: Schill überfährt Ampel
Die Zusammenarbeit der Hamburger FDP mit der Schill-Partei macht eine Ampelkoalition in Berlin immer unwahrscheinlicher. Von der Aufwertung der Sicherheitspolitik profitiert vor allem die SPD
von ROBIN ALEXANDER und ANDREAS SPANNBAUER
Manchmal ist der Zeitpunkt einer Nachricht ebenso wichtig wie ihr Inhalt. Am vergangenen Wochenende diktierte Peter Strieder, SPD-Landesvorsitzender, der Berliner Morgenpost in den Block, was er über Ampelkoalitionen in Berlin denkt: „Man muss aber auch wissen, dass ein Drei-Parteien-Bündnis – SPD-Grüne-FDP – auf jeden Fall instabiler wäre als ein Zweierbündnis.“ Bisher lautete die Sprachregelung von Strieder und dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit, man sei froh, mehrere Optionen zu haben.
Der Tonfall änderte sich nicht zufällig an diesem Sonntag – dem Tag, als in Hamburg gewählt wurde. In der Hansestadt schickt sich die FDP an, eine Koalition mit der Partei des Rechtspopulisten Ronald B. Schill und der CDU einzugehen. Strieder: „Wir sind gespannt, welche Signale die FDP in Hamburg aussendet. Ist das nun eine liberale Partei oder arbeitet sie mit dem rechten Rand zusammen?“ Daraus folgt: Je wahrscheinlicher wird, dass dieser so genannte Bürgerblock tatsächlich zustande kommt, desto geringer sind die Chancen für eine Ampelkoalition in Berlin.
Nicht nur eine liberale Senatsbeteiligung, sondern auch ein gutes Wahlergebnis in Berlin stehen nach Ansicht von Jürgen Falter, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Mainz, auf dem Spiel. Falter geht davon aus, dass sich eine Koalition der Hamburger FDP mit dem Rechtspopulisten Ronald Schill negativ auf das Abschneiden der Liberalen in Berlin auswirken könnte. „Ein Teil der FDP-Wähler sieht das nicht arg gern.“ Anders als in Hamburg, wo die FDP-Einbindung in den so genannten Bürgerblock absehbar war, habe die liberale Partei in Berlin ein anderes Profil.
Der Spitzenkandidat der FDP, Günter Rexrodt, sieht die Chancen auf eine Ampel in der Hauptstadt durch die Konstellation in Hamburg nicht gefährdet: „Man muss einer liberalen Partei schon die Freiheit konzidieren, sich in unterschiedlichen Situationen unterschiedlich zu entscheiden.“ In den beiden größten deutschen Städten finde die FDP „zwei unterschiedliche Situationen vor mit jeweils ganz anderen Vorzeichen“. In Berlin gebe es „keinen Populisten wie Schill“, in Hamburg hingegen „keine ernst zu nehmende PDS“. Rexrodt folgert: „Die FDP hat in Berlin eine ganz andere Funktion.“
Anders als die FDP muss die SPD in Berlin keine Folgen der Wahlen zur Hamburger Bürgerschaft befürchten. „In Hamburg hat sich die seit 44 Jahren regierende SPD im Niedergang befunden, in Berlin herrscht nach dem Bruch der großen Koalition Aufbruchsstimmung bei den Sozialdemokraten“, sagt der Parteienforscher Peter Lösche. Seiner Ansicht nach werden in der Hauptstadt Arbeitslosigkeit und Wirtschaftskompetenz die bestimmenden Themen bleiben. Die Sicherheitspolitik wird an Bedeutung gewinnen. Dies kommt in Berlin vor allem den Sozialdemokraten zugute, meint Lösche. „Die Krisensituation ist die Stunde der Exekutive.“ Auf Bundes- und Landesebene habe sich mit dem Thema Innere Sicherheit in erster Linie die SPD profiliert. Auch Berlins Innensenator Ehrhart Körting habe bisher „keine Schwäche gezeigt“.
Für die PDS fällt das Resümee der Hamburger Wahl zwiespältig aus. Die gesunkene Wahrscheinlichkeit einer Ampelkoalition gefällt dem Fraktionsvorsitzenden Harald Wolf: „Das Durchmogeln bei dieser Frage ist jetzt endlich vorbei.“ Die SPD müsse „nun klar sagen, wohin sie eigentlich will“. Wolf: „Mit uns oder mit der FDP. Das ist eine politische Richtungsentscheidung.“ Aber nicht alle Auswirkungen der Hamburg-Wahl können die PDS freuen. Sie könnte nach Auffassung von Professor Falter zu einem Spagat in der Sicherheitspolitik gezwungen sein: „Die Anhänger der Partei im Osten haben ein starkes Bedürfnis nach Sicherheit, ihre Wähler im Westen verlangen nach mehr Liberalität.“
Im Gegensatz dazu ist die Erwartung der Wähler an die Grünen eindeutig. Lösche warnt die Partei davor, stärker auf das Thema Sicherheit zu setzen: „In diesem Bereich wird den Grünen keine Kompetenz zugeschrieben.“ Vielmehr könne sich die Partei als Vertreterin von Bürgerrechten profilieren. Das aber stellt die Grünen im Übergangssenat vor neue Probleme: „Die Kröten, die zu schlucken sind“, so Professor Falter, „werden immer größer und hässlicher.“
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