Anhörung zu Handelsabkommen: Bedenken zu Ceta bleiben

Die Bundesregierung will das umstrittene EU-Abkommens mit Kanada endgültig ratifizieren. Aber was ist mit der demokratischen Beteiligung?

Menschen protestieren in weißer Schutzkleidung. Jemand hat auf seine Mundschutzmaske die Worte "Stop Ceta" geschrieben

Die Bewegung ist ohnehin nicht überzeugt: Protest in Straßburg, 2017 Foto: Patrick Seeger/epa

Berlin taz | „Warum soll das Handelsabkommen zwischen EU und Kanada überhaupt ratifiziert werden?“, war die meistgestellte Frage. Die Anhörung zu Ceta fand am Mittwoch im Wirtschaftsausschuss des Bundestags statt. Die Bundesregierung will die Ratifizierung des umstrittenen Vertrags vorantreiben.

Tatsächlich ist Ceta bereits seit 2017 größtenteils in Kraft, die meisten Zölle wurden abgeschafft. Es fehlt lediglich das Investitionsschutzkapitel, das unter anderem noch von Deutschland ratifiziert werden muss. Die Ampelkoalition hat bereits angekündigt, das tun zu wollen.

Klare Argumente für die Ratifizierung gab es von den geladenen Sachverständigen nicht. „Um den Unternehmen Sicherheit zu geben“, sagten etwa Matthias Krämer vom Bundesverband der Deutschen Industrie oder Gabriel Felbermayr vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung.

Maik Außendorf, der für die Grünen im Ausschuss sitzt, nannte der taz pragmatische Gründe: „Eine Streichung des Investitionskapitels wäre uns auch am liebsten, aber das ist eine komplette Neuverhandlung und da würden wir mit unseren Koalitionspartnern nicht auf einen Nenner kommen und auch nicht mit unseren europäischen Partnern.“

Aus Sicht der Linken spricht nichts dagegen, den Status quo beizubehalten. Der bereits in Kraft getretene Teil könne weiter genutzt und der Investitionsteil abgetrennt werden, sagt der Linken-Abgeordnete Pascal ­Meiser. Weder in Kanada noch in Deutschland gebe es ein Problem mit der Rechtsstaatlichkeit.

Größter Kritikpunkt am Investitionsschutzkapitel ist die darin enthaltene Einrichtung eines separaten Schiedsgerichts. Vor diesem sollen Unternehmen Staaten verklagen können – wenn etwa politische Maßnahmen ihre Gewinnaussichten einschränken, weil damit der Schutz ihrer Investitionen nicht gewährleistet sei.

Kri­ti­ke­r:in­nen warnen insbesondere vor drohenden Klagen gegen Staaten, die Maßnahmen zum Umweltschutz oder progressive Arbeitsstandards voranbringen wollen. Laufende Klagen, die sich auf ähnliche Kapitel in anderen Abkommen beziehen, zeigen, dass die Befürchtung nicht aus der Luft gegriffen ist.

Um kritische Stimmen zu besänftigen, wurde eine Interpretationserklärung angehängt, die solche Fälle ausschließen soll. Doch auch der von den Grünen geladene Jurist Markus Krajewski konnte nicht alle Bedenken ausräumen.

„Eine Interpretationserklärung kann einen bestehenden Vertragstext nicht weginterpretieren“, sagte Krajewski. Besser wäre es, die „indirekten Enteignungen“ als Basis für Klagerechte komplett zu streichen. Der Jurist riet den Abgeordneten deshalb, besonders aufmerksam bei der Wahl der Rich­te­r:in­nen für das Schiedsgericht zu sein.

Das schließt an den zweiten Kritikpunkt an: die parlamentarische Beteiligung und Kontrolle. Sie betrifft nicht nur die Ausgestaltung des Schiedsgerichts, sondern auch regulatorische Ausschüsse, die den Vertragstext weiterentwickeln können. Außendorf sieht darin Chancen, in Sachen „Nachhaltigkeit und Klimaschutz“ Verbesserungen zu erarbeiten.

Meiser hält dagegen: „Es spricht nichts kategorisch dagegen, diesen Vertragstext weiterzuentwickeln, aber wir brauchen eine verbindliche Rückkopplung auch in den Deutschen Bundestag.“ Sonst läge die Ausarbeitung nur bei den Regierungen der 27 Mitgliedstaaten.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) scheint demokratische Beteiligung eher hinderlich zu finden. Auf dem Maschinenbaugipfel in Berlin sagte er, er wolle das Zustimmungsverfahren zu EU-Freihandelsverträgen vereinfachen. Man müsse fragen, ob eine nationale oder sogar regionale Zustimmung wirklich sinnvoll sei.

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