Angedrohte Abschiebungen in den USA: Nur Dienst nach Vorschrift

Von US-Präsident Trump angekündigte Massenrazzien gegen Papierlose blieben erst einmal aus. AktivistInnen hatten sich auf Widerstand vorbereitetet.

In New York Demonstrieren AktivistInnen gegen angekündigte Razzien gegen Papierlose

Scharfer Protest: Ein Demonstrant aus New York fordert das Ende der Abschiebe-Polizei ICE Foto: ap

NEW YORK taz | Parks, Supermärkte und Waschsalons in New York und zahlreichen anderen Orten der USA blieben an diesem Sonntag leerer als sonst. Angesichts der vom US-Präsidenten angedrohten „Massenrazzien“ hatten sich EinwandererInnen an vermeintlich sicheren Orten eingebunkert. Doch zu den Tausenden von Verhaftungen, die an dem Tag beginnen sollten, kam es vorerst nicht.

Die Abschiebepolizei ICE tat Dienst nach Vorschrift und schlug lediglich punktuell zu. Unter anderem verhaftete sie in Chicago eine Mutter mit Kindern, die nach der Intervention von AnwältInnen wieder freigelassen werden musste. In den New Yorker Stadtteilen Sunset Park und Harlem kamen ICE-BeamtInnen schon am Samstag zu mehreren Häusern, um Menschen abzuholen, wurden dort aber von Betroffenen und NachbarInnen zurückgewiesen, weil sie keine richterlichen Haftbefehle hatten.

Woher die relative Zurückhaltung von ICE an diesem Wochenende rührt, ist unklar. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Trumps Ankündigung von vornherein ein Bluff war. Schon im Juni hatte er einmal „den Beginn von Massenrazzien“ sowie die „Abschiebung von Millionen“ angedroht. Damals machte er im letzten Moment einen Rückzieher – angeblich zum Schutz von ICE-BeamtInnen. Dieses Mal tat er das nicht. Sondern stürzte sich stattdessen am Wochenende bereits in die nächste rassistische Twitter-Schlacht, bei der er vier linke Kongressabgeordnete aufforderte, in „ihre“ Länder zurückzukehren. Die vier Frauen, von denen drei in den USA geboren sind, gehören zu seinen schärfsten KritikerInnen.

Möglicherweise wollte sich auch die Abschiebepolizei ICE nicht in das politische Manöver des Präsidenten hineinziehen lassen. Nicht namentlich genannte ICE-MitarbeiterInnen hatten schon im Juni erklärt, dass sie es vorziehen, Razzien ohne Ankündigung zu machen.

Nicht ausgeschlossen ist auch, dass die Massenmobilisierungen gegen die Razzien eine Rolle gespielt hat. An insgesamt 788 Orten fanden am Freitag und Samstag große Demonstrationen statt, bei denen AktivistInnen schworen, dass sie nicht untätig zusehen wollen, wenn ihre ausländischen NachbarInnen abgeholt werden. Kirchen und Synagogen erklärten sich zu Zufluchtsorten für ImmigrantInnen. Und Menschenrechtsgruppen veranstalteten öffentliche Crash-Kurse in Einwanderungsrecht.

Mit Ausnahme von Miami sind alle zehn Städte, die Trump im Visier hat, demokratisch regiert. Ihre BürgermeisterInnen verurteilten Trumps Androhung, wiesen ihre Polizeikräfte an, ICE nicht zu unterstützen, und richteten Notrufnummern ein. Vielerorts patrouillierten auch AktivistInnen und PolitikerInnen als BeobachterInnen durch Einwandererstadtteile.

Das Wochenende hat verdeutlicht, wie Trump um seine Wiederwahl im November 2020 kämpfen will. Schon am Montag kündigte Justizminister William Barr den nächsten Schlag an. Danach dürfen nur noch Menschen Asylanträge einreichen, die das nicht schon zuvor in anderen Ländern bei ihrer Durchreise getan haben.

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