Amy-Schumer-Show zu Schwangerschaft: Ununterbrochenes Kotzen
In ihrer Show „Growing“ redet die Komikerin ungeschönt über ihre Schwangerschaft. So will sie den Mythos des hübschen runden Bauches zerstören.
Amy Schumer schaut in die Kamera, ihr Gesicht ist gerötet, sie wirkt erschöpft. „Ich dachte, es wäre vielleicht lustig, mir dabei zuzuschauen, wie ich mich auf einer öffentlichen Toilette übergebe“, sagt sie, stellt die Kamera auf einen Hocker, geht in die Knie, streicht sich die Haare aus dem Gesicht und legt los.
Die Komikerin ist auf dem Video, das sie Ende vergangenen Jahres auf Instagram postete, im zweiten Drittel ihrer Schwangerschaft. Sie hat Hyperemesis gravidarum auch „unstillbares Schwangerschaftserbrechen“ genannt, übergibt sich also seit den ersten Wochen mehrmals täglich. Am schlimmsten sei es mit der Übelkeit auf Autofahrten. Und Schumer sitzt zu diesem Zeitpunkt viel in Autos, denn sie ist auf Comedy-Tour quer durch die USA.
Mittlerweile gibt es mehrere solcher Videos auf ihrem Instagram-Profil. Amy Schumer übergibt sich: Auf der Toilette, am Wegesrand, auf dem Rücksitz kurz vor der nächsten Show. Die Clips sind gewissermaßen Werbung. Nicht unbedingt fürs Schwangersein, sondern für ihr Stand-up-Special, das seit Dienstag bei Netflix abrufbar ist. Über 100 Stand-up-Shows hat die Streamingplattform mittlerweile im Angebot, unter anderem von Trevor Noah oder Hannah Gadsby.
Schumers heißt „Growing“, auf Deutsch „wachsen“, und klingt ein bisschen wie „glowing“ – dieses „Glühen“ oder „Leuchten“, das Schwangeren oft zugeschrieben wird. Dass sich die gesellschaftlichen Erwartungen daran, was sie auszustrahlen und wie sie sich zu fühlen habe, so gar nicht mit ihren Erfahrungen in Einklang bringen lassen, macht sie gleich zu Beginn klar. „Ich hatte keine Ahnung, dass Schwangersein so hart sein kann, denn Frauen lügen, was das angeht“, sagt sie.
Sie bekomme „Hämorrhoiden“
Von Hyperemesis habe sie vorher noch nie was gehört. Seit Monaten erbreche sie „exorzistisch häufig“. Es sei in etwa so, wie ununterbrochen eine Lebensmittelvergiftung zu haben. Dann beschuldigt sie die Filmindustrie, Schwangerschaften seit jeher zu romantisieren. „In der einen Szene sitzt die Frau in ihrem Büro, stößt auf, rennt zum Klo und übergibt sich ein einziges Mal. Nächste Szene, sie trägt eine Latzhose und malt beseelt eine Scheune an.“
Auf Fragen, was sie denn bekomme, antworte sie für gewöhnlich: „Hämorrhoiden“. Den Mythos des hübschen runden Bauches zerstört Schumer, in dem sie das Kleid hochzieht und der Welt die Pflaster auf ihrem Bauchnabel zeigt. Der sei so deformiert, dass er unter der Seide sonst zu komisch aussehen würde. Und allen, die sie zu ihrer vermeintlichen „The show must go on“-Mentalität beglückwünschten, sei gesagt: „Ich stehe hier nur, weil ich vertraglich dazu verpflichtet bin.“
Schumers Direktheit und Bereitschaft sich für die Pointe buchstäblich bis auf die Unterhose auszuziehen, beschert ihr regelmäßig Hass im Netz. Ihre letzte Netflix-Show von vor zwei Jahren hatte Anhänger der amerikanischen Alt-Right-Bewegung so sehr erzürnt, dass sie sich auf sozialen Netzwerken organisierten, um der Show kollektiv schlechte Bewertungen zu geben. Schumer hatte bei ihrem Auftritt zwischen Witzen über Körperöffnungen, -flüssigkeiten und -gerüche für schärfere Waffengesetze plädiert. Kurz nachdem sich die Trolle auf die Show gestürzt hatten, schaffte Netflix das System der Sterne-Vergabe ab.
Schumer gibt in „Growing“ den Frauen eine Stimme, die ihre Schwangerschaft nur schwer ertragen und sich wünschen, dass es endlich vorbei ist. Die sich vielleicht dafür schämen, dass sie so fühlen und im Stillen leiden, um nicht als undankbar zu gelten. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung vergangenen Jahres hat sie gesagt, sie wolle nicht schockieren, sondern einfach dazu beitragen, dass sich Frauen weniger schlecht fühlten mit ihren Ängsten. Mit „Growing“ ist ihr das gelungen.
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