Angela Merkel in Nordafrika: Immer neue Flüchtlingsdeals
Tunesien nimmt seine abgelehnten Flüchtlinge zurück. Dafür gibt es Geld aus Deutschland, verspricht die Bundeskanzlerin.
Es ging bei Merkels erstem Besuch in den beiden nordafrikanischen Ländern seit dem „Arabischen Frühling“ von 2011 natürlich um mehr als Flüchtlingspolitik. Ägypten und Tunesien gelten als Stabilitätsanker im Hinblick auf ihr gemeinsames Nachbarland Libyen. In allen drei Ländern gab es 2011 einen Machtwechsel infolge eines Volksaufstands. Libyen ist seitdem im Bürgerkrieg versunken, Ägypten wurde unter Präsident Abdel Fattah al-Sisi wieder zu einer finsteren Autokratie, in Tunesien hingegen gelang die Demokratisierung.
In Merkels Programm schlug sich das dergestalt nieder, dass sie am späten Freitag vor dem tunesischen und nicht dem ägyptischen Parlament eine Rede halten soll. Vorabinformationen zufolge will sie Tunesiens Fortschritte würdigen und zugleich anmahnen, daraus müsse eine „lebendige Praxis“ der Demokratie werden.
In diesem Falle wäre fraglich, ob das Abkommen über Abschiebungen per Sammelcharterflug umsetzbar ist, auf das sich Merkel und Tunesiens Präsident Béji Caïd Essebsi am Freitag in Tunis einigten. „Die tunesische Seite übernimmt tunesische Staatsangehörige zurück, die in Einzelfällen per Linienflug und in Fällen von Sammelrückführungen per Sonderflug in Gruppen von bis zu 25 Personen befördert werden“, heißt es in der gemeinsamen Erklärung, aus der die Nachrichtenagentur Reuters zitiert. Für islamistische „Gefährder“ solle es eine schnelle Rücknahme geben.
Grenzsicherung und Ausbildung
Solche Vorhaben sind in Tunesien unpopulär. Entwicklungshilfe soll die Pille versüßen. 14 bis 15 Millionen der 250 Millionen Euro sind für „Projekte insbesondere für freiwillige Rückkehrer“, sagte Merkel: „Wir helfen dann auch den Menschen, die hier ankommen.“
Gemeint ist das Deutsch-Tunesische Migrationsberatungszentrum, das Bundesentwicklungsminister Gerd Müller am Freitag in Tunis eröffnete und das vom Entwicklungsministerium in Bonn als „das erste Zentrum für Jobs, Migration und Reintegration in Nordafrika“ bezeichnet wird. Es soll in diesem Jahr Beratung für 2.000 Tunesier bieten, damit „tunesische Rückkehrer aus Deutschland zielgerichtet betreut werden“. Tunesiens Regierungszeitung La Presse warb derweil am Freitag auf ihrer Titelseite für die „German Business School“, die laut ihrer Webseite seit ihrer Gründung 2015 Tunesiens erste Business-Abschlüsse nach deutschem Standard anbietet und jetzt auch in die Elfenbeinküste expandiert.
Deutsch-tunesisches Abkommen
Ein weiteres deutsches Angebot an Tunis und Kairo ist technische Hilfe zur Sicherung der Land- und Seegrenzen. Dies versprach Merkel am Donnerstag dem ägyptischen Präsidenten al-Sisi. „Wir wollen verhindern, dass Schlepper eine neue Fluchtroute etablieren. Ägypten hat in den letzten Monaten in dieser Frage viel getan“, erklärte die Bundeskanzlerin bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Kairo. Man wolle die Lebenssituation für Flüchtlinge in Ägypten verbessern. Außerdem habe man besprochen, wie die Rückführung von Ägyptern beschleunigt werden könne, deren Asylantrag in Deutschland abgelehnt wurde.
Es gehe nicht darum, Nicht-Ägypter nach Ägypten abzuschieben, betonte die Kanzlerin. Auch in Tunesien geht es allein um die Rückführung von Tunesiern. Das Problem des Umgangs mit den Hunderttausenden Migranten aus Afrika südlich der Sahara, die über Libyen nach Europa drängen, bleibt nach dieser Reise also ungelöst.
Mit Karim el-Gawhary, Kairo
Weiter Informationen zur europäischen Flüchtlings- und Migrationspolitik finden Sie auf unserem Rechercheschwerpunkt migration-control.taz.de.
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