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Archäologie in AsienDer unflexible Riesenaffe

Der Menschenaffe G. Blacki war 3 Meter groß und bis zu 300 Kilo schwer. Eine neue Studie zeigt, warum er vor über 200.000 Jahren ausstarb.

Künstlerische Darstellung einer Gruppe von G. Blacki in einem Wald Foto: Garcia/Joannes-Boyau/Southern Cross University/dpa

Hongkong im Jahr 1935: Der Paläontologe Gustav Heinrich Ralph von Koenigswald ist auf der Suche nach Drachenzähnen. So nennen die Menschen dort alte Tierzähne, die in der traditionellen chinesischen Medizin verwendet werden. In einer Apotheke entdeckt er einen Backenzahn, der keinem lebenden Tier gleicht. Die Struktur des Zahns erinnert ihn an Primaten, aber der Zahn ist zu groß, um ihn einer bekannten Art zuzuordnen.

So beginnt die Geschichte von Giganthopithecus Blacki, einem drei Meter großen und 200 bis 300 Kilogramm schweren Menschenaffen, der eher an einen Riesen als an einen Affen erinnert. Der mit dem Orang-Utan verwandte Primat gehörte zur Megafauna. Damals, im Erdzeitalter des Pleistozäns, das vor etwa 2,6 Millionen Jahren begann und mit dem Holozän vor etwa 11.700 Jahren endete, durchstreiften riesige Tiere das Land. Auch 80 Jahre nach dem Fund seines Backenzahns ist nur wenig über Blackis Aussterben und die Gründe dafür bekannt.

Die Studie

Um den Zeitpunkt des Aussterbens zu bestimmen, untersuchte ein Forschungsteam Hunderte von Zähnen und vier Kieferknochenfragmente, die in Höhlen in der südchinesischen Provinz Guangxi gefunden wurden. Anhand des radioaktiven Zerfalls von Elementen wie Uran in den Zähnen und Knochen fanden sie heraus, dass Blacki vor 2,3 Millionen Jahren bis vor 295.000 bis 215.000 Jahren lebte. Blacki starb also früher als andere Megafaunazeitgenossen aus, deren Verschwinden oft mit dem Erscheinen von Menschen korreliert.

Das Forschungsteam untersuchte auch die Sediment- und Pollenablagerungen in den Höhlen, in denen Blacki-Überreste gefunden wurden. Sie fanden heraus, das Blackis Lebensraum im südlichen China aus einem „Mosaik aus Wäldern und Gräsern“ bestand. Diese idealen Lebensbedingungen für den großen Pflanzenfresser veränderten sich im Laufe der Jahrmillionen: Aufgrund von Klimaveränderungen nahmen offene Waldflächen zu und die Landschaft glich immer weniger einem Mosaik.

Blacki hatte fortan Schwierigkeiten, an seine Kalorien zu kommen. „Seine mangelnde Anpassung führte schließlich zum Aussterben des größten Primaten, der je die Erde bewohnt hat“, ­schreiben die Forscher:innen. Einziger Vorbehalt: Die Zähne und Knochen, die in der Studie untersucht wurden, kommen allesamt aus dem südlichen China. Überreste von Blacki wurden aber auch in Thailand, Vietnam und Indonesien gefunden.

Was bringt’s?

Blacki war ein Sturkopf, der seine Routinen nicht änderte. Sein Verwandter, der Orang-Utan, passte damals seine Essgewohnheiten an und überlebte – wenn auch stark dezimiert. Die Studie zeigt, wie wichtig Anpassung für das Überleben einer Art ist, besonders in Zeiten von Klimawandel. Im Zweifel lieber überleben als auf Gewohnheiten bestehen.

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4 Kommentare

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  • "Im Zweifel lieber überleben . ."



    Die Natur denkt nicht so, ihr geht es um das Fortbestehen des Lebens als solches, nicht um bestimmte Lebensformen. Sonst wäre sie seit dem Aussterben der Dinos noch immer in Trauer und Depression. Sie hat's mit einem Achselzucken hingenommen.

  • Schönes Schlusswort.



    Aber mit der Anpassungsfähigkeit des Homo sapiens scheint es seit einigen Generationen vorbei zu sein.

    • @Herma Huhn:

      Das klingt wunderbar pessimistisch, stimmt aber nicht. Als einzige Menschenaffenart reicht der Lebensraum des Homo sapiens vom Polarkreis bis zur Wüste. Grund: Anpassungsfähigkeit und Intelligenz.

    • @Herma Huhn:

      Sie könnte ja wieder aktiviert werden!