Ampel-Politik bei der Vermögenssteuer: Falsche Prioritäten
Seit 1996 müssen Reiche keine Vermögenssteuer zahlen. Das hat den Fiskus über 380 Milliarden gekostet. Das sollte die Ampel korrigieren.
D ie Ampelkoalition setzt im Haushaltsstreit die falschen Prioritäten. Wenn das Geld fehlt, dann liegt das nicht unbedingt an den Ausgaben. Es fehlen häufig die Einnahmen. Statt also in Erbsenzählermanier um Einzeletats zu streiten und womöglich wichtige Investitionen für Soziales und die Transformation zu streichen, sollte das Kabinett sich finanziell mehr Spielraum verschaffen. Unsere krisenhafte Zeit braucht keinen schlanken, sondern einen handlungsfähigen Staat. Und nein: Es geht hier nicht um die Reform der Schuldenbremse. Es geht um die Besteuerung von Vermögen, damit auch Reiche und Superreiche einen Beitrag zur Finanzierung der öffentlichen Aufgaben leisten.
Lange genug wurden die Superreichen geschont. Der Spitzensteuersatz wurde gesenkt, statt der normalen Einkommenssteuer werden Kapitalerträge nur mit der Abgeltungssteuer belegt. Und vor allem wird seit 1996 keine Vermögenssteuer mehr erhoben. Über 380 Milliarden hat das den Fiskus laut einer neuen Studie bisher gekostet. Allein für 2023 beläuft sich der Verlust auf 30 Milliarden Euro. Angesichts der knappen Kassen ist es deshalb geradezu fahrlässig, dass die Ampelkoalition nicht über die Wiedererhebung der Vermögenssteuer berät.
Zugegeben: Im Streit über den Bundeshaushalt hilft die Vermögenssteuer nur bedingt weiter. Sie käme den Ländern zugute, nicht dem Bund. Doch davon würden mittelbar auch die Kommunen profitieren, bei denen der Investitionsstau besonders hoch ist. Gleichzeitig hat die Ampel die Möglichkeit, eine Vermögensabgabe zu erheben, um eine klimagerechte Transformation der Wirtschaft zu stemmen.
Gegen solche Pläne würde sich der FDP-Finanzminister Christian Lindner mit Händen und Füßen wehren. Dabei wäre eine stärkere Besteuerung von Vermögen nicht nur gerecht – sondern langfristig sogar im Interesse der Superreichen selbst. Schließlich ist die Wirtschaft auf eine funktionierende Infrastruktur angewiesen. Vermögenssteuer und -abgabe würden also auch Gewinne und Dividenden von morgen mitfinanzieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“