Andreas Speit Der rechte Rand: Warum die AfD ihren Jugendverband killt
Dass die AfD ihren Jugendverband neu aufstellen will, hat nicht zuletzt mit den norddeutschen Landesverbänden der Jungen Alternative (JA) zu tun. Diese machen sich stark für die „Remigration“ von Zuwanderern und pflegen enge Kontakte zu Rechtsextremist*innen –was dazu beigetragen hat, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) den Jugendverband der selbsternannten Alternative im vergangenen Jahr als „gesichert rechtsextrem“ bezeichnet hat.
Die AfD-Führung begann, sich nach dieser Einstufung Sorgen zu machen. Ein neuer Jugendverband müsse aufgebaut werden, der nicht Gefahr laufe, jederzeit über das „Vereinsrecht verboten zu werden“, erklärte der Bundesvorsitzende Hannes Gnauck der neu-rechten Wochenzeitung Junge Freiheit.
Der Extremismus der norddeutschen JA-Landesverbände wird an vielen Stellen sichtbar: Am 18. Oktober erschien der ehemalige stellvertretende Vorsitzende der Identitären Bewegung (IB) Daniel Fiß in Begleitung des JA-Landesvorsitzenden von Mecklenburg-Vorpommern, Alexander Tschich, bei der Greifswalder Burschenschaft Rugia, um eine Analyse des rechten Wähler*innenpotenzials vorzustellen. Die Rugia ist Mitglied im rechtsextremen Dachverband Deutsche Burschenschaft. In den Netzwerken der AfD hält Fiß, der auch die Okzident Media UG führt, immer wieder strategische Vorträge.
Die JA Niedersachsen wirbt wiederum für eine „erfolgreiche Umsetzung der Remigrationspolitik“, die eine „Ära des Fortschritts und der Prosperität“ einleiten werde. Ins gleiche Horn stößt die JA Schleswig-Holstein. Der schleswig-holsteinische Verband richtet auch immer wieder Kampfsporttrainings aus.
Die Hamburger Ja wählte im Januar Michael Schumann zu ihren neuen Vorsitzenden. Schumann nahm an Aktionen der IB teil und besuchte Events bei der rechtsextremen Burschenschaft Germania, als deren Mitglieder mit IB-Kadern Wehrsportübungen machten, wie das „Hamburger Bündnis gegen Rechts“ (HBgR) berichtet. Schumann, der bei der AfD-Bürgerschaftsfraktion arbeitet, erklärte unlängst, dass die „Ersetzungsmigration“ keine Verschwörungstheorie sei und forderte, dass Airbus endlich „Pläne für die Remigrationsflotte“ vorlegen solle.
Die AfD versucht die geplante Auflösung ihres Jugendverbandes und dessen Neuaufstellung nach dem Modell der Jungsozialisten (Jusos) als einen reibungslosen Prozess erscheinen zu lassen. Doch es gibt Widerstand: Am 2. November hat die AfD Schleswig-Holstein auf ihren Landesparteitag eine Resolution zu der laufenden Debatte verabschiedet. Der Titel „Wir stehen zu unserer Jugend“ gibt die Richtung vor.
In der Resolution versichert der Landesverband, dass „der politisch-mediale ‚Mainstream‘ sowie die grundlose Einschätzung politisch instrumentalisierter Behörden wie der Verfassungsschutzämter“ für ihn kein Maßstab dafür sei, wie er sich gegenüber der Jungen Alternative zu positionieren habe. Die Vorhaltungen seien „haltlos“. Die AfD Schleswig-Holstein werde sich „nicht zum Werkzeug von Regierungsbehörden machen“.
Anders der niedersächsische Landesverband: Dieser schritt selbst gegen die JA ein. 2022 beschloss der Landesverband, der JA ihren Status als Jugendverband zu entziehen. In Hamburg kündigte der AfD-Bürgerschaftsfraktions- und Landesvorsitzende Dirk Nockemann schon 2019 an, die JA stärker kontrollieren zu wollen. Das BfV hatte die JA gerade als Verdachtsfall eingestuft. 2021 trat die JA an der Elbe wieder auf.
Die Reaktionen der AfD-Gliederungen offenbaren, dass die angestrebte Neugründung des Jugendverbandes vor allem der Sorge vor einem Verbot geschuldet ist, das auch der Partei schaden könnte. Knapp vor der Bundestagswahl will die AfD-Bundesführung ein wählbareres Image präsentieren.
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