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Antisemitismus-Skandal um Gary LinekerEinfach als Ratten dargestellt

Der englische Ex-Fußballstar und BBC-Moderator teilt einen judenfeindlichen Post. Nun entschuldigt er sich, das habe er nicht wissentlich getan.

An der Schnittstelle von Fußball und Medien: Gary Lineker vor dem EM-Finale 2024 in Berlin Foto: contrast/imago

Berlin taz | Ein Ratten-Emoji prangte für eine Weile auf Gary Linekers Instagram-Seite. Es sollte israelische Juden zeigen. Mittlerweile hat sich der frühere Kapitän der englischen Fußballnationalmanschaft dafür entschuldigt und den Post gelöscht. Die Diskussion über Lineker, der bei der BBC als Starmoderator in Fußballsendungen arbeitet, geht jedoch weiter.

Die Gruppe „Palestine Lobby“ untermalte mit diesem Emoji, das Juden symbolisieren soll, ein Video der früheren Beraterin der palästinensischen Organisation Fatah, Diana Buttu. „Alles über Zionismus in zwei Minuten“, so wird das Video beworden, und Buttu stellt dort die Rückkehr von Jüdinnen und Juden in das biblische Ursprungsland als eine Besiedlung dar, die auf Kosten der nativen Pa­läs­ti­nen­se­r:in­nen geschehen sei.

Gary Lineker, mittlerweile 64 Jahre alt, der bei der BBC mit einer Million Euro im Jahr zu den Topverdienern gehört, hatte schon des Öfteren Probleme und Ärger mit Posts, die er auf Social Media absetzte. 2023 handelte er sich eine kurze Suspendierung ein, als er Maßnahmen der damaligen konservativen britischen Regierung gegen Bootsflüchtlinge mit der Repressionen des Dritten Reichs verglich.

Ich hätte wissend niemals etwas Antisemitisches geteilt

Gary Lineker zu den Vorwürfen

Seine Meinungen zum Konflikt in Gaza teilt Lineker seinen Follow­ern durchgehend mit. So kritisierte er die Entscheidung der BBC, eine Dokumentation über Gaza nicht mehr zu zeigen, als sich erwies, dass der Hauptakteur dort der Sohn eines Hamas-Repräsentanten war. Für Lineker war diese Entscheidung eine Kapitulation vor Lobbyisten. Zudem forderte er, Israel aus dem internationalen Sport zu verbannen. Doch Lineker wehrt sich gegen die Einschätzung solcher Wortmeldungen als antisemitisch. Er habe nur etwasgegen die israelische Regierung, behauptete er 2024.

Der Post, den er nun geteilt hat, ist freilich eindeutig antisemitischen. Die Ratte als Symbol für Juden gehört zur Bildsprache des Nazi­regimes. Juden und Jüdinnen wurden damit als Untermenschen herabgewürdigt. In Großbritannien haben entsprechend viele Be­ob­ach­te­r:in­nen Linekers Post sofort und deutlich verurteilt – auch der darunter der Dachverband der britischen Juden und Jüdinnen, Board of Deputies (BoD).

Entschuldigung, Erklärung, Konsequenzen

Am Mittwoch hat Gary Linker den Post gelöscht und sich entschuldigt und gab sich unwissend: „Ich habe auf Instagram Material repostet, von dem ich später lernte, dass es anstößige Verweise macht. Dies tut mir sehr leid. Ich hätte wissend niemals etwas Antisemitisches geteilt. Das geht gegen alles, an das ich glaube.“ Lineker gab an, dass er den Post sofort, nachdem er davon gehört hätte, gelöscht habe.

Zudem erklärte Lineker, dass er zwar eindeutig der Meinung sei, dass man über humanitäre Themen sprechen müsse, darunter zähle auch die Tragödie, die sich in Gaza ausweite, dass es jedoch wichtig sei, wie man das tue. „Ich übernehme die volle Verantwortung für diesen Fehler. Dieses Bild repräsentiert nicht meine Ansichten, sondern es ist ein Fehler, für den ich mich bedingungslos entschuldige.“

Tim Davie, der Generalintendant der BBC, gab an, dass Angestellte der BBC die Anweisungen zum Umgang mit den sozialem Medien befolgen müssen und dass Fehler der BBC schweren Schaden zufügen.

Dem Präsidenten des BoD, Phil Rosenberg, genügt das nicht. Er nannte die Entschuldigung inhaltsleer und zu spät. Zudem sei der Post nach jahrelangen Angriffen auf die jüdische Community genau zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem antisemitische Übergriffe in Großbritannien deutlich ansteigen. „Sein Gebrauch von sozialen Medien ist eine viel zu lange Zeit inakzeptabel. Es ist höchste Zeit, dass die Menschen nicht mehr mit ihrer Rundfunkgebühr seine üblen Ausfälle unterstützen müssen.“

Der Direktor des London Centre for the Study of Contemporary Antisemitism äußerte, Lineker verberge sich hinter einem netten Gesicht – immerhin habe er nie eine gelbe Karte bekommen. Zudem würden viele Menschen in der britischen Gesellschaft, die eher liberal denken, diese Dämonisierung von Juden nicht ernst nehmen, denn Lineker sei ja Fußballer und kein Politiker gewesen, und sie hielten daher Konsequenzen für übertrieben. Die Wahrheit aber sei, dass auch gute Menschen, die manche politischen Ansichten mit uns teilen, auch antisemitisch sein können.

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1 Kommentar

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  • Ratten-Emoji ist inakzeptabel. Menschen sind Menschen.

    Zugleich: "Besiedlung ..., die auf Kosten der nativen Pa­läs­ti­nen­se­r:in­nen geschehen sei"



    Ja, was denn sonst? Das ist doch noch höflich ausgedrückt.