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Alle fühlen sich als Sieger

Regierung und Opposition behaupten gleichermaßen, sie hätten sich durchgesetzt. Auf der Strecke bleibt die Zusage für die Partnerländer

BERLIN taz ■ Friedrich Merz wedelte aufgeregt mit einem Zettel und fragte den Verteidigungsminister in scharfem Ton: „Beabsichtigen Sie, diesen Parlamentsvorbehalt aufzuheben?“ Rudolf Scharping fläzte sich aufreizend lässig auf der Regierungsbank und tat natürlich gar nichts, weder beabsichtigt noch unbeabsichtigt. „Ich habe hier den Text eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung“, legte der Fraktionschef von CDU/CSU nach. „Wenn Sie diese Frage nicht beantworten, geht dieser Antrag 30 Minuten nach Schluss der Debatte an das Bundesverfassungsgericht!“ Scharping tat immer noch nichts, außer seine Maske mit dem rätselhaften Rudolf-Scharping-Gesicht spazieren zu tragen. „Ich antworte gern auf jede Frage“, sagte Rudolf Scharping später, „aber doch nicht, wenn dieser Herr so rumschreit.“

Man muss sich diese Szene vom vorigen Donnerstagabend im Bundestag noch einmal in Erinnerung rufen, um zu verstehen, worum es bei diesem ganzen Airbus-Streit geht. Nicht nur um die Sache – also um die Frage, ob die 73 Airbus-Flugzeuge für die Bundeswehr ordnungsgemäß finanziert sind. Sondern auch um die Form – also um eine schlampig arbeitende und arrogante Regierung. Erst so ist zu verstehen, dass sich Regierung und Opposition gestern immer noch stritten, obwohl sie vor dem Bundesverfassungsgericht ihren Streit eigentlich gerade beigelegt hatten.

Jetzt erst begann der wichtigste Kampf: der Kampf um die Interpretation dessen, was eigentlich passiert ist. „Das Gericht hat die Linie der Bundesregierung bestätigt“, sagte Scharping. „Der Verteidigungsminister hat eine vollständige Unterwerfungserklärung abgegeben“, sagte Merz. „Die CDU hätte sich den Weg nach Karlsruhe sparen können“, sagte SPD-Fraktionschef Peter Struck.

Der Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts war es gelungen, die Auseinandersetzung auf die Sache zu reduzieren. Damit hat Jutta Limbach die außergerichtliche Einigung ermöglicht. Das gelang jedoch nur, weil die Bundesregierung in allerletzter Minute gemerkt hatte, dass sie mit ihrer Argumentation vor Gericht nicht allzu weit kommen würde. Also erklärte der Verteidigungsminister vor Gericht: April, April, der Bundestagsbeschluss von voriger Woche sei nicht rechtsverbindlich, sondern nur eine politische Absichtserklärung. Natürlich hatte die Bundesregierung nicht die Absicht, das Budgetrecht des Parlaments in Frage zu stellen, so Scharping.

Wer binnen 72 Stunden derart rasant seine Meinung ändert, braucht dafür eine gute Ausrede. „Diese Auseinandersetzung in Karlsruhe hätte es nicht gegeben, wenn wir nicht im Wahlkampf wären“, sagte Scharping gestern nach der Einigung. Und damit keiner auf den Gedanken kommt, hier habe irgendjemand verloren, rief der Verteidigungsminister sicherheitshalber gleich mehrere Sieger aus. „Das Projekt hat gesiegt“, sagte Scharping, „die europäische Verteidigungspolitik hat gesiegt, die Bundeswehr hat gesiegt.“

Zumindest was die europäischen Partner betrifft, könnte diese Einschätzung etwas übertrieben sein. Großbritannien und Frankreich sind die einzigen, die nach der Einigung von Karlsruhe nicht das bekommen, was sie wollten: eine rechtsverbindliche Zusage für den Kauf von 73 Airbus-Maschinen bis zum 31. Januar. Aber „Rudi Superlativ“ sieht auch hier keine Probleme: „Es gibt das klare Wort des Bundeskanzlers sowie klare Entscheidungen der Bundesregierung und des Bundestages. Unsere Partner wissen“, so Scharping“, „das Projekt kommt.“ Die Partner wissen vermutlich auch, wenn das Projekt kommt, ist einer schon gegangen: Scharping nämlich. Als Verteidigungsminister.

JENS KÖNIG

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