Anschlag auf Israelis bei Olympia 1972: Gedenkpläne wanken

Die Opferfamilien wollen nicht an der Veranstaltung in München teilnehmen. Nun könnte auch Israels Präsident Herzog fernbleiben.

Polizisten in Trainingsanzügen mit Schnellfeuerwaffen in der Hand

Polizisten in Trainingsanzügen versuchten die Geiselnahme der israelischen Sportler zu beenden Foto: Sven Simon/imago

BERLIN taz | In der Bundesregierung ticken die Uhren derzeit besonders laut, wenn es um ein Thema geht: In nicht einmal zwei Wochen soll in München eine Veranstaltung zum Gedenken an das Olympia-Attentat 1972 stattfinden. Am 5. September jährt sich das Attentat, bei dem elf israelische Teammitglieder und ein deutscher Polizist getötet wurden, zum 50. Mal. Doch nun wollen die Angehörigen der ­Opfer nicht an der Gedenkfeier teilnehmen.

Vor zwei Wochen hatten die Angehörigen neue Zahlungen der Bundesregierung abgelehnt. Sie warten auch Jahrzehnte nach dem Anschlag noch immer auf eine angemessene finanzielle Entschädigung und historische Aufarbeitung des Attentats. Bei Verhandlungen und Gesprächen in den vergangenen Monaten konnten sich die Bundesregierung und die Hinterbliebenen nicht einigen.

Ludwig Spaenle, CSU-Landtagsabgeordneter in Bayern und Antisemitismusbeauftragter, hat deshalb nun sogar eine mögliche Absage der Veranstaltung ins Spiel gebracht. Im Deutschlandfunk sagte ­Spaenle am Mittwoch, man müsse „ernsthaft prüfen, ob eine solche Gedenkfeier möglich ist“.

Der Aussage vorausgegangen waren wiederholte Bekräftigungen der Opferfamilien, nicht an der Gedenkfeier in München teilzunehmen. „Sie wurden mit einem Angebot konfrontiert, in das unter anderem vorherige Zahlungen einberechnet wurden – das ist kein Gespräch auf Augenhöhe“, sagte Spaenle der taz.

Steinmeier als Vermittler?

Der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, hat derweil die Hoffnung auf eine rechtzeitige Einigung vor der Gedenkveranstaltung nicht aufgegeben: „Wir haben zwei Wochen Zeit, um daran zu arbeiten. Ich hoffe, dass eine Lösung gefunden werden kann. Die Familien verdienen einen Abschluss.“ Sowohl die bayerische Landesregierung als auch das Bundesinnenministerium betonten in den vergangenen Wochen immer wieder, weiter im Gespräch bleiben zu wollen.

Zuletzt hatte sich auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der als Redner zu der Gedenkfeier eingeladen ist, zu dem Streit um die Entschädigung der Angehörigen geäußert. Ein vertrauensvoller und enger Austausch mit den israelischen Hinterbliebenen des Attentats von 1972 sei ihm „ein besonderes Anliegen“.

Ankie Spitzer, Vertreterin der Opferfamilien, hatte am Samstag gegenüber der Tagesschau geäußert, der Bundespräsident hätte angeboten, vor der Gedenkveranstaltung nach Israel zu reisen und mit den Angehörigen zu sprechen. Die Verhandlungen zwischen der Bundesregierung und den Angehörigen fanden bislang zwischen Anwälten der Familien und Ver­tre­te­r:in­nen des Bundesinnenministeriums statt.

Auf taz-Nachfrage hieß es aus dem Bundespräsidialamt, Steinmeier sei zu Gesprächen mit den Angehörigen bereit. Konkrete Reisepläne gebe es derzeit aber nicht.

Nach der Absage der Opferfamilien ist Medienberichten zufolge mittlerweile sogar unsicher, ob der israelische Staatspräsident Isaac Herzog an der Gedenkfeier in München teilnehmen wird. Herzog, der im Juni zum Präsidenten ernannt wurde, kommt Anfang September zu seinem ersten offiziellen Besuch als Präsident nach Deutschland. Auf taz-Nachfrage, ob bei dem Besuch auch die Teilnahme an der Gedenkveranstaltung in München geplant sei, antwortete die israelische Botschaft: „Die Reisepläne von Präsident Herzog sind noch nicht finalisiert.“ Zuvor hatte Yael Arad, Vorsitzende des Israelischen Olympischen Komitees, ihre Teilnahme bereits abgesagt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.