Apple-TV Serie „The Big Cigar“: Flucht nach Kuba
Die Serie „The Big Cigar“ erzählt von der aberwitzigen Flucht des Black Panther Party-Gründers Huey Newton nach Kuba.
„Du dachtest, ich wäre der nächste Malcom X und (…) würde die Welt verändern und Du wolltest ein Teil davon sein.“, sagt Black Panther-Gründer Huey Newton (Andre Holland) in der Apple TV+-Serie „The Big Cigar“ verärgert und enttäuscht zu seinem langjährigen Freund, dem Hollywood-Produzenten Bert Schneider (Alessandro Nivola).
Da befindet er sich gerade auf der Flucht nach Kuba, wo er Mitte der 70er politisches Exil beantragt, drei Jahre später aber wieder in die Staaten zurückkehrt. Mitorganisiert wird diese spektakuläre Flucht, von der die Serie erzählt und die von Los Angeles über Mexiko ins sozialistische Kuba führt, von Bert Schneider. Der setzte 1969 mit dem an den Kinokassen rekordverdächtig erfolgreichen Kultfilm „Easy Rider“ der Gegenkultur ein Denkmal und spielte Hollywood Millionenerträge ein.
Schneider war Bewunderer und Freund von Newton, der ein Gründer und Anführer der 1966 im kalifornischen Oakland entstandenen Black Panther-Party war, die der tödlichen Polizeigewalt gegen schwarze Menschen mit bewaffneten Patrouillen beikommen wollten. 1974 wurde Newton wegen Mordes angeklagt, ein Vorwurf, der Jahre später vor einem US-Gericht als unbegründet zurückgewiesen wurde, und floh deshalb nach Kuba.
Der flott erzählte Sechsteiler, bei dem unter anderem Schauspieler Don Cheadle Regie führt, surft auf der 70er-Vintage-Welle mit jeder Menge Soul-Musik und Blaxploitation-Ästhetik, setzt aber gleichzeitig die politische Geschichte der Black Panther Party und die Rolle Huey Newtons in Szene. Der lässt sich zum Ärger einiger seiner Genossen auf das Angebot des auf Gegenkultur und Politfilme spezialisierten Bert Schneider ein, um sein Leben und seinen Kampf gegen Rassismus zu verfilmen. Das passiert nie, weil Newton plötzlich auf der Flucht ist.
Antirassistischer Kampf
Der Serientitel „The Big Cigar“ ist vielmehr Deckname der Unterstützungsaktion des Hollywood-Produzenten, der am Ende nur vorgibt, einen Film zu drehen und so (leider stümperhaft) die Flucht Newtons vor dem FBI ermöglicht.
Dabei wirft die Serie auch die Frage auf: wo hört die Solidarität des weißen koksenden Oberschicht-Salon-Revolutionärs Bert Schneider auf und wo fängt die kulturelle Aneignung und Inwertsetzung des antirassistischen Kampfes und der Biografie eines Mannes an, der um sein Leben fürchtet. Im Zuge dieses Konflikts kommt es dann zum eingangs erwähnten Streit zwischen Newton und Schneider, deren Verhältnis der erzählerische rote Faden durch diese Serie ist.
Diese Flucht-Geschichte wurde erst vor einigen Jahren durch einen Artikel des Journalisten Joshua Bearman bekannt und erlebt nun eine breitenwirksame Umsetzung. Die trägt Züge eines Biopics, in dem es auch um Newtons Drogenkonsum und seine mitunter wahnhaften Anwandlungen geht.
Eine absurde Dimension
Ein Fokus liegt auf der rassistischen Polzeigewalt in den USA der 70er, was der Serie Aktualität verleiht. In einem Epilog sinniert Newton im kubanischen Exil über die Zukunft des Kampfes gegen Rassismus, woraufhin Bilder von Black Lives Matter-Demonstrationen zu sehen sind.
Es geht aber auch um Fraktionskämpfe in der Black Panther Party im Spannungsfeld zwischen radikaler Militanz, sozialer Reformpolitik wie Jugendarbeit und dem Versuch in die parlamentarische Politik einzusteigen, als Panther-Mitgründer Bobby Seale, dessen Streitigkeiten mit Newton detailliert gezeigt werden, sich vergeblich ums Amt des Oaklander Bürgermeister bewirbt.
„The Big Cigar“
ab 17.5. auf Apple TV+
Die von Hollywood als Filmdreh getarnte Flucht Huey Newtons nach Kuba verleiht dieser Geschichte eine fast absurde Dimension, die aber durch Andre Hollands vielschichtige Darstellung des Black Panther-Gründers nicht ins Slapstickhafte abdriftet.
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