: Spurensuche in Hamburg
■ Internationale Haftbefehle gegen zwei Männer, die in Hamburg studiert haben. Hamburger Forum ruft zu Demo für den Frieden auf
Im Zusammenhang mit den Terroranschlägen in den USA führt eine weitere Spur nach Hamburg: Neben dem vermutlich in Pakistan untergetauchten Said Bahaji hat die Bundesanwaltschaft nun auch gegen den 29-jährigen Ramzi Binalshibh einen internationalen Haftbefehl erlassen. Beide Männer sollen mit den mutmaßlichen Attentätern Mohammed Atta, Marwan Alshehhi und Ziad Jarrah befreundet gewesen sein, teilte Generalbundesanwalt Kay Nehm gestern mit.
Der Deutsch-Marokkaner Said Bahaji, der an der TU Hamburg Harburg eingeschrieben war, gilt als „logistischer Kopf“ der Gruppe. Er zahlte die Miete für die Wohnung in der Marienstraße, an der sich Atta und Binalshibh beteiligten. Bei ihm wurden Unterlagen gefunden, die starkes Interesse an radikal-islamischen Führern zeigen – darunter auch Osama Bin Laden. Am 3. September flog Bahaji über Istanbul nach Pakistan. Seither ist er auf der Flucht. Auch seine Ehefrau konnte keine Angaben zu seinem Verbleib machen.
Im August 2000 beantragte der jemenitische Binalshibh vergeblich ein Visum für die USA. Vor wenigen Wochen wurde er zum letzten Mal in Hamburg gesehen. 1998 und 1999 hat er Sprachkurse am Studienkolleg der Universität Hamburg belegt, das auf ein Studium vorbereiten soll. Die Uni stellte klar: „Ein Studium an der Universität hat er nicht absolviert.“ Innensenator Olaf Scholz (SPD) sprach gestern von einem „schnellen Erfolg“ der Ermittlungen: „Wir wollen unseren Teil dazu beitragen, dass das furchtbare Verbrechen aufgeklärt wird. Wir sind jetzt einen Schritt weiter.“
Unterdessen demonstrierten gestern in Harburg 1200 Menschen gegen Terrorismus und Krieg. Auf Transparenten warnten sie unter anderem vor einer überzogenen militärischen Reaktion der Amerikaner: „Terror ist ein Verbrechen, ein noch größeres ist Krieg.“ Die Welt benötige eine „Kultur des Friedens“. Organisatoren waren unter anderem Studentenvertreter der TU Harburg, Gewerkschaften, kirchliche Vereinigungen und ein islamischer Kulturverein.
Für heute rufen das „Hamburger Forum für Völkerverständigung und weltweite Abrüstung“ und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zu einer Friedensdemonstration ab 11 Uhr am Kriegsklotz beim Dammtor auf. „Kein Krieg! Gegen Rassismus und Repression! Für Abrüstung und eine Zivilisierung der Politik“ ist das Motto, es geht quer durch die Innenstadt zu einer Abschluss-kundgebung am Besenbinderhof gegen 13 Uhr. RednerInnen sind unter anderem Hamburgs GEW-Vorsitzende Anna Ammonn, Amtsrichter Bernd Hahnfeld, Conny Gunßer vom Flüchtlingsrat und Sibylle Kirstein vom Hamburger Fo-rum. Sandra Wilsdorf/lno
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen