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Anpassung an die ErderhitzungMehr Alarm und Vorsicht bei Extremwetter

Die Bundesregierung will eine Strategie zur Klimaanpassung verabschieden. Kritik kommt vom Deutschen Städtetag.

Extremwetter: Im Juli 2021 haben heftige Regenfälle und Dauerregen im Ahrtal für eine Flutkatastrophe gesorgt Foto: Christoph Hardt/imago

Berlin taz | Die Bundesregierung will die Bevölkerung besser vor Wetterextremen und Naturkatastrophen warnen. Dafür setzt die Bundesregierung unter anderem auf die Warn-App Nina. Bis 2030 sollen sie 30 Prozent mehr Menschen nutzen.

Das ist eines von 33 Zielen in der neuen Klimaanpassungsstrategie, welche die Bundesregierung am Mittwoch im Kabinett beschließen will. Sie liegt der taz bereits vor.

Mit der Klimaanpassungsstrategie will die Bundesregierung Deutschland besser an die Folgen des Klimawandels anpassen. Hitzewellen, Dürren, aber auch Starkregen und Sturzfluten werden mit der Erderhitzung häufiger.

Bis zur Mitte des Jahrhunderts erwartet die Bundesregierung Schäden zwischen 280 Milliarden Euro und 900 Milliarden Euro – je nachdem, ob die Welt schnell mit dem Verbrennen von fossilen Brennstoffen aufhört oder weitermacht wie bisher.

Für viele Maßnahmen sind die Kommunen zuständig

Die Strategie wurde von allen Bundesministerien unter Federführung des Umweltministeriums erarbeitet. Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, mit der neuen Klimaanpassungsstrategie lege die Bundesregierung erstmals messbare Ziele und Indikatoren fest, um Fortschritte beim Umgang mit Klimafolgen künftig transparent zu machen. „Jetzt geht es darum, die Strategie entschlossen umzusetzen, damit sie ihre Wirkung für den Schutz der Menschen in Deutschland und unseren wirtschaftlichen Wohlstand entfalten kann.“

Neben der verbesserten Warnung der Bevölkerung vor Extremwetterereignissen sollen der Strategie zufolge zum Beispiel Flüsse, über die Fracht verschifft wird, an Niedrigwasser angepasst werden. Außerdem soll Stadtgrün zugänglicher werden, damit Menschen sich bei großer Hitze abkühlen können.

Für viele der Maßnahmen sind letztlich die Kommunen zuständig. Deshalb sollen 80 Prozent der Gemeinden und Landkreise bis 2030 Klimaanpassungskonzepte haben, aktuell sind es weniger als 20 Prozent.

Vivianne Rau, Beraterin für Klimaanpassung bei der Denkfabrik Adelphi, hält die Klimaanpassungsstrategie für einen deutlichen Fortschritt. Sie fürchtet aber, dass wenig ambitionierte Bundesministerien wichtige Maßnahmen nicht umsetzen, weil einige Ziele unkonkret sind. Das liegt unter anderem daran, dass Klimaanpassung oft schwer zu messen ist, während Klimaschutz an der Emissionsreduktion geprüft werden kann.

Der Städtetag kritisiert die fehlende Finanzierung

Insgesamt sieht die Klimaanpassungsstrategie mehr als 180 Maßnahmen vor, um Deutschland an die Folgen der Erderhitzung anzupassen. Wer dafür bezahlt, bestimmt die Strategie nicht. Sie legt auch kein Finanzierungsziel fest. Die Verantwortung für Planung, Umsetzung und Finanzierung von Klimaanpassung ist auf Bund, Länder und Kommunen verteilt, unter anderem, weil das Grundgesetz Zuständigkeiten festlegt.

Das sei ein „strukturelles Dilemma“, sagt Beraterin Rau. Deswegen würden etwa die Kommunen seit Jahren fordern, dass Klimaanpassung offiziell zur Gemeinschaftsaufgabe wird. Bund und Länder verhandeln derzeit darüber.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, fordert hier eine schnelle Einigung. Er begrüße die Klimaanpassungsstrategie, sagte er der taz. Aber die Kommunen bekämen immer mehr Aufgaben von Bund und Ländern, und zwar ohne eine angemessene Finanzierung.

„Deren Förderprogramme werden immer kleinteiliger und komplizierter und werden zur Beschäftigungstherapie vor Ort. Das muss sich ändern. Wir brauchen ein echtes Budget von Bund und Ländern und mehr Vertrauen, dass wir dieses Geld auch sinnvoll einsetzen“, sagte er.

Der Bundestag hat 2023 das Klimaanpassungsgesetz verabschiedet, demzufolge die Bundesregierung eine Klimaanpassungsstrategie vorlegen muss. An diese ist deswegen auch die nächste Bundesregierung gebunden, wenn sie keine neue Strategie ausarbeitet.

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4 Kommentare

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  • So so die Warn-App Nina sollen 30 Prozent mehr Menschen nutzen?



    Was bitte soll das für ein Ziel sein? Die Anzahl Nutzer soll also von 100 auf 130 steigen oder was?



    Vielleicht eher 30% aller Bürger?

  • "sollen der Strategie zufolge zum Beispiel Flüsse, über die Fracht verschifft wird, an Niedrigwasser angepasst werden."

    Also wird der Rhein ausgebaggert, oder? Weltkulturerbe, Schmeltkulturerbe. Eine der schönsten Landschaften des Landes muss leiden, damit die Wirtschaft brummt.

  • "eine Strategie zur Klimaanpassung"



    oder kurz "Klimaanpassungsstrategie"



    und sogar ein "Klimaanpassungsgesetz"

    Was für ein wunderschöner Wortstamm der uns suggerieren soll wir könnten das Klima anpassen oder uns an das Klima anpassen ...

    Möchte doch mal wissen, welche Werbeagentur das verbrochen hat....

  • Unter diesen Aspekten überhaupt noch darüber zu diskutieren, wie viel Klimaschutz denn kosten darf, ist entweder sehr dumm oder zynisch. Wie das mit der "Anpassung" funktionieren soll, wenn fast ganze Städte weggespült werden, würde mich dann auch mal interessieren. Oder massive Ernteeinbrüche durch Dürren und Überschwemmungen drohen.