Anschlag auf Hamburger Messehallen: Baldiger OSZE-Tagungsort brennt
In Hamburg wurden Barrikaden angezündet – anscheinend aus Protest gegen Gentrifizierung und das bevorstehende Außenministertreffen.
Die laut Zeugen etwa 30 bis 50 überwiegend vermummten Akteure warfen am „Eingang Süd“ an der Karolinenstraße Farbbomben und Steine gegen die Fensterfront des Eingangsportals und entzündeten nach Feuerwehrangaben zwei selbst gebaute Barrikaden aus Müllcontainern, Reifen und einem Motorrad auf der Straße.
Durch die Hitze der Flammen zerbarsten Glasscheiben der Eingangstüren. Feuerwehrleute löschten die Flammen nach Angaben eines Sprechers nach 15 Minuten. Als die Einsatzkräfte von Feuerwehr und Polizei eintrafen, waren die Akteure bereits geflüchtet. Um eine Verfolgung zu erschweren, hatten sie sogenannte Krähenfüße, also spitze Metallteile, auf der Straße verstreut.
Über das linke Internetportal Indymedia hat sich eine Gruppierung unter der Überschrift „Hurra, die Messe brennt“ zu der Attacke bekannt und führt auch stadtentwicklungspolitische Aspekte als Begründung auf. „Wir haben uns zu dieser Abrissinitiative entschieden, da wir die Messe, die sich als Messe zur Welt versteht, ebenso grundsätzlich ablehnen wie die dort geplanten Herrschaftstreffen“, heißt es in der Erklärung.
Immer wieder seien Wohnquartiere der Messeerweiterung zum Opfer gefallen, die Messe sei Motor für Gentrifizierung gewesen und „schwelte in der Vergangenheit lange als Abrissbirne über den Köpfen der Anwohner_innen“. Nun diene sie für das OSZE-Treffen als „Gipfellocation“, um die Repression gegen politische GegnerInnen weiterzuentwickeln. „Die Durchführung von politischen Gipfeln erscheint vielen erstmal als banal und normal“, schreibt die Gruppe. „Doch die damit einhergehende Militarisieurung, die Erprobung des Notstandes ist nichts, was einfach wieder verschwindet.“
In den Messehallen soll am 8. und 9. Dezember das OSZE-Treffen stattfinden. Zu dem Zweck sind die Areale um die Messehallen sowie dem Hamburger Rathaus zu Sicherheitszonen ausgewiesen worden, in denen weitgehend der Ausnahmezustand herrscht.
10.000 PolizistInnen werden zum Schutz der Tagung ab dem 6. Dezember im Einsatz sein. Der Messeeingang Süd führt jedoch nicht zu dem Hallenkomplex, in dem der OSZE-Gipfel und ein halbes Jahr später der G20-Gipfel der Industriestaaten stattfinden soll. Der liegt 400 Meter weiter nördlich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?