Anti-Merkel-Demo in Hamburg abgesagt: Besorgte Bürger haben frei
An diesem Montag fällt die von rechtsextremem Personal getragene Anti-Merkel-Demo in Hamburg aus. Für das Bündnis gegen rechts ist das aber nur ein Teilerfolg.
Hamburg taz | An diesem Montag haben besorgte Bürger und Gegendemonstranten in Hamburg demofrei: Unter dem Jubel der rund 1.200 Gegendemonstranten erklärten die Veranstalter der bis dahin wöchentlich stattfindenden Merkel-muss-weg-Kundgebungen am vergangenen Montag, nur noch alle zwei Wochen zum Protest gegen die Flüchtlings- und Einwanderungspolitik der Bundeskanzlerin aufrufen zu wollen. Das freut das Hamburger Bündnis gegen rechts, das die Gegenkundgebungen organisiert. „Das ist auch unser gemeinsamer Erfolg“, sagt ein Sprecher des Bündnisses.
Rechtsextremisten stecken dahinter
Hinter den Anti-Merkel-Kundgebungen stecken laut Verfassungsschutz auch einige Rechtsextremisten. Das Spektrum der Versammlungsteilnehmer reiche von Demonstranten aus dem bürgerlichen Spektrum bis zu Personen aus der rechten und rechtsextremistischen Szene, so formulierte es der Hamburger Verfassungsschutz bereits im Februar.
Zuletzt hatten die Veranstalter Serge Menga als Redner eingeladen. Menga war bekannt geworden, weil er nach den sexuellen Übergriffen in der Silvesternacht 2015/2916 in Köln und Hamburg auf Facebook eine dreiminütige Videobotschaft an die Täter veröffentlicht hatte. Die Botschaft: „Geht wieder nach Hause. Dorthin, wo gebombt und misshandelt wird.“ Mehr als sieben Millionen Mal wurde das Video aufgerufen.
Spott über Kritiker ausgeschüttet
Bei der Kundgebung am Hamburger Dammtor-Bahnhof machte er sich am vergangenen Montag über die Kritik lustig, die Kundgebung werde von Rechtsextremen getragen: „Wir sind ja alle rechts hier“, sagte er und die rund 250 besorgten Bürger applaudierten. „Du hast eine Glatze, du kannst nur rechts sein, und die Dame drüben ist blond und hat blaue Augen, die kann nur rechts sein.“
Bereits an einem Montag im März hatte der damalige Gastredner, der Autor Matthias Matussek, die Vorhaltung, die Kundgebung werde von rechtsextremem Personal getragen, als „Lüge mit System“ bezeichnet. „Ich schwöre, ich habe nicht den geringsten Kontakt mit der NPD oder anderen finsteren Gestalten“, sagte Matussek.
Einschlägig bekannte treibende Kräfte
Alle bisherigen Redner haben allerdings beflissen ignoriert, dass eine der treibenden Kräfte der Anti-Merkel-Demos, Thomas „Togger“ Gardlo, schon lange in der rechtsextremen Szene unterwegs ist und Mitglieder der ebenfalls rechtsextremen „Identitären Bewegung“ im Kampfsport trainiert haben soll. Ausgeblendet wird auch, dass sich NPD-Kader wie der Hamburger Landeschef Lennart Schwarzbach einreihen.
Das Hamburger Bündnis gegen rechts gibt sich mit dem kleinen Erfolg daher auch nicht zufrieden, wie der Bündnis-Sprecher sagt: „Wir machen weiter, bis der rechte Spuk vorbei ist.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW