piwik no script img

Appell an Bundes- und LandespolitikKinder vor rechter Gewalt schützen

Die Länder beraten mit Olaf Scholz über Asylpolitik. Migrantische Organisationen fordern, lieber den Kampf gegen Rassismus zu stärken.

Will mehr Abschiebungen: Bundeskanzler Scholz vor dem Bund-Länder-Gipfel bei einer Kabinettssitzung am 19. Juni Foto: Liesa Johannssen/reuters

Berlin taz | Über 50 Migrant*innen- und Menschenrechtsorganisationen appellieren an die Politik, Kinder besser vor rassistischer Gewalt zu schützen. Es gelte ein Umfeld zu schaffen, „in dem alle Kinder unabhängig von ihrer Herkunft frei von Angst und Diskriminierung aufwachsen können“, heißt es in dem Aufruf, den die Bundeskonferenz der Migrantenorganisationen (BKMO) initiierte.

Hintergrund ist der mutmaßlich rassistische Angriff von Jugendlichen auf zwei Mädchen und ihren Vater mit ghanaischem Migrationshintergrund in Grevesmühlen. Die Mi­nis­ter­prä­si­dent­*innen kommen am Donnerstag mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zusammen, gleichzeitig tagen auch die Lan­des­in­nen­mi­nis­te­r*in­nen mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD).

In dem Appell heißt es, während die Zahlen rassistischer und antisemitischer Übergriffe stiegen, werde „die öffentliche Debatte von Themen wie illegaler Einwanderung und Sozialleistungsmissbrauch dominiert“. Dies fördere „ein Klima der Normalisierung rechtsextremer Einstellungen und Gewalt.“ Unterschrieben haben den Aufruf auch zahlreiche Einzelpersonen, darunter viele Bundes- und Landtags-Abgeordnete von Grünen und SPD.

Um der rassistischen Gewalt zu begegnen, wird in dem Aufruf gefordert, die Strafverfolgung zu stärken, rechtsextreme Netzwerke zu zerschlagen sowie den Zugang zu psychosozialer Beratung für Betroffene zu verbessern. Mit Bildungsprojekten und der Förderung demokratischer Initiativen solle außerdem das gesellschaftliche Bewusstsein für das Thema Antirassismus gestärkt werden.

Bund-Länder-Gipfel arbeitet weiter am Rechtsruck

Tatsächlich wird es auf den Bund-Länder-Gipfeln am Donnerstag vor allem um weitere Verschärfungen in der Asylpolitik gehen. So wird etwa über die Möglichkeit beraten, Asylverfahren in außereuropäische Drittstaaten zu verlegen, wie es Großbritannien und Italien planen. Die Union in Bund und Ländern dringt darauf, solche Pläne auch in Deutschland umzusetzen. Bundeskanzler Scholz wird einen Prüfbericht vorstellen, der die Umsetzbarkeit solcher Pläne bewertet.

Über das letzte Jahr hatte die Bundesregierung bereits der deutlichen Verschärfung des EU-Asylsystems zugestimmt, mit Georgien und Moldau neue sogenannte „sichere Herkunftsländer“ benannt und die Bedingungen für Asyl­be­wer­be­r*in­nen in Deutschland verschlechtert.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Ich fordere komplette gewaltfreie Rahmenbedingungen, in denen Kinder aufwachsen, weder psychisch, körperlich, familiär, religiös, und identitär. Dies schließt alle Ideologien ein: rechte , islamistisch konservativ (z.B. Kopftuchzwang, Beschneidung) , ulraorthodoxe etc.



    Wenn die Kinder erwachsen sind, können diese immer noch entscheiden, welcher identitären oder Glaubens-Richtung sie angehören wollen.

  • Kinder müssten auch vor rechter Denkweise geschützt werden.

  • Auswandern in menschenfreundlichere Regionen ist durchaus eine Lösung des Problems. Viel zu viele Opfer der Dummheit harren aus und hoffen auf Besserung

  • Die dringenden Appelle von über 50 Migrant*innen- und Menschenrechtsorganisationen zur besseren Sicherung von Kindern vor rassistischer Gewalt sollten die Politik alarmieren. Der Angriff auf eine ghanaische Familie in Grevesmühlen verdeutlicht die akute Notwendigkeit von Maßnahmen. Doch der Diskurs ist oft von illegaler Einwanderung und Sozialleistungsmissbrauch geprägt, was rechtsextreme Ansichten normalisieren kann. Der Bund-Länder-Gipfel fokussiert sich zudem hauptsächlich auf verschärfte Asylpolitik, während dringend Maßnahmen gegen Rassismus und für Antirassismus-Bildung notwendig wären. Die Politik muss entschlossen handeln: Stärkere Strafverfolgung, Zerschlagung rechtsextremer Netzwerke und bessere psychosoziale Unterstützung sind unabdingbar, um ein sicheres Umfeld für alle Kinder zu schaffen.