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Annalena Baerbock auf ProSiebenEin kluger Schachzug

Die grüne Kanzlerkandidatin ist bei einem Privatsender aufgetreten. Die versuchen, ihre Wichtigkeit in Sachen Gemeinwohl zu demonstrieren.

Das Kanzlerkandidatin-Interview: Annalena Baerbock mit Thilo Mischke und Katrin Bauerfeind Foto: Max Beutler/ProSieben

N eues im Farbkasten. Oder aus rot wird grün. Da gibt die erste grüne Kanzlerkandidatin ihr erstes langes TV-Interview am Montag ausgerechnet ProSieben. Und Mediendeutschland fragt entsetzt: „Darf die das?“

Ja, darf sie! War außerdem ein verdammt kluger Schachzug. ARD und ZDF, die solche Wichtigkeitsmomente der Politik automatisch per Rundfunkstaatsvertrag bei sich sehen, waren doch eh mit Laschet vs. Söder komplett ausgelastet. Oder war es Söder vs. Laschet?

Auch wenn die Mitbewohnerin gleich wieder knurrt:„Ich brauch die blöden Wortwitze nicht.“ Keine Angst! Es wird in Zukunft noch oft genug mit Baerbock geplasbergt, geillnert und gemaischbergert. Lanz will bestimmt auch, versprochen!

Baerbock macht also bei ProSieben eine gute Figur. Das altbackene Feuilleton wundert sich hinterher erwartungsgemäß über die lockere Atmosphäre und „skurrile Fragen“. Die ganz kritischen Me­di­en­kri­ti­ke­r*in­nen meckern über die unkritische Moderation von Katrin Bauerfeind und Thilo Mischke.

Gemeinwohl und private Sender

Die finden Annalena Baerbock nämlich ziemlich okay und haben zum Schluss sogar geklatscht. Nein, nicht weil sie gekauft sind. Sondern weil da sonst keiner war. Es waren auch nicht alle Fragen unkritisch.

Dass Baerbock nicht ständig mit dem Rammbock – „Aber du hast ja gar keine Erfahrung und dann gleich Kanzlerin!“ – niedergemacht wurde, hat etwas Demokratisches. In der Demokratie darf nämlich jede und jeder mitmachen. Natürlich nutzt das auch ProSieben. Selbst wenn die Quote mau war.

Allein für den Anmoderationssatz „Für die Grünen wurde ‚Tschernobyl‘ verschoben – das ist doch schon mal der erste große Erfolg“ hat es sich gelohnt. Die Privatsender versuchen nämlich gerade der Politik ihre eigene Wichtigkeit in Sachen Gemeinwohl einzubimsen.

Gemeinsam mit den öffentlich-rechtlichen Sendern sei man eine „Allianz für Inhalte“ und belege „unsere gemeinsame Verantwortung für Demokratieförderung und gesellschaftspolitische Themen“, schrieb vor Kurzem Annette Kümmel in der FAZ.

Kümmel ist bei ProSiebenSat.1 für nachhaltig wirkende Medienpolitik zum Wohle des Konzerns zuständig und heißt deshalb Chief Sustainability Officer. Die Sender dieses Medienkonzerns bringen zwar nicht mal anständige Nachrichten und begehen weiter diverse TV-Verbrechen wie „GNTM“. Aber dafür gibt es eben auch Joko & Klaas, die mal eben abendfüllend den Pflegenotstand anprangern.

Oder jetzt das Baerbock-Interview. ProSieben muss aber noch deutlich zulegen, bevor wir glauben, dass das wirklich nachhaltig ist. Und nicht nur die Jagd nach Marktanteilen oder am Ende sogar Greenwashing.

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Steffen Grimberg
Medienjournalist
2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"
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4 Kommentare

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  • Gähn, das ist aber sowas von Neu. Man erinnere sich, anlässlich der Bundestagswahl 2013 gerierte sich Stefan Raab für ProSieben als Mit-Moderator der Elefantenrunde. Der Zuschauerzusprich für den Kommerzkanal war damals überschaubar (siehe Wikipedia). Seit längerem versuchen die ProSiebenSat1 Gruppe wie der RTL-Konzern, angesichts dramatisch gesunkener Marktanteile beim Publikum einen auf Seriös zu machen. Dabei geht es auch darum, bei statistisch sinkender Größe der jungen Altergruppe künftig auch Ältere zu erreichen Klar ist auch, nach 2013 kehrte man, nach dem begrenzten Erfolg, bei PS7 wie RTL zum erfolgversprechenderen Ballermann-Image zurück. Gähn....

  • Däh&Zisch - Mailtütenfrisch - Gardé -

    “Schachzug

    taz.de/Annalena-Ba...bb_message_4113488



    Ergänzung: Wie viele Züge denken Großmeister:innen voraus? Weitergedacht: Der kapitalistische NeoLiberalismus hat natürlich längst erkannt, dass er in der bisherigen Form die Erde zugrunde richtet und es bald nix mehr auszubeuten gibt.



    Da wird es Zeit, die grüne Transformation voran zu treiben.



    Das geht natürlich besser mit den Grünen. Wenn die dann in den richtigen Ämtern sitzen werden, werden die Subventionen sprudeln wie nie zuvor.



    Da wird Frau Merkel noch das Staunen lernen.“

    kurz - “Die Kommission?



    Die Kommission - Ihr Mitglieder!



    Mußt du dir wie das Stein-Hardenbergsche Reformkabinett vorstellen. Hochintelligent Hocheffizient Hochökologisch - Weil! Sie wissen - damit kannste unheimlich viel Geld verdienen!



    &



    KOMPLETT UNDEMOKRATISCH!“



    (Weggefährte & EU-Toppgun!;)((

    Liggers. So geht das -

  • Annalena Baerbock auf ProSieben



    Die grüne Kanzlerkandidatin ist bei einem Privatsender aufgetreten.



    Die versuchen, ihre Wichtigkeit in Sachen Gemeinwohl zu demonstrieren.“



    - Ach was! - 🙀 -

    “ : Ein kluger Schachzug“ ? - öh - 🤫 -



    Kommt darauf an: WerWie - Gemeint ist! Gelle - 🥳 -



    Normal Schonn.

    • @Lowandorder:

      Däh&Zisch - Mailtütenfrisch schlenztein:

      “ Die Transatlantikerin muss sich bewähren. Das erste Ziel der NeoLibs seit den 1980ern war die weltweite Vernichtung von Sozialdemokratie und Gewerkschaften. Ist fast erledigt.



      Als nächstes steht die Vernichtung des ÖRR auf dem Programm.“

      kurz - Ja - Junger Mann. Da is was dran.



      &



      PU - Sei Neue Mitte - wird ums Verrecke



      Sigi Plopps ÖPP-Wahn - Vollstrecke - 🤑



      Na bitte! Gibt’s nur Null ja minus Zinsen



      Wermer Steuern aber mittig! Fringsen! - 🙀 -

      unterm——servíce - Fringsen bürgerlich



      de.wiktionary.org/wiki/fringsen

      Na Mahlzeit