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Antifeministische GewaltBedroht, beleidigt, angegriffen

Die neue Meldestelle Antifeminismus der Amadeu Antonio Stiftung legt erstmals Zahlen vor. Über 372 Fälle wurde berichtet.

Antifeminismus eine Gefahr für die gesamte Demokratie Foto: Marijan Murat/dpa/picture alliance

BERLIN taz | Eine Frau wird am Abend in der Innenstadt heftig, plötzlich und mit den Worten „Lesbenfotze“ in den Rücken gestoßen. Sie fällt hin und zieht sich Rippenprellungen zu. Oder: Einer Journalistin wird gedroht, sie „abzustechen“. Oder: Ein kommunales Frauengremium erhält Morddrohungen. All das sind Fälle, die der Meldestelle Antifeminismus der Amadeu Antonio Stiftung berichtet wurden.

Ein Jahr nachdem die Meldestelle ihre Arbeit aufgenommen hat, veröffentlichte die Stiftung am Mittwoch erstmals Zahlen und Analysen über antifeministische Vorfälle in Deutschland. Demnach gingen 372 Fälle bei der Meldestelle ein. Die Vorfälle könnten auch in andere Kategorien fallen, geschlechtsspezifische Gewalt zum Beispiel. „Für uns ist aber wichtig, das abzugrenzen“, sagte Ans Hartmann bei der Vorstellung des Berichts. Hartmann leitet das Projekt. Kriterien dafür seien zum Beispiel die Frage nach organisiertem Vorgehen und das Vorliegen von antifeministischer Ideologie.

Antifeminismus, das heißt: Eine Person hat eine Weltanschauung, die gegen Gleichstellung und Geschlechtergerechtigkeit gerichtet ist. Entsprechend betreffen die gemeldeten Vorfälle vor allem Frauen und queere Personen, die aufgrund ihrer Arbeit oder ihres Einsatzes für Gleichstellung und Selbstbestimmung benachteiligt, beleidigt, bedroht oder angegriffen wurden. Das kann zum Beispiel im Internet, in Kneipen oder auch in Sitzungen politischer Gremien erfolgen. Häufig habe sich gezeigt, dass die An­grei­fe­r*in­nen Verbindungen zur extremen Rechten haben, sagte Judith Rahner von der Amadeu Antonio Stiftung.

Viele Drohungen gegen Politikerinnen

Zwölf der gemeldeten Fälle betrafen physische Gewalt, auch ein Tötungsdelikt war darunter. Allein 28 Meldungen machten Bedrohungen gegen Politikerinnen aus, darunter gegen die minderjährige Sprecherin einer Jugendorganisation, die an Hauswänden ihrer Stadt mit dem Tod bedroht wurde.

Mindestens 24 gemeldete Fälle standen im Zusammenhang mit Angriffen auf sorge-, umgangs- und unterhaltsrechtliche Auseinandersetzungen. In der überwiegenden Mehrheit sind dabei antifeministische Lobbyinitiativen und sogenannte Väterrechtsverbände involviert, die organisiert und mit kruden Thesen und Methoden gegen Ex-Partnerinnen oder Mütter vorgehen.

Gefahr für die Demokratie

„Kaum ein anderes gesellschaftspolitisches Feld wird derart massiv, aber gleichzeitig unbemerkt angegriffen wie die Gleichstellungs-, Geschlechter- und Familienpolitik“, heißt es im Bericht. Dabei sei Antifeminismus eine Gefahr für die gesamte Demokratie. Aufgabe eines zivilgesellschaftlichen Monitorings wie der Meldestelle sei es deshalb auch, Licht ins Dunkel des Feldes zu bringen, so Rahner.

Und auch Mitarbeitende der Meldestelle selbst wurden in den ersten Monaten des Projekts antifeministisch angegriffen. Die Vorfälle wurden zwar nicht in die Statistik der Meldestelle mit aufgenommen. Aber Rahner betonte: „Es hat uns nicht überrascht, aber es war heftig.“ Ans Hartmann berichtete von E-Mails und Anrufen bei Mitarbeitenden bis hin zu Morddrohungen. Auch die Union und AfD hatten die Meldestelle zu Beginn hart kritisiert und ihr „Diffamierung“ vorgeworfen.

Bis Ende des Jahres wird die Meldestelle durch das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ finanziert. Aufgrund der derzeit wackligen Verabschiedung des Demokratiefördergesetzes sei die Frage, wie das Projekt fortgeführt werden könne, noch unklar, so Rahner. Gesetzt den Fall, das Projekt werde fortgeführt und bekannter, „gehen wir davon aus, dass auch die Anzahl der gemeldeten Fälle zunimmt“, sagte Hartmann.

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