Antirassismuskonvention der UNO: UN-Ausschuss rügt Deutschland
Ein UN-Gremium wirft dem SPD-Politiker Anstiftung zu „rassistischer Diskriminierung“ vor. Er habe „die Ideologie rassischer Überlegenheit“ verbreitet.
GENF taz | Mit der Niederschlagung einer Klage wegen volksverhetzender Äußerungen des ehemaligen Bundesbankers und Berliner Wirtschaftssenators Thilo Sarrazin hat Deutschland gegen die Antirassismuskonvention der UNO verstoßen. Zu diesem Urteil gelangte der ständige Ausschuss zur Überwachung dieser Konvention (Committee on the Elimination of Racial Discrimination, CERD) in Genf jetzt nach einer über dreijährigen Untersuchung.
Nach einem im Herbst 2009 erschienenen Interview Sarrazins in der Zeitschrift Lettre International hatte der Türkische Bund Berlin (TBB) Strafantrag wegen Volksverhetzung und Beleidigung gestellt. Die Berliner Staatsanwalt stellte das Verfahren aber ein. Der Widerspruch des TBB blieb erfolglos.
In dem Interview hatte Sarrazin behauptet, ein Großteil der in Berlin lebenden TürkInnen habe „keine produktive Funktion“ außer für den Obst- und Gemüsehandel. Sie seien „weder fähig noch willens“ zur Integration und hielten an einer kollektiven, traditionellen und aggressiven Mentalität fest. Sarrazin erklärte, die Türken würden Deutschland mittels ihrer höheren Geburtenrate erobern, so wie die Kosovaren das Kosovo. Er hätte nichts dagegen, wenn es sich nicht um Türken, sondern um osteuropäische Juden handeln würde, die einen 15 Prozent höheren Intelligenzquotienten als die Deutschen hätten.
Mit diesen Aussagen habe Sarrazin „die Ideologie rassischer Überlegenheit und von Rassenhass verbreitet“ und zu „rassistischer Diskriminierung angestiftet“, stellte das CERD fest.
Berlin soll Bericht liefern
Ebendies hatte die Berliner Staatsanwaltschaft verneint und in Sarrazins Äußerungen keine Gefährdung des öffentlichen Friedens erkennen wollen. Mit dieser Entscheidung „hat Deutschland seine Verpflichtung aus der Antirassismuskonvention verletzt, eine eventuelle Gefährdung des öffentlichen Friedens effektiv zu untersuchen“, moniert der UN-Ausschuss. Die nationale Gesetzgebung Deutschlands entspreche bislang nicht den völkerrechtlichen Verpflichtungen aus der Antirassismuskonvention.
Der CERD empfiehlt Deutschland, „seine Politik und Verfahren mit Blick auf die Verfolgung mutmaßlicher rassendiskriminierender Äußerungen sowie der Behauptung rassischer Überlegenheit zu überprüfen“ und in Einklang zu bringen mit den Bestimmungen der UNO-Konvention.
Zudem wird Berlin „aufgefordert“, das Urteil des CERD „breit zu veröffentlichen und es „insbesondere den Staatsanwaltschaften und Gerichten bekannt zu machen“. Der UN-Ausschuss erwartet binnen 90 Tagen einen Bericht der Bundesregierung zur Umsetzung seiner Empfehlung.
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