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Angst vor steigenden PreisenKein Grund zur Panik

Kommentar von Nathanael Häfner

CDU-Wirtschaftspolitiker Merz, FDP-Chef Lindner und andere schüren im Wahlkampf Angst vor steigenden Preisen. Dabei ist die Inflation nur temporär.

Während der Pandemie 2020 brachen Preise ein, nun erholt sich die Wirtschaft wieder Foto: Ralph Peters/imago

A ktuell scheint die Welt unterzugehen. Deutschland drohe die Hyperinflation, die Spare­r:in­nen würden enteignet, befürchten viele. In der Tat steigt die Inflation derzeit um knapp 4 Prozent, der höchste Wert seit 1993. Friedrich Merz (CDU) oder Christian Lindner (FDP) stützen darauf ihren Wahlkampf. Doch sachlich liegen sie falsch. Das belegt EZB-Direktorin Isabel Schnabel – und ökonomische Vernunft. Schnabel findet die Inflation sogar noch zu gering, mittelfristig und für die EU betrachtet. Doch wieso ziehen die deutschen Preise momentan an?

Zunächst gibt es den Basiseffekt. Während der Pandemie 2020 brachen Preise ein. Die Inflation bezieht sich auf diesen Krisenzeitraum, nun erholt sich die Wirtschaft wieder, die Preise steigen. Klar, dass die Inflation im Vergleich zu 2020 vergleichsweise hoch ausfällt. Zweitens senkte der Staat die Mehrwertsteuer von Juli bis Dezember 2020 von 19 auf 16 Prozent – was allein geschätzt knapp 1 Prozent der jetzigen Inflation ausmacht.

Ohne diese beiden Sonderphänomene ist die Inflation fast auf dem Niveau von 2019. Ansonsten läuft die Wirtschaft schlicht wieder an – was auch Merz und Lindner gefallen müsste. Logisch, dass Energie, sowie Vorprodukte und Rohstoffe teurer werden. Ganz spurlos geschieht ein Aufschwung eben nicht.

Rechnet man Deutschland heraus, liegt die Arbeitslosigkeit in der Europäischen Union mit knapp 10 Prozent zudem immer noch höher als im Krisenjahr 2008. Es ist daher zu früh, die Zinsen zu erhöhen und an der laschen Geldpolitik etwas zu ändern. Zumal sich die europäische Inflation 2022 laut EZB nur auf 1,5 Prozent bewegen wird. Ziel sind aber 2 Prozent.

Wirklich gefährlich wäre nur eine Preisspirale, wenn also die Ar­beit­ge­be­r:in­nen gleichzögen und die Löhne und somit die Kaufkraft erhöhten. Das ist aber bei dieser temporären Inflation nicht in Sicht. Im Gegenteil, schon zum Jahreswechsel wird sie wieder stark sinken. Schnabel hat recht, wenn sie die aktuelle Rate vor allem als statistischen Sondereffekt sieht. Das passt aber schlecht ins Wahlkampfgetöse.

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9 Kommentare

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  • 4% Inflation?

    Das kommt nur darauf an, wie man den Warenkorb zusammenstellt.

    Auf unsere Fahrzeuge hat man früher ca. 8% Rabatt bekommen. Da es mehr Kaufkraft als Ware gibt, wird mittlerweile zum Listenpreis verkauft.



    Wir haben weniger zu verkaufen, das wird zu höheren Preisen verkauft, der Gewinn steigt also dadurch nicht, keine Bange.

    Der Kunde hat nicht nur die jährliche Erhöhung des Listenpreises zu schlucken, sondern eben zusätzlich diese 8%. Nächstes Jahr wird es nicht besser werden, viele Waren werden knapp bleiben.

    Reifen für das Fahrzeug?



    Preiserhöhungen aller relvanten Hersteller zum 1.1., 1.4. 1.7 und 1.9. dieses Jahres. Sowas habe ich noch nie erlebt.

    Reparatur dieser Fahrzeuge?



    Höhere Energiepreise, höhere Einkaufspreise aller Verbrauchsmaterialien, kein Personal zu finden.



    Man kann und muss Kunden selektieren.



    In Stammkunden, die man mobil halten muss.



    In andere, denen man helfen will und kann und andere, die entweder Probleme haben, mit deren Reparatur man kein Geld verdient, seinen Terminplan spoilt oder man menschlich nicht klar kommt.

    Die finden teils gar keine Werkstatt mehr, weil der Käufer- zum Anbietermarkt wird.

    Dann hat man Geld verdient, und gibt es aus. Kauft man Krusch, der Minuten nach dem Kauf wertlos ist, Elektronik, Klamotten etc., kann man billig wie nie einkaufen.

    Kauft man, was Wert hat, eine Wohnung, Edelmetalle, einen Oldtimer, einen ETF, merkt man, dass die Vermögenspreise ordentliche zweistellige Inflationsraten haben.

    Wer das richtige besitzt, und dazu muss man nicht viel besitzen, kann die höheren Ausgaben, die die Inflation mit sich bringt, ausgleichen. Wenn ein Oldtimer, der vor 10 Jahren 10.000.- gekostet hat, jetzt 30.000.- bringt, dann sind die Heizkosten abzufedern.

    10.000.- Euro in ETFs angelegt bringen monatlich mehr, als der Reallohnverlust kostet.

    Wer nichts hat, aus welchen Gründen auch immer, sei es, weil er kaum was verdient hat, sei es, weil er alles verkonsumiert hat, der hat jetzt ein Problem.

  • "Doch sachlich liegen sie falsch. Das belegt EZB-Direktorin Isabel Schnabel – und ökonomische Vernunft."



    Liege ich auch sachlich falsch, wenn ich feststelle, dass ich mit meinem gleich gebliebenen Einkommen heute 3,9 % weniger kaufen kann als vor einem Jahr? Und dass meine spärlichen Ersparnisse mit einer "Vermögen"steuer von 3,9 % belegt wurden?



    "Wirklich gefährlich wäre nur eine Preisspirale, wenn also die Ar­beit­ge­be­r:in­nen gleichzögen und die Löhne und somit die Kaufkraft erhöhten."



    Nach Ansicht des Autors ist die Reallohndrückerei also o.k.? Kann mir mal jemand erklären, wie "taz" und "links" zusammenpassen sollen?

  • Klar versuchen die autoritären, den bürgern mit allem möglichen Angst zu machen. Flüchltingen, Kommunisten, Grüne, zu wenig profit etc pp



    Ja sogar damit, was sie selbst verursachen - stete inflation bei geringem lohnausgleich!

    Deswegen müsst ihr aber nicht auf die Logik der EZB reinfallen!



    Wir haben seit 50 Jahren inflation und die Löhne steigen nicht angemessen mit. Das ist fakt!



    So was nennt man auch umverteilung nach oben.



    Das die TAZ hier der EZB logik folgt ist ziemlich enttäuschend.



    Man brauch gewiss nicht die EZB um die Lügen und Spielchen der neoliberalen autoritären aufzudecken!

    Wenn die SPD schon leute wegen pimmel einsperrt, muss man sich nicht wundern, das mitte-links jetz schon anfängt kommentare zu zensieren die unliebsam sind und nicht in die eigene logik passsen.

    besteht die verrohung des dialogs eher in der wachsenden empörung oder der auf einmal bewussten inkompetenz und inkompatibilität und dessen reaktionismus???



    wahrscheinlich beides.

    die inflation ist jedenfalls hausgemacht und zwar von den neoliberalen wie cdu, spd, fdp und auch grüne und dazu gehört auch die ezb. das die die inflation noch mehr antreiben wollen ist klar, sind ja genug bürger da die das bezahlen, weil sie ihren wert und ihre bedeutung kleiner machen als er ist.



    und deswegen wird weiter fleißig nach oben umverteilt. alles ganz normal gelle.

    • @Christian Will:

      Das hat nur recht wenig mit der EZB oder der Politik zu tun, sondern geht auf die schwachen Gewerkschaften zurück.

      Wäre ich Mitglied einer Gewerkschaft, dann würde ich denen ja mal Feuer machen. Nur echte Gewerkschaftsfunktionäre ruhen sich halt lieber in Aufsichts- und Betriebsräten aus.

    • @Christian Will:

      Seit 2014 sind die Reallöhne (Einkommen nach Abzug der Inflation) so stark gestiegen wie seit den 70ern nicht mehr. (Fast) Alle haben extrem von der lockeren Geldpolitik profitiert. Wir hatten letztes Jahr Deflation und haben deshalb dieses Jahr ne höhere Inflation und nächstes Jahr wahrscheinlich wieder kaum Inflation. Ich sehe hier das Problem einfach nicht.

  • "Ansonsten läuft die Wirtschaft schlicht wieder an – was auch Merz und Lindner gefallen müsste. Logisch, dass Energie, sowie Vorprodukte und Rohstoffe teurer werden. Ganz spurlos geschieht ein Aufschwung eben nicht."

    Ein Problem, was hier noch erwähnt werden sollte, ist der Mangel an diesen Vorprodukten, da für einen gewissen zeitraum vielerorts die Produktion aufgrund coronabedingter Maßnahmen still stand.



    Dieser Angebotsschock pflanzt sich durch die Wertschöpfungskette fort und treibt momentan mit die Preise. Beim Holz sinken die Preise bereits wieder, an vielen anderen Stellen sind wir noch nicht über den Berg. Eine Normalisierung bis zu den Endkundenpreisen braucht ohnehin nochmal länger.

    Dennoch erscheint mir eine kurzzeitige, ausgleichende Deflation für die nächsten Jahre wahrscheinlicher als dass sich die Inflation in momentanen Maß fortsetzt.

  • Die taz scheint es ja recht locker zu nehmen mit der Inflation und der Politik des schnellen Geldes. Dann sollte die taz jedoch auch mitteilen, dass gerade diese lasche Geldpolitik die Hauptursache dafür ist, dass Reiche immer Reicher werden und die Mieten und Immobilienpreise immer weiter steigen. Nicht ohne Grund wird bereits gefordert, dass Mieten und Immobilienpreise bei der Berechnung der Inflation mit berücksichtigt werden.

    Wahnsinn ist auch, dass sich die taz ausdrücklich gegen Lohnerhöhungen ausspricht. Die Arbeitnehmer sollen also keine Lohnerhöhungen fordern, damit die Schuldenlast in Frankreich, Italien und Griechenland nicht steigt.

    Und was passiert, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass es sich nicht um einen temporären Effekt handelt, beispielsweise weil die Kosten für Energie und bestimmte Rohstoffe immer weiter ansteigen?

    • @DiMa:

      Was heißt die Taz spricht sich ausdrücklich gegen Lohnerhöhungen aus? Sie benennt halt eine Tatsache, dass Lohnerhöhungen zum Ausgleich der kurzfristig hohen Inflationsrate zu einer anhaltenden Inflation führen würden. Nächstes Jahr können wir dann wieder alles fordern. Bei der Inflation werden Mieten übrigens mitberücksichtig, ich weiß, dass anderes behauptet wird. Aber tatsächlich stellen die Kosten der Wohnung samt Nebenkosten knapp 32% des gesamten Warenkorbs und das entspricht in etwa der mittleren Wohnkostenbelastung der Menschen in Deutschland

      • @LesMankov:

        "Nächstes Jahr können wir dann wieder alles fordern."

        Ganau das ist das Problem. Wenn man einfach mal "ein Jahr aussetzt" holt man das in Zukunft nie wieder auf.

        Die 3,3 Prozent die die GDL jetzt erreicht hat sollten die Mindesterwartung an jede Gewerkschaft sein und zwar pro Jahr und nicht über eine mittlere Laufzeit.

        Ansonsten wird die tarifgebundene Arbeitnehmerschaft immer weiter abgehängt.