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Ampel-Politik bei der VermögenssteuerFalsche Prioritäten

Simon Poelchau
Kommentar von Simon Poelchau

Seit 1996 müssen Reiche keine Vermögenssteuer zahlen. Das hat den Fiskus über 380 Milliarden gekostet. Das sollte die Ampel korrigieren.

Besteuerung von Vermögen könnte Geld in die Staatskasse spülen Foto: picture alliance

D ie Ampelkoalition setzt im Haushaltsstreit die falschen Prioritäten. Wenn das Geld fehlt, dann liegt das nicht unbedingt an den Ausgaben. Es fehlen häufig die Einnahmen. Statt also in Erbsenzählermanier um Einzeletats zu streiten und womöglich wichtige Investitionen für Soziales und die Transformation zu streichen, sollte das Kabinett sich finanziell mehr Spielraum verschaffen. Unsere krisenhafte Zeit braucht keinen schlanken, sondern einen handlungsfähigen Staat. Und nein: Es geht hier nicht um die Reform der Schuldenbremse. Es geht um die Besteuerung von Vermögen, damit auch Reiche und Superreiche einen Beitrag zur Finanzierung der öffentlichen Aufgaben leisten.

Lange genug wurden die Superreichen geschont. Der Spitzensteuersatz wurde gesenkt, statt der normalen Einkommenssteuer werden Kapitalerträge nur mit der Abgeltungssteuer belegt. Und vor allem wird seit 1996 keine Vermögenssteuer mehr erhoben. Über 380 Milliarden hat das den Fiskus laut einer neuen Studie bisher gekostet. Allein für 2023 beläuft sich der Verlust auf 30 Milliarden Euro. Angesichts der knappen Kassen ist es deshalb geradezu fahrlässig, dass die Ampelkoalition nicht über die Wiedererhebung der Vermögenssteuer berät.

Zugegeben: Im Streit über den Bundeshaushalt hilft die Vermögenssteuer nur bedingt weiter. Sie käme den Ländern zugute, nicht dem Bund. Doch davon würden mittelbar auch die Kommunen profitieren, bei denen der Investitionsstau besonders hoch ist. Gleichzeitig hat die Ampel die Möglichkeit, eine Vermögensabgabe zu erheben, um eine klimagerechte Transformation der Wirtschaft zu stemmen.

Gegen solche Pläne würde sich der FDP-Finanzminister Christian Lindner mit Händen und Füßen wehren. Dabei wäre eine stärkere Besteuerung von Vermögen nicht nur gerecht – sondern langfristig sogar im Interesse der Superreichen selbst. Schließlich ist die Wirtschaft auf eine funktionierende Infrastruktur angewiesen. Vermögenssteuer und -abgabe würden also auch Gewinne und Dividenden von morgen mitfinanzieren.

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Simon Poelchau
Redakteur
ist für Ökonomie im taz-Ressort Wirtschaft und Umwelt zuständig.
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4 Kommentare

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  • Die Vermögensteueuer ist nicht abgeschafft wordenb, sondern das Bundesverfassungsgericht hat seinerzeit entschieden, dass das Zusammenwirken von Vermögensteuergesetz und Bewertungsgesetz verfassungswidrig ist, weil Vermögen in gleicher unterschiedlich stark besteuert werden. Und das zu ändern ist höchst kompliziert. Man müsste nämlich jedes Haus, jeden Kunstgegenstand, jede Unternehmensbeteiligung jährlich bewerten. Das überschreitet die Möglichkeiten der Finanzverwaltung. Oder anders gesagt, die Vermögensteuer ist die komplizierteste Steuer, die man sich vcorstellen kann.

  • Es ist einfach ein Unding, dass hierzulande die Ur-Steuer so kalt abserviert wurde - "ein jeder werde besteuert nach Vermögen!" Anlässlich des Urteils des BVerfG entschied man entsprechend der damals herrschenden Auffassung, dass der Staat möglichst kleingemacht und das Kapital entfesselt werden sollte, diese komplett anzuschaffen, obwohl das Gericht nur interne Ungerechtigkeiten zeigt hatte. Dass man das bis heute nicht wieder geändert hat, zeigt schon sehr deutlich, wer hierzulande den Finger an Drücker hat.

  • Aber wir leben in einer Demokratie. Und die Reichen sind halt in der Mehrheit. Sonst gäbe es solche Beschlüsse ja nicht. Die weniger reichen oder gar armen wären ja total doof, wenn sie sich das gefallen ließen. Müssen wir also akzeptieren ...

  • Naja, ganz so einfach kann man es sich auch nicht machen

    Zitat Wikipedia (de.wikipedia.org/w...uer_(Deutschland)): "Die konkrete Form der Erhebung einer Vermögensteuer in der damaligen Form erklärte das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 22. Juni 1995 als nicht mit der Verfassung vereinbar."

    und: "Statt Immobilien, wie vom Urteil gefordert, höher zu bewerten und damit stärker zu besteuern, entschied sich die damalige Bundesregierung, die Vermögensteuer – auch wegen des damaligen Einkommensteuer-Spitzensatzes von 53% plus Solidaritätszuschlag – nicht mehr zu erheben. (...)"

    Dass auch die Grundlage für die Immobilienbesteuerungen aufgrund erheblich veralteter Bemessungsgrundlagen und dadurch erheblichen Ungleichheiten insbesondere in den neuen Bundesländern nicht verfassungskonform war, wird auch gern unterschlagen.

    Böckenförde war in seinem Sondervotum im Übrigen damals auch ziemlich allein auf weiter Flur.