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Anonyme Krankenscheine für GeflüchteteSozialbehörde als Gesundheitsrisiko

Katharina Schipkowski
Kommentar von Katharina Schipkowski

Dass Hamburg keine anonymen Krankenscheine für Papierlose in der Coronakrise einführt, ist verantwortungslos.

Für Geflüchtete nichts dabei? Kommt drauf an, ob sie versichert sind Foto: Jan Woitas/dpa

D ie Regierungen von Bund und Ländern sind sehr wohl in der Lage, in Krisensituationen schnell und unbürokratisch Hilfen bereitzustellen – das ist in den vergangenen Wochen deutlich geworden, auch in Hamburg. Mieten werden gestundet, Fristen verlängert, Gelder ausgeschüttet. Aber eine Sache scheint zu weit zu gehen: Ein anonymer Krankenschein für Menschen ohne Papiere ist nicht drin. Bitte?

In Großstädten wie Hamburg leben Tausende Menschen ohne Krankenversicherung. Das ist auch eine Folge der stetigen Aushöhlung des Asylrechts in den vergangenen Jahrzehnten – viele Geflüchtete wissen, dass sie keine Chance auf ein Bleiberecht haben und früher oder später abgeschoben werden. Deshalb tauchen sie unter, arbeiten im informellen Sektor, putzen Hotels, waschen Teller, wohnen zur Untermiete. Und natürlich haben sie keine Krankenversicherung. Bei den Hilfsangeboten des Bundes und der Länder gehen sie leer aus, dabei trifft die Krise sie besonders hart.

Verschärft wird ihre Situation dadurch, dass viele ehrenamtliche Hilfsorganisationen, die staatliche Versorgungsdefizite normalerweise abfedern, ihre Angebote coronabedingt einschränken. Sie kommen schon in normalen Zeiten oft an ihren Belastungsgrenzen.

Es ist daher unverständlich, dass die Gesundheits- und Sozialbehörden jetzt nicht alles dafür tun, den Zugang zum Gesundheitssystem und zu Hilfsangeboten voraussetzungslos und unbürokratisch für alle zu ermöglichen. In Zeiten einer tödlichen Pandemie ist das verantwortungslos.

Die Behörde sagt: Nö

In Hamburg hat das Medibüro, die renommierte und erfahrene Beratungsstelle, auf Versorgungslücken hingewiesen und anonyme Krankenscheine als Lösung gefordert. Die Behörde sagt: Nö, das Problem bestehe gar nicht. Es mag sein, dass die Sozialbehörde keine Ahnung von den Problemen papierloser Geflüchteter hat. Nur: dann sollte sie auf die hören, die Ahnung haben und Alarm schlagen.

Alternativ kann die Behörde auch weiter nichts tun. Damit gefährdet sie aber Menschenleben.

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Katharina Schipkowski
Redakteurin | taz Nord
Jahrgang 1986, hat Kulturwissenschaften in Lüneburg und Buenos Aires studiert und wohnt auf St. Pauli. Schreibt meistens über Innenpolitik, soziale Bewegungen und Klimaproteste, Geflüchtete und Asylpolitik, Gender und Gentrification.
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2 Kommentare

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  • Ich hatte kommentiert, dass jeder nicht versicherte als Privatpatient "Zugang zum Gesundheitssystem" bekommt, wurde aber nicht eingestellt.

  • "Ein anonymer Krankenschein für Menschen ohne Papiere ist nicht drin." Und nicht nur das, Frau Schipkowski. Es gibt auch Menschen MIT legalen Papieren aber trotzdem ohne Krankenversicherung (Schätzungen pendeln so um die 100 000 Personen bundesweit).

    Ein Beispiel sind Selbständige, die aus einer Privatversicherung gefallen sind, sich aber die "Schulden" für den Wiedereintritt in die GKV nicht leisten können. Und ich befürchte nach Corona werden solche Fälle wieder stark zunehmen.

    Eine Bürgerversicherung für alle statt der Trennung zwischen privat und gesetzlich wäre - auch aus anderen Gründen - eigentlich längst überfällig.