Arbeitskampf bei der BVG: BVG-Fahrer:innen lassen sich nicht abspeisen
Nach jeder Verhandlungsrunde holt Verdi ein Stimmungsbild bei den Beschäftigten ein. Das fällt auch nach dem dritten Angebot ziemlich eindeutig aus.

Es ist Donnerstagmittag, ein Tag nach der letzten Verhandlungsrunde zwischen Verdi und der BVG. Das Ergebnis der achtstündigen Sitzung ist ein neues, nachgebessertes Angebot des Arbeitgebers. Eine kürzere Laufzeit, statt vier Jahren, bietet die BVG nun 30 Monate. Auch bei der Schichtzulage hat sie ein paar Euro im Vergleich zum letzten Angebot draufgepackt. Wie auch schon in den drei Verhandlungsrunden zuvor leitet Verdi durch sogenannte Hofverantwortliche das Ergebnis an die Belegschaft weiter und holt dabei gleich ein Stimmungsbild ein – Angebot annehmen oder Druck erhöhen?
Spiegel, selbst Busfahrer, ist einer dieser Hofverantwortlichen. Seit drei Uhr ist er auf den Beinen, hat bereits vor dem Frühdienst mit zahlreichen Kolleg:innen auf dem Betriebshof in Lichtenberg gesprochen. Der Bahnhof Schöneweide ist seine letzte Station für heute. Hier am Umsteigeknotenpunkt laufen mehrere Bus- und Tramlinien zusammen, die meisten Fahrer:innen machen hier kurz Pause, bevor sie wieder die nächste Linie fahren.
Die eingangs beschriebene Szene wiederholt sich noch einige Male. „Weitermachen natürlich, das Angebot ist eine Unverschämtheit“, sagt ein grauhaariger Kollege, der gerade aus einer Tram steigt. Spiegel fragt einen Busfahrer, auch hier muss er das Angebot nicht einmal vorstellen. „Klar, weiterverhandeln. Da ist noch mehr drin“, antwortet der Fahrer.
Diese Rückkopplung mit der Belegschaft ist ein neues Element in den Tarifverhandlungen mit der BVG. Mit dem System will Verdi die Belegschaft stärker in den Arbeitskampf mit einbeziehen. Für viele Beschäftigten eine willkommene Gelegenheit, um sicherzustellen, dass die Gewerkschaft nicht vorzeitig einknickt. „Viele Kollegen waren enttäuscht, dass letztes Jahr nicht mehr gekämpft worden ist“, erinnert Spiegel an die Verhandlungen zum Manteltarifvertrag.
Das scheint gut zu funktionieren. Fast alle Befragten hatten eine starke Meinung zum neuen Angebot. „Durch die Rückkopplung ist eine extreme Mobilisierung da“, sagt Spiegel. Wenig überraschend, in den letzten drei Runden gab es nur wenige Gegenstimmen. So auch dieses Mal. In der Spalte bei „Angebot annehmen“, findet sich noch kein Strich. Am Montag will Verdi über einen neuen Warnstreik entscheiden. Wenn es nach den Beschäftigten geht, scheint dieser unausweichlich.
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