Abstimmung über Grundrechte für Affen: Primaten entscheiden über Primaten

In Basel wird darüber abgestimmt, ob Menschenaffen Grundrechte erhalten. Die Initiative von Tierschützern zielt auf die lokale Pharmaindustrie ab.

3 Affen geniessen heiße Quellen

Entspannung in heißen Quellen: Schneeaffen Foto: Kyodo/dpa

BASEL taz | In Basel findet an diesen Sonntag die weltweit erste Volksabstimmung über „Grundrechte für Primaten“ statt. Konkret geht es bei der Abstimmung im Schweizer Stadtkanton darum, ob allen nichtmenschlichen Primaten das Recht auf Leben sowie das Recht auf körperliche und seelische Unversehrtheit zugesprochen wird.

Der Zoo, in dem fast alle Affen im Kanton Basel-Stadt leben, warnt vor angeblichen „Menschenrechten für alle Affen“ und fürchtet um die Affenanlage. Die Be­für­wor­te­r:in­nen um die Tierrechtsorganisation „Sentience“ bestreiten, dass sich Zoohaltung und Grundrechte ausschließen. Doch eigentlich zielte die Organisation nicht auf den Zoo, als sie ihre Initiative für Grundrechte lancierte.

„Bis vor Kurzem fanden in Basel viele belastende Primatenversuche statt – und es kann wieder beginnen“, sagt Tamina Graber von „Sentience“. Die Pharmafirmen Novartis und Roche gehören zu den größten Steuerzahlern der Region. Novartis hat die Primatenversuche vor sechs Jahren an „externe Partnerfirmen“ in andere Länder ausgelagert. Auf Anfrage schließt der Pharmakonzern neue Versuche in Basel nur für die „nahe Zukunft“ aus. Roche führte in Basel bis 2018 Primatenversuche durch – da sammelte „Sentience“ bereits Unterschriften für die Volksabstimmung.

Weltweit werden viele Medikamente an Primaten getestet, auch jede Corona-Impfung. Finden Primatenversuche nicht in Basel statt, dann anderswo – wo der Tierschutz womöglich lascher ist. Doch Basel könne eine Vorreiterrolle einnehmen, entgegnet Graber diesem Argument.

Ein Erfolg ist möglich

„Obwohl das Schweizer Tierschutzgesetz im Vergleich nicht schlecht ist, steht auch hier der Mensch im Zentrum“, erklärt Graber. Im Tierschutz gilt eine Güterabwägung: Selbst wenn das Leiden eines Tiers groß ist, können Tierversuche bewilligt werden, wenn die menschliche Gesellschaft einen Nutzen daraus zieht. Daran würde auch die Anerkennung von Grundrechten für Primaten zunächst nichts ändern: Denn bei einer Ja-Mehrheit würden die neuen Rechte zunächst nur für nichtmenschliche Primaten in öffentlichem Besitz gelten – und solche gibt es nicht. Das Parlament könnte dann aber eine Ombudsperson für alle Primaten auf Kantonsgebiet einführen.

In der Schweiz wird über vieles abgestimmt. Die meisten Initiativen werden abgelehnt. Doch Basel gilt als einziger Stadtkanton als progressiv. Nicht nur Linksalternative und Grüne, auch die lokal tonangebenden So­zi­al­de­mo­kra­t:in­nen unterstützen die „Grundrechte für Primaten“. Ein Erfolg ist möglich. Graber wagt keine Prognose, aber die vergangenen Wochen hätten ihr gezeigt, dass die Initiative einiges losgetreten hat: „Viele denken zum ersten Mal über den Unterschied von Tierschutz und Tierrechten nach. Bis jetzt haben nur wir Menschen Rechte, und uns wird alles untergeordnet.“ Dabei sind Menschen ja Trockennasenprimaten.

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