piwik no script img

Anwalt über Joachim Herrmann„Nicht genug frisches Blut“

David Schneider-Addae-Mensah nannte den bayerischen Innenminister ein „wunderbares Inzuchtprodukt“. Der hatte sich zuvor rassistisch geäußert.

Joachim Herrmann muss sich so einiges gefallen lassen Foto: dpa
Amna Franzke
Interview von Amna Franzke

taz: Herr Schneider-Addae-Mensah, sind Sie sicher, dass Herrmanns Eltern Geschwister sind?

David Schneider-Addae-Mensah: Das müssen sie ja nicht unbedingt sein, damit es unter „Inzucht“ fällt. Das hängt von der Definition ab. Aber man kann den Begriff auch in einem nicht-juristischen Sinne verstehen. Ich meine damit: Der hat einfach nicht genug frisches Blut abbekommen. Ich habe nach einem adäquaten Konter gesucht.

Einen Konter worauf?

Der Brief war meine Reaktion auf Joachim Herrmanns Auftritt im August bei „Hart aber fair“. Dort nannte er Roberto Blanco einen „wunderbaren Neger“. Das wollte ich nicht so stehen lassen. Sicherlich ist „Inzuchtprodukt“ eine scharfe Bezeichnung. Aber es ist eine angemessene Reaktion. So hat es auch das Amtsgericht gesehen …

Im Interview: 

David Schneider-Addae-Mensah, Jahrgang 1971, arbeitet als Menschenrechtsanwalt. Er ist Sohn eines Ghanaers und einer Bayerin.

… das Ihnen ein „Recht zum Gegenschlag“ eingeräumt hat. Wen wollen Sie als Nächstes schlagen?

Schauen Sie nach Osten oder in die AfD: Da gibt es genug potenzielle Schläger. Man kann deren Aussagen nicht einfach so stehen lassen. Man muss ihnen Grenzen aufzeigen. Ich beleidige ganz ungern. Nur, wenn ich unbedingt muss. In der Regel muss ich selbst häufiger Beleidigungen einstecken – vor allem rassistische. Wenn ich im Zug zum Beispiel angesprochen werde mit: „Gehen Sie wieder zurück in Ihr Land!“ Das ist sehr verletzend, schließlich bin ich Deutscher.

Im Interview: David Schneider-Addae-Mensah

, Jahrgang 1971, arbeitet als Menschenrechtsanwalt. Er ist Sohn eines Ghanaers und einer Bayerin.

Gab es eigentlich eine persönliche Antwort von Joachim Herrmann?

Nein, die gab es nicht. Es gibt einen handschriftlichen Vermerk auf einem Schreiben seiner Mitarbeiter mit Bitte um Mitteilung, ob Herrmann in dieser Sache Strafantrag wegen Beleidgung stellen möchte. Herrmann vermerkte: „Ja, ggf. auch Beschwerde bei Rechtsanwaltskammer“. Die Anwaltskammer hat sich aber nicht bei mir gemeldet. Viele Querulanten reichen dort Beschwerden ein, da geben die nicht jede weiter.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

29 Kommentare

 / 
  • Was ist gegen das "Recht auf Gegenschlag" einzuwenden?

    Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil.

    Politiker wie Strauß und Wehner haben sich früher im Bundestag auch so duelliert. Das war um Längen unterhaltsamer als der jämmerliche Einheitsbrei heute.

    Und im Fechtsport gibt es neben Florett- eben auch Säbelfechten.

  • Jemand, der einen Schlagersänger "Wunderbar" nennt, der in den siebziger Jahren Dauergast in Dieter Thomas Hecks Hitparade war, darf sich über solche Reaktionen nicht wundern.

  • Ah ja, dann sind wir also jetzt soweit, dass jede "Erwiderung" von Rüpeln und Pubertär-Vulgarismusschleudern nun als 'angemessene Reaktion' geadelt wird... wie aufgeklärt, wie sophisticated, oder jedenfalls sieht sich doch dieser Herr immer gerne so...

  • 8G
    86548 (Profil gelöscht)

    Zwischen der Bemerkung von Schneider-Addae-Mensah und Joachim Herrmann gibt es einen wichtigen Unterschied: Herrmann wollte Roberto Blanco nicht beleidigen sondern eher ein Kompliment machen und hat dazu die falschen Worte gewählt (und das übrigens auch sehr schnell erkannt). Schneider-Addae-Mensah dagegen wollte Herrmann ganz bewusst beleidigen und das ist jetzt gerichtlich legitimiert. Ist es nicht schön in einem Land zu leben, in dem es solche Freiheiten gibt?

    • @86548 (Profil gelöscht):

      Vielleicht ja, aber mal ganz ohne Ironie:

      es ist schon besorgniserregend, wenn selbst Gerichte vor der Straßenwut des mainstreams zurückschrecken

      • 8G
        86548 (Profil gelöscht)
        @Karl Bauer15:

        da stimme ich Ihnen zu

  • Hoffentlich hat das Amtsgericht mit seinem Urteil nicht eine Richtung in eine Gesellschaft eröffnet, in der „ehrverletzende Angriffe“ und „drastische Erwiderungen“ zum normalen Umgangston gehören!

     

    Übrigens gibt es außer Herrn Schneider-Addae-Mensah noch einen weiteren Gewinner: Herrn Erdoğan! Dieses Urteil wird ihm wie ein Geschenk des Himmels vorkommen. Mal sehen, wann er das richterlich bestätigte „Recht zum Gegenschlag als Reaktion auf ehrverletzende Angriffe“ (seitens Herrn Böhmermann nämlich) auch für sich in Anspruch nimmt und als Betroffener „scharf und drastisch erwidert“. Es sei denn, seine Berater können ihm das ausreden. Denn wenn er mit gleicher Münze zurückzahlt („Ziegenf...“), begibt er sich auf das gleiche geistige Niveau!

    • @Pfanni:

      ...wenn damit für Böhmermann das ganze für ihn unerfreuliche Thema erledigt wäre und die Regierung an dieser Front ohne weitere Bücklinge ihre Ruhe hätte, ich vermute mal, Böhmermann hätte nichts gegen einen verbalen Gegenschlag Erdogans in gleicher Stärke einzuwenden. Immerhin könnte er dann sagen, dass es das gut demokratische Recht der Meinungsfreiheit Erdogans ist. Und dann wäre es ausgestanden. Aber zusätzlich zu all dem, das geht natürlich nicht. Und Erdogan verzichtet nun mal nicht gern auf so einen damit verbundenen billigen strategischen Vorteil - sprich ein so willkommenes Druckmittel.

  • Die CSU hat das Problem jeder Hinterwäldlervereinigung: den absoluten Konsens der nicht geprüft wird weil ja sowieso jeder derselben Meinung ist.

     

    Deshalb möchte ich Herrn Herrmann, Beckstein, Seehofer und Co auch nichts böses unterstellen wenn sie Politik machen wie sie es eben machen.

    Nur von außen gesehen kann man da eigentlich nur dem Kopf schütteln - wie bei der 90jährigen Oma die in ihrer Demenz "Heil Hitler" zum Tischgebet verkehrt.

  • 3G
    33324 (Profil gelöscht)

    Wer Joachim Herrmann in den vergangenen Jahren politisch beobachtet hat, weiß, dass er eben gerade kein Rassist ist. Den verbalen Fauxpas vom vergangenen August hat er nicht absichtlich, etwa als Provokation, begangen. Die Verwendung des N-Wortes kommt bei Menschen, die in den 1960er und 1970ern aufgewachsen sind, nicht mehr sehr oft, aber leider gelegentlich noch vor. Damals war das N-Wort nicht nur in der allgemeinen Literatur, sondern auch noch in Schulbüchern verbreitet. Joachim Herrmann deshalb absichtlich zu beleidigen zeugt m.E. von keinem guten Stil. Auch wenn man seine Politik ablehnen mag.

    • 1G
      10236 (Profil gelöscht)
      @33324 (Profil gelöscht):

      Also eine Verschiebung des Begriffs hin zur Pejorativität hat der bayrische Innenminister scheinbar nicht verinnerlicht.

      Hab mir nochmal das Video angeschaut. Der "verbale Fauxpas" alleine ist es nicht, sondern Roberto Blanco als das Beispiel für einen dunkelhäutigen Menschen, der "den weißen Deutschen wunderbar gefallen hat". Im Kopf von Hermann funktionieren die Schwarzen nur im Kontext von "Song of the South".

      • 3G
        33324 (Profil gelöscht)
        @10236 (Profil gelöscht):

        Ich denke er wollte einfach nur sagen, dass die Mehrheitsgesellschaft mit schwarzen Mitmenschen kein grundsätzliches Problem hat, sondern im Gegenteil, sogar "wunderbar" finden kann, wie es eben auch das Beispiel Roberto Blanco zeigt.

    • 6G
      60440 (Profil gelöscht)
      @33324 (Profil gelöscht):

      Rassist oder nicht, ist doch völlig egal. Das Problem vom Herrmann ist die verdammte Inzucht, haben Sie das denn nicht verstanden, Alexei ?

    • @33324 (Profil gelöscht):

      Was Sie sagen, ist völlig richtig. In dieser Zeit war "Neger" eine völlig korrekte und wertfreie Bezeichnung, während etwa "Schwarzer" eine Beleidigung war. Vor diesem Hintergrund Herrn Hermann eine rassistische Bemerkung zu unterstellen ist absurd und läßt in der Tat auf eine, vorsichtig ausgedrückt, etwas querulante Disposition des Interviewten Drei-Namen-Trägers schließen.

      • 6G
        65572 (Profil gelöscht)
        @Karl Bauer15:

        Respekt vor akademischen Würden, insbesondere der der Juristerei, liegt mir fern. Der Person die der "Disposition des Interviewten Drei-Namen-Trägers" Querulantentum unterstellt, scheint mir jedoch nicht ganz frei von Rassismus zu sein.

        • 6G
          65572 (Profil gelöscht)
          @65572 (Profil gelöscht):

          ... Die Person, ...

    • @33324 (Profil gelöscht):

      Der Kerl ist aber kein bayrischer Alm-Öhi sondern verdammter Innenminister.

       

      Glauben Sie im Ernst, der weiß nicht was er da redet?

      • 2G
        25726 (Profil gelöscht)
        @Ruhig Blut:

        Nicht zu wissen, wovon man spricht ist notwendige Bedingung für eine Karriere in der CSU.

      • 3G
        33324 (Profil gelöscht)
        @Ruhig Blut:

        Schauen Sie sich die Szene an. Sie ist ausreichend oft im Netz zu finden. Ich kann darin keine böse Absicht erkennen. Obwohl ich ihm politisch nicht nahe stehe.

      • 6G
        65572 (Profil gelöscht)
        @Ruhig Blut:

        Glaugen Sie im Ernst, er wollte Roberto Blanco beleidigen?

        • @65572 (Profil gelöscht):

          Das wohl nicht. Aber unverhohlen kommt seine Abschätzigkeit gegenüber den dunkelhäutigen, afrikanischen Menschen zum Ausdruck. Warum denn sagte er nicht "ein wunderbarer Unterhaltungskünstler". Warum musste es sowas sein von der Art ", eine immer wieder unterhaltsam anzusehende Sarotti-Mohr-Puppe" ?

          • 6G
            65572 (Profil gelöscht)
            @H.G.S.:

            Wegen der von Alexei Chomjakov schon geschilderten Sozialisation in den 60ern.

            Auch ich bin mit Negerküssen, Mohrenköpfen, Sarotti-Schokolade etc. aufgewachsen und Neger war für mich ein Begriff für männliche Menschen mit sehr dunkler Hautfarbe ohne rassistische Konotation.

            Wir hatten jedoch auch ein ungutes Gefühl als uns das Bilderbuch "Zehn kleine Negerlein" in die Finger kam und als das Wort Nigger in Büchern und Filmen auftauchte.

            Ich bin nicht sicher, ob selbst ein Innenminister ständig kontrolliertes Vokabular verwenden muß.

            • @65572 (Profil gelöscht):

              Jaja die 60er. Damals durften Männer ihren Ehefrauen noch die Erwerbsarbeit verbieten, Schwule kamen in den Knast, psychisch Kranke wurden mit Elektroschocks behandelt. Und in den USA mussten Schwarze in getrennte Toiletten, in eigene Krankenwagen etc. Das war damals normal, genauso wie das Wort Neger. Zu begreifen, dass Bezeichnungen, die aus der Zeit dieser rassistischen Normalität stammen, heute ebenfalls ihre vermeintlich neutrale Bedeutung verloren haben, ist eine wirklich überschaubare intellektuelle Leistung. Das schafft ein Hermann genauso wie jeder andere, der es in diesem letzten halben Jhd. geschafft hat, Phänomene wie das Internet oder den Fall der Mauer zu begreifen.

               

              Der Grund für die Äußerung ist doch ein völlig anderer: Die CSU bedient mit solchen Entgleisungen ganz bewusst und in alter Tradition ihren potentielle Klientel rechtsaußen, die gerade in Scharen zur AfD überläuft. Sie dient sich damit den immer lauter werdenden Vertretern einer Anti-PC-Rhetorik an, die im Kern schlicht darauf bestehen, ihren Rassismus weiter unkritisiert artikulieren zu können.

        • 6G
          65572 (Profil gelöscht)
          @65572 (Profil gelöscht):

          Glauben Sie....

  • 4G
    4225 (Profil gelöscht)

    Der Herrmann hatte ja keine Chance auf einen Doppelnamen, wenn seine Eltern Geschwister waren und er seine Schwester geheiratet hat. Auf jeden Fall gefällt mir aber sein einfacher Nachname besser als der Dreifache des heldenhaften Anwalts, der hier Interviewpartner war

    • @4225 (Profil gelöscht):

      Was hat Ihr Kommentar denn nun mit dem Interview bzw. dem Inhalt zu tun?

       

      Sind Sie vielleicht ein Onkel von Herrmann?

      • @Hanne:

        ... und gleichzeitig sein Bruder? ^^

        • 1G
          12239 (Profil gelöscht)
          @Jürgen Gerdom:

          :-)