zwingen? Wohl kaum. Im Augenblick erscheint das beherzte Durchgreifen eher als Zugeständnis an den Zeitgeist: Die NPD bringt halt den Standort Deutschland international in Verruf.
Mit oder ohne Konten, die NPD ist bis zu dem möglichen Verbot durch die Karlsruher Richter eine legale Partei. Und damit hat sie bestimmte Rechte – zum Beispiel auf Wahlkampfkostenrückerstattung. Sollte demnächst das letzte ihrer Konten nicht mehr sein, könnten wir die groteske Situation erleben, dass Staatsbeamte mit einem Koffer voller Bargeld in der Geschäftsstelle der NPD auftreten, um der Partei die zustehenden Gelder zu überbringen. Das hat doch was.
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