piwik no script img

Anfrage der Grünen zur WohnungspolitikÜbermacht der Lobby

Zu Beratungen über Wohnungspolitik lädt die Regierung vor allem die Verbände der Immobilienbranche ein. MieterInnen sind kaum vertreten.

Die Bundesregierung spricht lieber mit der Immobilienlobby statt mit Mieterverbänden Foto: dpa

Berlin taz | Die Bundesregierung lädt zu Treffen erheblich mehr Lobbyorganisationen der Immobilienwirtschaft als Vertreter von Mieterinitiativen ein. Dies belegt eine kleine Anfrage des grünen Bundestagsabgeordneten Chris Kühn, die der taz vorliegt.

„Es ist ein deutliches Ungleichgewicht zwischen Wirtschaftsinteressen und Mieterinteressen in den wohnungs- und baupolitischen Gremien der Bundesregierung, also beim Wohnungsbaugipfel, beim Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen, beim Immobilienwirtschaftlichen Dialog und auch in der Baukostensenkungskommission, erkennbar“, sagte Kühn dazu.

„Die Bundesregierung muss endlich aufhören, den wirtschaftlichen Interessen der Lobbyverbänden Vorrang gegenüber dem gesamtgesellschaftliche Interesse nach bezahlbarem Wohnen einzuräumen“, so Kühn weiter.

Die Zusammensetzung der Kommissionen war schon zuvor bekannt. Neu ist die Aufstellung der Teilnehmer der einzelnen Treffen. Demnach wurde von Mieterseite allenfalls der Deutsche Mieterbund eingeladen, nicht ein einziges Mal war ein Vertreter der zahlreichen lokalen Mietergruppen dabei.

Eine Minute Redezeit für den Mieterbund

Stattdessen waren gleich mehrere Lobbyorganisationen der Immobilienbranche vertreten, was allerdings auch an der Zersplitterung in mehrere Verbände begründet liegt. So nehmen am Immobilienwirtschaftlichen Dialog unter anderem der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA), der Verband Wohneigentum, die Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID) und der Verband Privater Bauherren (vpb) teil. Von Mieterseite ist nur der Deutsche Mieterbund dabei.

Auch beim Wohngipfel der Bundesregierung am 21. September 2018 sah die Zusammensetzung ähnlich einseitig aus. Hinzu kam: Dem Deutschen Mieterbund wurden nach eigenen Angaben nur eine Minute Redezeit eingeräumt. Der Frage Kühns nach der Redezeit wich die Bundesregierung jetzt aus: „Jedem Teilnehmer wurde die Möglichkeit eingeräumt, sich an den Diskussionen zu beteiligen“, heißt es in ihrer Antwort.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • 9G
    98589 (Profil gelöscht)

    Volksvertreter sind, wie im Wortstamm schon genannt, Vertreter.



    Sie verkaufen das Volk für das eigene Fortkommen an die Interessenverbände.



    Worte lügen nicht :-)

  • Sind nicht Volksvertreter Vertreter des Volkes ? Wer wird dort in Berlin noch seinem Mandat gerecht? Sollten wir nicht bei den nächsten Wahlen zum Deutschen Bundestagen gleich anstatt der unfähigen Parteien die sehr aktiven Lobbyorganisationen wählen. Dann wäre wenigstens dem Wählerwillen Rechnung getragen.

  • Auf jeden Fall schafft es doch wesentlich mehr Wohnraum, wenn die Mietervertreter mehr Redezeit bekommen. Investoren und die Immobilienverbände haben doch mit der Schaffung neuen Wohnraumes eigentlich gar nichts zu tun. Wozu lädt man die überhaupt ein?

    • @Wellmann Juergen:

      Ja klar. Und Investoren haben ein grosses Interesse daran, möglichst viel Wohnraum möglichst preiswert verfügbar zu machen. Und im Wohnungsmarkt funktionieren die vielgepriesenen Mechanismen der freien Marktwirtschaft auch prima. Und die Erde ist eine Scheibe. Und überhaupt.

      Verarschen kann ich mich auch selber.

      • @tomás zerolo:

        Das der Markt funktioniert sieht man in Regionen wo Leerstand ist da steigen die Preise nicht der Statt sollte evtl auf der Nachfrageseite eingreifen das nicht jeder in den Metropolen leben will.



        Letzte Woche erst bekanntgegeben es wohnen mehr Studenten die in Brandenburg studieren in Berlin als in Brandenburg.Da brauch sich dann keiner beschweren wenn die Ursachen nicht in Angriff genommen werden.

        • @Sinulog:

          die statistik sagt doch hier gar nix, denn sie dürfte wohl im wesentlichen die studierenden aus potsdam (uni/FH/babelsberg) nennen, wo aber die mietsituation noch schlimmer ist... (und vllt noch 2-3 FHs gleich hinter der stadtgrenze, kann schon sein).

          aber schon klar: zahlen lügen nie / der markt funktioniert. bin voll überzeugt ;-)

    • @Wellmann Juergen:

      Anlageobjekte bzw. 'Investition' bedeutet nun mal nicht 'benötigter günstiger Wohnraum'