Angriff auf DGB-Stand in Dresden: Flyerverteiler muss ins Krankenhaus

In Dresden prügeln drei Männer einen 23-Jährigen krankenhausreif. Sachsens Justizministerin warnt vor der Rückkehr der „Baseballschlägerjahre“.

Keine Woche vergehe ohne Meldung von Angriffen auf demokratisch Engagierte in Sachsen, klagt Justizministerin Meier Foto: Sebastian Willnow/dpa

LEIPZIG taz | Drei Männer haben einen 23-jährigen Infostandbetreuer des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) mit Schlägen so verletzt, dass er im Krankenhaus behandelt werden musste. Er hatte am Donnerstag in der Dresdner Innenstadt Flyer verteilt, als es zu der Auseinandersetzung kam. Während die drei Männer auf den Gewerkschafter einprügelten, beleidigte ihn zudem eine Frau. Die Polizei nahm alle vier in Gewahrsam. Der Vorsitzende des DGB Sachsen forderte harte Strafen. Es war nicht der einzige Übergriff in Dresden auf politisch Aktive in der vergangenen Woche.

Was der Auslöser für den Angriff auf den DGB-Mitarbeiter war, ist laut Polizei bislang unklar. Allerdings sei ein rassistisches Motiv nicht auszuschließen. Der Angegriffene habe „dunkle Hautfarbe“, wie die Polizeidirektion Dresden der taz mitteilte. Mehrere Pas­san­t:in­nen waren dem Angegriffenen zur Hilfe geeilt und hatten die Polizei informiert.

Gegen die drei Männer im Alter zwischen 35 und 37 Jahren sowie gegen die 37-jährige Frau ermittle nun der Staatsschutz wegen gefährlicher Körperverletzung. Der Vorsitzende des DGB Sachsen, Markus Schlimbach, sagte zu dem Angriff: „Junge Menschen tätlich anzugreifen, die sich an einem Infostand für mehr Mitbestimmung und Solidarität einsetzen, ist erbärmlich und muss hart bestraft werden“.

Er erwarte von den demokratischen Parteien in Sachsen, dass sie sich klar gegen Rechtsextreme und Demokratiefeinde positionieren, forderte Schlimbach. Besonders jetzt, vor der Landtagswahl in Sachsen am 1. September, sei das geboten. Wer sich nicht klar abgrenze, lege Axt an das friedliche Zusammenleben in Sachsen.

Linke mit Machete bedroht

Gewalt werde derzeit immer häufiger Mittel der Auseinandersetzung, so Sachsens DGB-Chef. Das Ziel dahinter sei, die Zivilgesellschaft einzuschüchtern. Das zeigten laut Schlimbach auch die „vielen Angriffe auf Wahlkämpfende“.

Einen Tag zuvor bedrohte am Mittwoch ein 69-Jähriger ein Wahlkampfteam der Linkspartei in Dohna mit einer Machete. Die Wahl­kämpfer:in­nen hatten in dem Ort etwa 20 Kilometer südlich von Dresden Werbematerial verteilt. Der Mann habe erst unter der Androhung von Gewalt gefordert, sie sollten sich entfernen. Danach habe er sie mit der Machete verfolgt, die Wahl­hel­fe­r:in­nen flohen daraufhin.

Die Polizei hat den mutmaßlichen Täter bereits identifiziert. Er sei nicht vorbestraft und geständig: Weil ihn der Lärm auf der Straße gestört habe, sei er mit der Waffe auf die Wahl­hel­fe­r:in­nen zugegangen. Laut Polizei wurde das „Schwert“ sichergestellt, die Ermittlungen wegen Nötigung dauern an.

Angriffe in Sachsen

Dass es wiederholt im Freistaat Sachsen zu Angriffen auf politisch Engagierte kam, hält die Linkenvorsitzende Janine Wissler für inakzeptabel. „Wenn Menschen um Leben und Gesundheit fürchten müssen, weil sie Wahlkampfzettel verteilen, ist ein freier Wahlkampf kaum noch möglich“, empörte sie sich. Genau das sei die Strategie der Rechten. Wissler forderte, die Innenminister sollten „die rechte Szene entwaffnen und rechtsradikale Netzwerke zerschlagen“.

Die Sächsische Justizministerin Katja Meier (Grüne) warnt davor, dass das Bundesland in „die dunkle Zeit der Baseballschlägerjahre“ zurückfallen könnte, als in den 1990er Jahren Gewalt durch Neonazis und Rechtsextreme wortwörtlich zum Alltag gehörten. Aktuell „vergeht leider keine Woche mehr ohne Meldungen von Angriffen oder Bedrohungen gegen demokratisch Engagierte in Sachsen“, mahnte Meier, die auch als Spitzenkandidatin für die Grünen zur Landtagswahl am 1. September antritt.

So wurde beispielsweise in der vergangenen Woche ein Wahlkampfteam der Piratenpartei in Dresden bedroht – mutmaßlich von Mitgliedern der sogenannten „Elblandrevolte“, wie die Sächsische Zeitung berichtete. Die rechtsextreme Gruppe war im Mai bekannt geworden, nachdem Mitglieder den Spitzenkandidaten der SPD Matthias Ecke beim Plakatehängen angegriffen und verletzt hatten.

Die sächsische SPD äußerte sich ebenfalls zu den aktuellen Übergriffen. In einer gemeinsamen Erklärung teilten die Landesvorsitzenden Kathrin Michel und Henning Homann mit: „Wir unterstützen unsere politischen Mitbewerber in ihrer Forderung nach einer klaren und entschiedenen Reaktion des Rechtsstaats.“ In den vergangenen Monaten habe sich gezeigt, dass „es schnelle Ermittlungen und zeitnahe Gerichturteile braucht.“ Der Rechtsstaat dürfe keinen Zweifel daran lassen, dass er die Demokratie verteidige.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.