Anzeige gegen „heute-Show“: Leberwurst in Schnitzelform

Eine Satiresendung hat Spaß mit einem Nazischnitzel. Das gefällt dem Schnitzelnazi nicht und die Justiz produziert Schlagzeilen aus Kalbsfleisch. Irre.

Eine Leberwurst mit einem traurigen Gesicht

Mach mein Schnitzel nicht an! Foto: imago/Steinach

Ein Nazi-Schnitzel also. Die „heute Show“ des ZDF hat auf ihrer Facebook-Seite den Wahlerfolg der österreichischen FPÖ mit einem als Hakenkreuz geschnittenen Schnitzel kommentiert, versehen mit dem inhaltlich derzeit zutreffenden Satz: „Österreicher wählen eben so, wie sie es vom Schnitzel kennen: möglichst flach und schön braun.“

Und prompt setzt es dafür eine Anzeige vom österreichischen Jura-Studenten und ehemaligen FPÖ-Mitglied Emanuel Falch, der offenbar versehentlich in den letzten Wochen mal in die Zeitung geschaut hat, dabei anscheinend über diesen lustigen Majestätsbeleidigungsparagraphen, von dem jetzt alle reden, gestolpert ist und sich deshalb nun als Trittbrettkläger im Windschatten von Erdogan versucht. Unter anderem wegen jenes Paragrafen 103 nämlich soll die Staatsanwaltschaft nach seiner Vorstellung ermitteln, aber auch sonst wegen Beleidigung.

Nun könnte man einwenden, dass so eine Anzeige offenkundiger Unsinn ist, weil der Schnitzel-Scherz alles Mögliche sein mag, aber ganz sicher nicht justitiabel. Doch das wäre ungerecht. Denn keine Klage im Zusammenhang mit Satire ist bescheuert genug, als dass die Medien sich nicht umgehend ganz aufgeregt darauf stürzen wie ein Piranha-Schwarm auf ein blutiges Stückchen Fleisch im Wasser.

Selbst wenn ein einzelner, verwirrter Mohammed-Freak den durch ein Versehen gelegentlich als Satiriker bezeichneten Regierungssprecher Dieter Nuhr anzeigt, wird daraus sofort eine große Meldung samt anschließender Debatte darüber, ob wir uns von diesen Moslems jetzt eigentlich alles gefallen lassen müssen. Und jetzt also aus Österreich: eine Anzeige! Das ist ja allerhand! „Schon wieder hat das ZDF Ärger wegen einer Satire!“, hyperventiliert etwa die „Bild-Zeitung“. Wobei der Ärger im Wesentlichen darin bestehen dürfte, diese Quatsch-Meldung gelesen zu haben, denn mehr dürfte in dieser Sache kaum noch passieren.

Top-Meldung im Sack

Aber man soll ja auch das Gute nennen. Erstens etabliert sich vor unseren Augen gerade eine ganz neue Diskussionskultur. Statt wie früher Argumente zu formulieren und zu versuchen, damit Gehör in der Öffentlichkeit zu finden, kann man jetzt einfach irgendwen anzeigen (kostet nichts, geht sogar online), und schon steht in jeder Zeitung, wen man gerade doof findet. Jetzt schnell am besten die gesamte FPÖ wegen Beleidigung des gesunden Menschenverstandes, der politischen Vernunft und des guten Geschmacks in ungezählten Fällen anzeigen – schon haben wir die nächste Top-Meldung. Eine Art Nachrichten-Perpetuum-Mobile, angesichts dessen mancher Sack Reis in China vor Neid zerplatzen dürfte.

Vor allem aber wollen wir den österreichischen Schnitzler lobpreisen, weil er sich so engagiert gegen die Diskriminierung von Muslimen verdient macht. Denn fortwährend heißt es doch gerade aus den schmuddeligsten Ecken, wie eben der FPÖ, dass diese Islamer ja dauernd wegen jedem Unsinn sofort schwerst beleidigt seien, das liege denen sozusagen im Blut. Jetzt aber haben wir es staatsanwaltschaftlich bestätigt: So leicht lässt sich der christliche Abendländler im sinn- und grundlosen Geschmolle noch lange nicht abhängen.

Ganz egal, ob halal oder aus Wiener Kalbsfleisch – beleidigte Leberwürste sind letztlich alle gleich. Dafür, dass er diese Selbstverständlichkeit so schön ins öffentliche Bewusstsein zurückgerufen hat, könnte man dem Schnitzelfreund gerne eine kleine Auszeichnung ans Revers heften. Warum nicht, dem Anlass angemessen, in Hakenkreuzform? Das kommt in Österreich traditionell doch auch ganz gut an.

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