Anfrage an Militärischen Abschirmdienst: Abwehr gegen schlechte Presse

Weil Medien negativ über Heckler & Koch berichteten, wollten Regierungsbeamte den MAD einschalten. Ministerin von der Leyen bestätigte den Vorgang.

Mit dem Hersteller diesen Geräts fing alles an: G36-Gewehr von Heckler & Koch. Bild: ap

BERLIN taz | 144 Zeilen hatte die taz am 3. Juni 2013 für Heckler & Koch im Print übrig. Thema des Artikels: Eine Demo einiger Pazifisten vor den Werkstoren der Rüstungsschmiede im Schwarzwald. Eigentlich ein Routinetext – und dennoch sorgt er nun für ein gewaltiges Nachspiel.

Denn das Verteidigungsministerium wertete den Demo-Bericht als „Teil einer gesteuerten Kampagne gegen Heckler & Koch und gegen die Bundeswehr“. Zusammen mit Dutzenden Texten anderer Medien steht er auf einer Liste, die das Ministerium erst kürzlich dem Verteidigungsausschuss des Bundestags vorlegte.

Aus dem Dokument geht weiter hervor, dass einige Spitzenbeamte mit drastischen Mitteln gegen die Berichte vorgehen wollten: Sie versuchten, den Militärischen Abschirmdienst (MAD) einzuschalten. „Das ist der Punkt, an dem aus der G 36-Affäre ein echter Skandal geworden ist“, sagte am Donnerstag die grüne Verteidigungspolitikerin Agnieszka Brugger. „Das ist ein versuchter Angriff auf die Pressefreiheit.“

Das heikle Dokument hatte das Verteidigungsministerium Anfang 2014 angefertigt, kurz nachdem Ursula von der Leyen (CDU) ihr Amt als neue Ministerin angetreten hatte. In dem Papier beklagten sich ihre Beamten vor allem über die miesen Schlagzeilen, die die Herstellerfirma Heckler & Koch bekam, als sich die Pannenserie des Bundeswehr-Gewehrs G 36 anbahnte. „Die öffentliche Meinungsbildung wurde offensichtlich durch mehrere Journalisten gesteuert“, schrieben sie. Und weiter: „Grundlage dieser Berichterstattung waren auch interne, teils als Verschlusssache eingestufte Dokumente der Bundeswehr.“

Ende 2013 bat daher zunächst das Waffenunternehmen den MAD, sich um die Angelegenheit zu kümmern. Kurz darauf, am 6. Dezember, forderte auch ein Abteilungsleiter des Ministeriums, dass der MAD die Redaktionen ins Visier nehme und die undichte Quelle ausfindig mache.

MAD lehnt Bitte ab

Eine Bitte, die der Geheimdienst ablehnte: PR-Probleme eines Bundeswehr-Lieferanten fielen schließlich nicht in die Zuständigkeit des MAD.

Von der Leyen selbst bestätigte den Vorgang am Donnerstag – und wählte die Flucht nach vorne. „Dass Heckler & Koch sich an den MAD gewandt hat, ist schon sehr befremdlich“, sagte sie. „Völlig inakzeptabel ist aber, dass sich der damalige Abteilungsleiter Rüstung diese Initiative zu eigen gemacht hat.“ Von der Leyen betonte, dass der Beamte inzwischen versetzt worden sei. Er ist jetzt Geschäftsführer des Bundeswehrfuhrparks.

Sie selbst war zum fraglichen Zeitpunkt im Dezember 2013 noch nicht im Amt: Verteidigungsminister war damals Thomas de Maizière. Aber auch für von der Leyen könnte die Affäre ungemütlich werden: Nach bisherigen Informationen lag der Bericht ihrem Büro bereits im März 2014 vor und wurde auch von einem Mitarbeiter abgezeichnet – wohl ohne von der Leyen zu informieren. Weitere „strukturelle und personelle Konsequenzen“ in ihrem Ressort schloss sie deshalb nicht aus.

Die Grünen fordern jetzt einen Untersuchungsausschuss zum gesamten G 36-Komplex. Ob er kommt oder nicht, hängt nun von der Linkspartei ab.

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