Antibiotika-Verbote im Öko-Stall: Bioland ändert Richtlinie
Der Bioland-Verband erlaubt Bauern, Tieren bestimmte Antibiotika zu geben – entgegen den eigenen Regeln. Jetzt schreibt er seine Vorschriften um.
Zentrales Kriterium werde sein, dass ein Tierarzt keine andere Behandlungsmöglichkeit sieht. Die Entscheidung für die Reform treffe die Bundesdelegiertenversammlung des Verbands, „aber das haben wir jetzt in die Wege geleitet“. Wehde hatte den Plan bereits in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung angedeutet, die die Recherche der taz aufgriff.
Auch der viertgrößte Öko-Verband, Biokreis, der ebenfalls mehrere Medikamente verbietet, hat nach dem taz-Artikel angekündigt, seine Richtlinien zu überarbeiten. „Nun wird sich eine Arbeitsgruppe mit den Anwendungsbeschränkungen und -verboten auseinandersetzen, sie neu bewerten und überarbeiten“, teilte die Organisation mit.
Vor der Kritik in der taz hatten beide Verbände öffentlich darauf beharrt, es sei kein Verstoß gegen ihre Richtlinien, wenn Bauern Medikamente anwenden, die von den Organisationen verboten worden sind.
Verbraucherschützer zufrieden
Armin Valet, Ernährungsexperte der Verbraucherzentrale Hamburg, begrüßte die Pläne von Bioland. „Der Verband bleibt damit Vorreiter beim Thema Antibiotika.“ Das Verfahren für die Ausnahmegenehmigungen sei dann transparent. Da es nur um wenige Tiere geht, hält Valet es für vertretbar, wenn diese weiter als Bioland-Tiere verkauft werden.
Die taz hatte am Dienstag berichtet, dass Bioland in Einzelfällen bestimmte Antibiotika und andere Medikamente in seinen Ställen erlaubt – obwohl die Präparate laut Richtlinien der Organisation untersagt sind. Darunter sind auch Reserveantibiotika, die laut Weltgesundheitsorganisation besonders wichtig für die Behandlung von Menschen sind. Mit dem Verbot des Einsatzes im Stall wollte Bioland dazu beitragen, dass Keime gegen diese Medikamente nicht so schnell resistent werden.
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Bioland-Sprecher Wehde erklärte in dem Text, dass 2014 35 Ausnahmegenehmigungen „zur Einzeltierbehandlung“ erteilt worden seien. Als Rechtsgrundlage nannte er nicht die Richtlinien, sondern eine „interne Anweisung“. Daraufhin waren viele Leser empört, aber nicht wegen der irregulären Ausnahmegenehmigungen, sondern weil die taz das Thema unnötig aufgebauscht habe. Der Chef von Bioland, Jan Plagge, beschwerte sich bei der taz-Chefredaktion. Manche Leser erklärten, ihr Abonnement zu kündigen.
Ein Grundsatzproblem
Der Verband verteidigte sich nach dem Artikel damit, dass „Ausnahmegenehmigungen für weit unter 0,1 Prozent der Tiere“ auf Bioland-Betrieben vergeben worden seien. Allerdings hatte zum Beispiel Verbraucherschützer Valet die Praxis unabhängig von der Zahl der Genehmigungen kritisiert, weil die Richtlinien überhaupt keine Ausnahmen ermöglichen. Wenn sie nicht eingehalten würden, „würde es keinen Sinn machen, solche Vorschriften festzulegen.“
Die Branche müsse in diesem Punkt offener kommunizieren. Ähnlich äußerten sich Vertreter der Verbraucherorganisation Foodwatch und der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. Kritiker warnen, durch solche irregulären Ausnahmegenehmigungen könnte eine Klima entstehen, das weitere Regelverstöße erleichtert. Die Glaubwürdigkeit von Bio insgesamt stehe auf dem Spiel.
Ein Bio-Siegel bedeutet zumindest, dass die Häufigkeit des Antibiotika-Einsatzes – anders als bei konventionellen Tieren – eingeschränkt ist. So erlaubt die EU-Öko-Verordnung maximal 3 Antibiotika-Gaben innerhalb von 12 Monaten. Falls ein Tier nicht älter als ein Jahr alt wird, ist nur eine Gabe erlaubt. Gleichlautend sind etwa die Richtlinien von Demeter. Neuland – kein Bio-Verband aber getragen von Umwelt- und Tierschutzverbänden – erlaubt Antibiotika „ausnahmsweise und nach Indikation durch den Tierarzt“. Das Fleisch eines behandelten Tier darf nicht mehr als Neuland-Fleisch verkauft werden.
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