piwik no script img

Antrag an die JustizministerkonferenzPolizei, dein Freund und Einbrecher

Bayern und Rheinland-Pfalz wollen der Polizei das heimliche Betreten von Wohnungen genehmigen, um PCs mit Spähsoftware zu manipulieren.

„Spurenlos“ soll die Polizei Wohnungen betreten dürfen, so lautet der Antrag beider Länder Foto: imago/photothek

FREIBURG taz | Die Polizei soll künftig in Wohnungen einbrechen dürfen, um Trojaner auf Computern zu installieren. Über einen entsprechenden Antrag von Bayern und Rheinland-Pfalz diskutiert an diesem Mittwoch und Donnerstag die Justizministerkonferenz (Jumiko) in Eisenach. Der Antrag liegt der taz vor.

Erst seit letztem Sommer darf die Polizei zur Strafverfolgung Trojaner nutzen. Mit der Spähsoftware soll der Inhalt ganzer Computerfestplatten an die Polizei überspielt werden („Onlinedurchsuchung“).

Außerdem sollen das Ab­hören und Mitlesen verschlüsselter Kommunikation ermöglicht werden („Quellen-TKÜ“). Die ­Befugnisse gelten auch für Smartphones. Justizminister Heiko Maas (SPD) hatte in ­einem laufenden Gesetzgebungsverfahren überraschend eine entsprechende Formu­lierungshilfe eingebracht. Nach kurzer Diskussion stimmte die Große Koalition im Bundestag zu.

Doch schon ein Jahr später soll die Strafprozessordnung nachgebessert werden. „Um die neuen Ermittlungsmaßnahmen effektiv und praxistauglich einsetzen zu können“, fordern Bayern und Rheinland-Pfalz „die Schaffung eines gesetzlichen Betretungsrechts zum Zwecke der Aufbringung der Software“. Bundesjustizministerin Kata­ri­na Barley (SPD) soll einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen, so der Antrag.

Mit „Betretungsrecht“ ist der heimliche Einbruch in die ­Wohnung gemeint. Dabei ­sollen wohl Nachschlüssel und ­ähnliche spurenlose Methoden benutzt werden, denn der ­Wohnungseigentümer soll ja nicht merken, dass die Polizei seine Geräte manipuliert hat. Dass Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU) einen derartigen Vorschlag macht, ist nicht überraschend. Erstaunlich ist dagegen sein Partner, der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin, ein FDP-Mann. Der Vorstoß ist zumindest im Kreis der Länder aussichtsreich. Bei einer Abstimmung im vorbereitenden Jumiko-Strafrechtsausschuss waren sieben Länder dafür, sechs dagegen und drei enthielten sich.

Vereinbarung mit dem Grundgesetz umstritten

Die Nutzung von Trojanern zur Strafverfolgung ist hoch umstritten. Datenschützer kritisieren, dass der Staat zur Installation der Spähsoftware gezielt Sicherheitslücken der Computer und Smartphones nutzen will. Statt die Hersteller über die Sicherheitslücken zu informieren, wollten die Behörden die Lücken selbst nutzen und nähmen so in Kauf, dass auch Kriminelle die fortbestehenden Schwachstellen nutzen können.

Wollen Bayern und Rheinland-Pfalz also künftig nicht mehr digitale Sicherheitslücken nutzen, sondern lieber physisch in die Wohnungen der Zielpersonen eindringen? Nein, sagt das bayerische Justizministerium auf Nachfrage. Andere Möglichkeiten würden durch das Betretungsrecht „selbstverständlich nicht tangiert“. Man will also sowohl Sicherheitslücken nutzen als auch einbrechen.

Nachschlüssel sollen benutzt werden – der Bewohner soll ja nichts merken

Im Grundgesetz heißt es: „Die Wohnung ist unverletzlich.“ In Bayern hält man aber eine Grundgesetzänderung für unnötig. „Durchsuchungen“ auf gesetzlicher Grundlage seien schließlich erlaubt. Wenn in der fremden Wohnung nach einem Computer gesucht wird, stelle dies „in rechtlicher Hinsicht eine Durchsuchung dar“. Obwohl Wohnungsdurchsuchungen bisher stets offen (also in Gegenwart des Betroffenen oder von Zeugen) stattfinden, verbiete das Grundgesetz heimliche ­Durchsuchungen nicht, heißt es aus Bayern.

Bundesjustizministerin Barley hält wenig von der Initiative. Aus ihrer Sicht besteht derzeit „kein Änderungsbedarf im Hinblick auf die erst in der letzten Legislaturperiode neu geschaffenen Ermittlungsmaßnahmen der Quellen-TKÜ und Onlinedurchsuchung“, hieß es auf Anfrage der taz. Auch im Koalitionsvertrag ist ein „Betretungsrecht“ nicht vorgesehen. In der Praxis spielen Quellen-TKÜ und Onlinedurchsuchung noch keine Rolle, weil die Polizei kaum einsatzfähige Trojaner zur Verfügung hat.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • Unbemerkt reinschlappen? Solln se bei mir mal probieren. Nee, das kriegen die nicht durch.

  • 4G
    42736 (Profil gelöscht)

    Was ist denn, wenn beim heimlichen Einbruch einer der Spezielisten vom Wauzi gebissen wird oder der Staatsdiener bedauerlicherweise an eine spannungsführende Türklinke faßt ?

  • Wenn ich nicht irre, soll hier lediglich eine seit vielen Jahren übliche Praxis nachträglich legalisiert werden. Was natürlich kein Grund sein soll, nicht laut "Skandal" zu rufen.

  • Da erübrigen sich dann vollständig sogar Parteien wie die NPD, denn das, was solche Parteien vermutlich noch nicht einmal angedacht haben, wird von den Politikern der Altparteien bereits schrittweise verwirklicht.

     

    Seltsam finde ich in solchen Zusammenhängen den nie endenden Kampf gegen rechts, bei dem zwecks Bekämpfung einer "Mücke" eine "Panzereinheit" eingesetzt wird, und der Kampf gegen den "Drachen" komplett ausfällt, weil nicht genügend Wattebäusche zur Verfügung stehen.

  • Schwachsinniger geht's kaum noch!

    Ein potentiell betroffener installiert mehrer, gut versteckte, mit UFS oder normalem Akku, versehene Kameras. Vll sogar mit Sofortwarnung per SMS. Stelle ich fest, dass die Kameras ausgefallen sind, löscht ich die Festplatte oder kaufe mir gleich ein neues Motherboard mit neuer HDD.

    Richtige Porfis, und um die soll es angeblich nur gehen, haben wiederum Profis, die solche Trojaner unschädlich machen. Das lernt ein Informatiker nach drei Semestern.

    Fazit: Ist nur auf Otto Normaluser ausgerichtet. Der Verdacht -politisch Links - zu sein reicht alle mal aus, zumindest in Bayern.

  • Dann stellen wir uns mal vor, die AfD gewinnt die nächste Bundestagswahl. Alice Weidel wird Bundeskanzlerin, Alexander Gauland Innenminister. Dann kann man nur noch auswandern; aber wohin?

  • Na Servus. Erwartbar.

     

    Spätestens Karlsruhe wird dem Spuk ein Ende machen!

    Brief&Siegel drauf.

    • @Lowandorder:

      Ich nehme mal an, Sie meinen mit „Karlsruhe” nicht deren Einwohner, sondern das BVerfG:

      Sich darauf zu verlassen, ist allerdings mehr als naiv. Stets gab es in kritischen Fragen ein „Ja, aber...”-Urteil, was eigentlich hätte ein glattes Nein sein müssen.

      • @Olo Hans:

        ”Junger Mann - da wissense mehr wie ich!;)) - um den alten Herrn aussem Rheinland mal zu zitieren - dem wir via Hans Kelsen - diese Primadonnenansammlung der Arschlöcher in Karlsruhe -;)

        (Sorry ich zitier ja nur;)

        Verdanken!;) - & he - not amused about

        2. Deutsches Fernsehen-Entsch.

         

        Mit Verlaub - freiburgerschulegestählt;)

        Ist mein Eindruck nach 50jährchen+ ;)

        Ein Anderer! Entsprechend dem - öh

        Fugenbreit Grauen…MDH.et al. Kommentar - ist im Organisatorischen Teil - der Ungeist eines unsäglichen Theodor Maunz*

        Bis heute so! tendenziell überkommen!

        Wie Sie hier generalisieren!

         

        But. Günter Dürigs Handschrift des freiheitlich-liberalen Gegenspielers bis heute erhalten geblieben. Art 1 GG!!

        D.h. bei Grund&Menschenrechten - & das könnense gerade jüngst selbst vs Öberschte Gerichte im Asyl-etc Bereich mit Händen greifen - ist mit Karlsruhe schlecht Kirschen essen!

        &

        Dazu sei daran erinnert - daß - wie ich aus erster&zweiter;) Hand weiß!

        Zum Informationellen Grundrecht - zum schmunzelnden Erstaunen späterer karlsruher Besucher;) - die Exekutive - voran unsere unsäglichen IMs - noch Jahrzehnte danach schaumig in die Tischkante beißen. Ende nicht absehbar!

        &

        (Gerade Vorratsdatenspeicherung meinen jungen Kollegen 1. Instanz bereits - Chapeau - ganz vorne!;)

         

        unterm——->

        * Zum Fellow-Traveller der Nazi Kieler Schule - Speerspitze der schauerlichen

        NS-Juris”prudenz” - Theodor Maunz - !! https://de.wikipedia.org/wiki/Theodor_Maunz

        Man beachte die Kette - ja Phalanx der ”Assis“ - die lässig bis Vossibär reicht!;)

        ”Nach dem Bekanntwerden seiner NS-Vergangenheit trat er als Minister zurück und publizierte bis zu seinem Tod u. a. anonym in der National-Zeitung.“ - wiki.

        Der Rucker der Nation vorweg - hat aber nix gemerkt.

        &

        So anders Günter Dürig https://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%BCnter_D%C3%BCrig

      • @Olo Hans:

        ”Junger Mann - da wissense mehr wie ich!;)) - um den alten Herrn aussem Rheinland mal zu zitieren - dem wir via Hans Kelsen - diese Primadonnenansammlung der Arschlöcher in Karlsruhe -;)

        (Sorry ich zitier ja nur;)

        Verdanken!;) - & he - not amused about

        2. Deutsches Fernsehen-Entsch.

         

        Mit Verlaub - freiburgerschulegestählt;)

        Ist mein Eindruck nach 50jährchen+ ;)

        Ein Anderer! Entsprechend dem - öh

        Fugenbreit Grauen…MDH.et al. Kommentar - ist im Organisatorischen Teil - der Ungeist eines unsäglichen Theodor Maunz*

        Bis heute so! tendenziell überkommen!

        Wie Sie hier generalisieren!

         

        But. Günter Dürigs Handschrift des freiheitlich-liberalen Gegenspielers bis heute erhalten geblieben. Art 1 GG!!

        D.h. bei Grund&Menschenrechten - & das könnense gerade jüngst selbst vs Öberschte Gerichte im Asyl-etc Bereich mit Händen greifen - ist mit Karlsruhe schlecht Kirschen essen!

        &

        Dazu sei daran erinnert - daß - wie ich aus erster&zweiter;) Hand weiß!

        Zum Informationellen Grundrecht - zum schmunzelnden Erstaunen späterer karlsruher Besucher;) - die Exekutive - voran unsere unsäglichen IMs - noch Jahrzehnte danach schaumig in die Tischkante beißen. Ende nicht absehbar!

        &

        (Gerade Vorratsdatenspeicherung meinen jungen Kollegen 1. Instanz bereits - Chapeau - ganz vorne!;)

         

        unterm——->

        * Zum Fellow-Traveller der Nazi Kieler Schule - Speerspitze der schauerlichen

        NS-Juris”prudenz” - Theodor Maunz - !! https://de.wikipedia.org/wiki/Theodor_Maunz

        Man beachte die Kette - ja Phalanx der ”Assis“ - die lässig bis Vossibär reicht!;)

        ”Nach dem Bekanntwerden seiner NS-Vergangenheit trat er als Minister zurück und publizierte bis zu seinem Tod u. a. anonym in der National-Zeitung.“ - wiki.

        Der Rucker der Nation vorweg - hat aber nix gemerkt.

        &

        So anders Günter Dürig https://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%BCnter_D%C3%BCrig