Niedersachsens AfD plant Koalition: „Die CDU wird kommen“
In Niedersachsen liegt die AfD in Umfragen bei 20 Prozent. Der AfD-Fraktionschef rechnet damit, dass die CDU perspektivisch mit der AfD koalieren wird.
![Klaus Wichmann spricht im niedersächsischen Landtag. Klaus Wichmann spricht im niedersächsischen Landtag.](https://taz.de/picture/7251260/14/479876890-1.jpeg)
D ie AfD in Niedersachsen hat weitreichende Pläne. Ihr Fraktionsvorsitzender Klaus Wichmann hat eine Regierungsbeteiligung im Land ins Gespräch gebracht. „Ich halte eine Zusammenarbeit mit der CDU durchaus für möglich“, sagte Wichmann der Neuen Osnabrücker Zeitung. Im Interview wischt er den Hinweis auf einen Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU weg: „Der wird über kurz oder lang aufgelöst werden, davon bin ich überzeugt.“ Die sogenannte Brandmauer gegen die AfD sei auf Dauer nicht aufrechtzuerhalten. „Die CDU wird früher oder später nicht umhinkommen, Koalitionen mit der AfD einzugehen“, prophezeit Wichmann.
In drei Jahren wird das Landesparlament in Hannover neu gewählt. Die AfD liegt bei Umfragen stabil bei über zwanzig Prozent – ein Zuwachs von sieben Prozent gegenüber der vergangenen Landtagswahl. Damit würde sie die drittstärkste Fraktion im Parlament.
Sollte die AfD in Brandenburg am kommenden Sonntag wie erwartet als stärkste Fraktion in den Landtag einziehen, dürfte das die Debatte anheizen. Im Osten ist die CDU wegen der AfD längst unter Druck. Dort könnte sie mit der AfD Regierungen bilden oder Duldungen anstreben. Im Westen scheint diese Option kaum realistisch – bisher. Durch die kommenden Wahlen könnten sich jedoch neue Machtoptionen ergeben – so, wie es anderswo in Europa bereits der Fall ist.
In Österreich sind für die ÖVP Koalitionen mit der extrem rechten FPÖ schon lange kein Tabu mehr. In den Niederlanden wurde die Partei für die Freiheit von Geert Wilders nach ihrem großen Wahlerfolg Teil der Regierung.
In Niedersachsen muss Wichmann aber zuerst seinen Landesverband von einem Kurswechsel überzeugen: von der Fundamentalopposition hin zur Koalitionsbereitschaft. Auf dem Landesparteitag in Bad Fallingbostel vom 6. bis 9. März kommenden Jahres könnte Wichmann versuchen, für diesen Wechsel eine Mehrheit zu gewinnen.
Ermutigt fühlen darf sich die AfD von der Debatte über die Asyl- und Einwanderungspolitik bei fast allen Parteien. Nachdem die Ampel-Regierung im Bund die Rechtslage verschärft hat, feierte die AfD die Übernahme ihrer Vorschläge – ihre Wähler*innen nicht minder.
Das Koalitionsangebot der AfD ist allerdings ein vergiftetes: Es zielt darauf ab, die CDU zu zersetzen. Wichmann wird nicht müde zu betonen, dass „eine große konservative Kraft“ im Parlament möglich wäre, „die „zumindest eine konservative Vergangenheit“ habe. Dabei denkt Wichmann mindestens an eine Vor-Merkel-Union. Nebenbei ordnet er die eigene Partei als „konservativ“ ein.
„Wenn diese beiden Kräfte sich aufeinander zu bewegen, dann ist tatsächlich auch die Regierungsbeteiligung der AfD realistisch“, sagte er im Interview. Diese Intention deutete Wichmann bereits vor Wochen an, als er der CDU empfahl, „ihr konservatives Herz“ wiederzuentdecken. Um den Druck zu erhöhen, schließt Wichmann jetzt auch nicht aus, einen eigenen Ministerpräsidenten-Kandidaten aufzustellen. Ein Landesparteitag könnte diese Kandidatur beschließen.
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