Anhörung im Bundestag: Union steht zur Urananreicherung
Deutscher Atombrennstoff hält belgische Bröckel-Reaktoren am Laufen. Doch CDU und CSU bremsen einen Produktionsstopp aus.
Im Streit über die Beendigung der deutschen Atombrennstoffproduktion erhöhen SPD, Grüne und Linke den Druck. „Zum Atomausstieg muss auch das Ende der Verarbeitung von Kernbrennstoff zählen“, sagte SPD-Abgeordnete Nina Scheer der taz nach einer Expertenanhörung im Umweltausschuss des Bundestags. Sie „appelliere“ an CDU und CSU, sich zur Stilllegung der deutschen Urananreicherungsanlage (UAA) im nordrhein-westfälischen Gronau und der Brennelementefertigung im niedersächsischen Lingen „durchzuringen“.
Die beiden Anlagen verfügen, obwohl der Atomausstieg beschlossen ist, über unbefristete Betriebsgenehmigungen – und beliefern zum Beispiel die maroden belgischen Atomkraftwerke Doel und Tihange. Auch Fukushima-Betreiber Tepco wurde von dem hinter der UAA stehenden Urananreicherungskonzern Urenco versorgt. Aus Lingen gehen Brennelemente an die französischen Pannenreaktoren Fessenheim und Cattenom.
Nach massiven Protesten – 2017 bildeten besorgte BürgerInnen eine 90 Kilometer lange Menschenkette zwischen Tihange und Aachen – sprach sich sogar Nordrhein-Westfalens CDU-Ministerpräsident Armin Laschet für die Beendigung der Atombrennstoffexporte nach Belgien aus: Tihange liegt nur knapp 60 Kilometer von Laschets Heimatstadt Aachen entfernt. Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD im Bund vereinbart, den Einsatz von „Kernbrennstoffen aus deutscher Produktion in Anlagen im Ausland, deren Sicherheit aus deutscher Sicht zweifelhaft ist“, deshalb „rechtssicher“ verhindern zu wollen.
Heftigen Streit aber gibt es um die Umsetzung. Eine einseitige Nichtbelieferung allein Belgiens mit Atombrennstoff verstößt offenbar gegen EU- und Euratom-Verträge. Die Grünen haben daher einen Gesetzentwurf, die Linken einen Antrag in den Bundestag eingebracht, die beide eine vollständige Schließung der beiden Atomfabriken vorsehen – und beide bekamen bei der Expertenanhörung kräftigen Rückenwind.
„Dies ist eine Frage, die politisch entschieden werden kann“
„Für eine Schließung gibt es keine juristischen Hindernisse“, sagte etwa der von den Grünen berufene Sachverständige Joachim Wieland. „Dies ist eine Frage, die politisch entschieden werden kann“, so der Professor der Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer. Ein Aus sei „rechtskonform möglich“, argumentierte auch der von den Linken berufene Rechtsanwalt Ulrich Wollenteit.
„Die klare Mehrheit der Jurist*innen hat Zulässigkeit und Sinn unseres Gesetzentwurfs bestätigt“, findet die Grünen-Bundestagsabgeordnete Lisa Badum. „Wenn Ministerpräsident Laschet und die NRW-CDU sich wirklich so um die Sicherheit der Menschen an der Grenze sorgen, wie ihre Krokodilstränen es vermuten lassen, sollten sie unserem Gesetzentwurf zustimmen.“
Zufrieden äußerte sich auch Hubertus Zdebel (Linke), der die Anhörung mit initiiert hatte. „Es ist gut gelaufen.“ Die Frage sei nun, was die Regierung aus den Erkenntnissen mache. „Es wäre eine Sensation, wenn sie einem Antrag von Linken und Grünen gleich zustimmt“, meint Zdebel. Auch wenn das unwahrscheinlich sei: „Der Druck steigt.“
Die Union aber bremst: Von CDU und CSU bestellte Sachverständige argumentierten im Umweltausschuss, eine Schließung der beiden Anlagen verstoße trotz möglicher Entschädigung gegen Eigentumsrechte und Berufsfreiheit. Ein anderer fürchtete um Deutschlands Einfluss bei der Internationalen Atomenergie-Organisation in Wien.
Regierung prüft und mauert
Auch das CDU-geführte Bundeswirtschaftsministerium mauert. Exportstopp und Schließung würden zwar „im Ressortkreis geprüft“, heißt es daher aus dem von der Sozialdemokratin Svenja Schulze geführten Bundesumweltministerium, doch wie lange das dauere, sei völlig unklar.
Vor dem Bundestag wehten deshalb am Mittwoch rot-gelbe Anti-Atomkraft-Fahnen einer Mahnwache. „Das angereicherte Uran aus Gronau dient nicht allein friedlichen Zwecken“, warnte die ehemalige Sprecherin der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, Kerstin Rudek: „50 Prozent werden schon jetzt in die USA exportiert, und gehen teilweise in die Atomwaffenproduktion.“
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