piwik no script img

Anschlag auf FlüchtlingsheimBewährungsstrafe für Brandanschlag

Weil er ein Flüchtlingsheim in Brand setzte, wurde ein 21-Jähriger zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Auch gegen seinen Vater läuft ein Verfahren.

Die Kriegstraumata der Opfer waren dem Täter egal: beschädigtes Fenster am Heim Foto: dpa

Potsdam/Jüterbog epd | Nach einem Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft in Jüterbog ist ein 21-Jähriger wegen versuchten Mordes, versuchter schwerer Brandstiftung und Sachbeschädigung zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Die Jugendstrafe wurde auf fünf Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Der Mann, der bereits neun Monate in Untersuchungshaft verbracht hat, müsse zudem 200 Stunden gemeinnützige Arbeit „vorzugsweise in der Flüchtlingshilfe“ leisten, sagte der vorsitzende Richter Jörg Tiemann bei der Urteilsverkündung am Donnerstag am Landgericht Potsdam. (Az.: 22 KLs 16/17)

Die Idee zu dem Anschlag sei vom rechtsextremen Vater des Täters gekommen, der seinen Sohn zunächst zu einer Tankstelle geschickt habe, um Benzin zu kaufen, und dann die beiden Molotow-Cocktails für den Anschlag angefertigt habe, sagte Tiemann in der Urteilsbegründung. Der Sohn, der bereits seit 2013 als Teilnehmer von NPD-Demonstrationen bei der Polizei bekannt gewesen sei, habe die Tat gemeinsam mit einem weiteren jungen Mann sowohl aus „dumpfem Ausländerhass“ als auch aus dem Wunsch begangen, den Vater zu beeindrucken und von ihm anerkannt zu werden.

Bei dem Anschlag auf eine Unterkunft alleinreisender minderjähriger Flüchtlinge im Oktober 2016 entstand ein Sachschaden in Höhe von rund 1.500 Euro, Menschen kamen nicht zu Schaden. Einer der beiden gegen die Unterkunft geworfenen Brandsätze setzte eine Gardine in Brand, das Feuer konnte schnell unter Kontrolle gebracht werden. In dem Flüchtlingsheim lebten zur Zeit des Anschlags 20 junge Flüchtlinge. Dass die Bewohner ausnahmslos durch Kriegserfahrungen traumatisiert gewesen seien und der Anschlag bei ihnen Erinnerungen an Kriegserlebnisse wecken würde, sei „dem Angeklagten gänzlich egal“ gewesen, betonte Tiemann.

Die Staatsanwaltschaft hatte viereinhalb Jahre Haft gefordert, die Verteidigung eine Bewährungsstrafe. Der 21-Jährige hatte zunächst angegeben, die Tat alleine begangen zu haben. Im Verlauf des Verfahrens waren jedoch ein 19-jähriger mutmaßlicher Mittäter und der Vater des 21-Jährigen als möglicher Anstifter in den Blick gerückt. Gegen beide laufen eigene Verfahren, der Vater sitzt seit einigen Wochen in Untersuchungshaft.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • "Flüchtlinge kommen ganz überwiegend aus Staaten, die mit Israel verfeindet sind" (Josef Schuster, Präsident des ZdJ)

     

    "Selbst wenn Jahrzehnte dazwischenliegen, kann man nicht Millionen Juden töten und später dann Millionen ihrer schlimmsten Feinde holen." (Modedesigner Karl Lagerfeld über Flüchtlinge in Deutschland)

     

    Diese Brandsätze kommen ganz ohne Feuer aus. Und die geistigen Brandstifter werden für ihre Hetze niemals vor einem Gericht zur Verantwortung gezogen werden.

     

    Wo war da ihre Empörung?

  • Statt ein Exempel zu statuieren, lässt man den Täter, der wegen versuchten Mordes aus niederen rassistischen und xenophoben Motiven überführt wurde, laufen. 25 Jahre nach Mölln und 26 Jahre nach den Anschlägen in Hoyerswerda ist das mehr als nur beschämend. Es ist erschreckend.

  • Man könnte meinen im Gesetz heißt es im Zweifel für den Rechtsextremen. Und unter den Nazis feiert man dass er mit Bewährung davon gekommen ist. Was in der deutschen Justiz (eben nicht nur in Sachsen) vor sich geht passt auf keine Kuhhaut.

  • Bei einem zur Tatzeit 14 Jahre alten Täter könnte ich so ein Urteil vielleicht (gerade noch) verstehen. Bei einem Zwanzigjährigen ist es eine Verhöhnung der Opfer!

  • Interessant ist doch, wie mal wieder hier zu sehen, dass ein Täter, der als rechts eingeordnet wird, eher nach der Empfehlung der Verteidigung als nach der Staatsanwaltschaft verurteilt wird. Gegensätzlich sieht das bspw. in Bezug auf G20 aus...

  • Mal wieder kommt ein Neonazi mit Bewährung davon. Versuchter Mord - nicht so schlimm, der Arme mußte ja seinen Vater beeindrucken. Jugendstrafe oder nicht, das ist reichlich wenig.

    • @kditd:

      Genau! Ausgleichende Ungerechtigkeit hilft allen. So wie damals bei den Albigensern.

       

      P.S.: Es sind 5 Jahre auf Bewährung und 200 Sozialstunden inkl. 9 Monaten U-Haft und das bei einer Jugendstrafe.

      • @Adele Walter:

        Es sind zwei Jahre mit fünf Jahren Bewährungsfrist bei einem möglichen Strafrahmen bis zu zehn Jahren.

        Relationen sind im Strafrecht übrigens ein ziemlich entscheidender Maßstab.

  • Welche Justiz in Deutschland ... eine Frau wird wegen eines Pfandbons im Wert von Euro 1,50 fristlos entlassen ... und Brandstifter bewähren sich.

    Brandstifter und Brunnenvergifter erinnern an das Mittelalter .