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Amerika-Gipfel in KolumbienDas letzte Mal ohne Kuba

Am Samstag tagen die Staatschefs des Kontinents in Kolumbien – ohne Raul Castro. Doch es gilt als Konsens, dass die kubanische Regierung nicht noch einmal übergangen wird.

Das letzte Showdown gab es bei einem Amerika-Gipfel 2005. Bild: reuters

PORTO ALEGRE taz | Wenn am Samstag in der kolumbianischen Küstenstadt Cartagena die Staatsoberhäupter aus Nord-, Mittel- und Südamerika zum sechsten Amerikagipfel zusammenkommen, werden zwei fehlen: Raul Castro und, aus Protest gegen die andauernde Ausgrenzung Kubas, Rafael Correa aus Ecuador. Zuvor hatte die Bolivarianische Allianz für die Völker unseres Amerika (Alba), der auch noch Venezuela, Bolivien, Nicaragua und zwei karibische Inselstaaten angehören, mit einem Boykott gedroht. Gastgeber Juan Manuel Santos wendete die mögliche Blamage mit einem Blitzbesuch in Havanna ab.

Doch isoliert ist das Linksbündnis Alba keineswegs, wie Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff am Montag in Washington klarmachte. Ihrem Kollegen Barack Obama habe sie den „regionalen Konsens“ zu Kuba mitgeteilt, erklärte sie: „Das war keine Forderung, das ist Konsens. Das ist der letzte Amerikagipfel ohne Kuba. Obama hat nichts dazu gesagt. Es gab dazu nichts zu sagen.“

Dass die Latinos nicht jetzt schon aufs Ganze gingen, liegt am US-Wahlkampf: Auch wenn im progressiven Lager die Enttäuschung über Obamas Außenpolitik groß ist, wünscht doch niemand eine Rückkehr der Republikaner, die von einem Streit um den Gipfel profitiert hätten.

Auch José Miguel Insulza, der chilenische Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), möchte beim nächsten Mal alle dabeihaben. Allerdings machten die Kubaner, die auf Betreiben Washingtons 1962 aus der OAS ausgeschlossen wurden, keine Anstalten, die durchaus mögliche Wiederaufnahme zu beantragen, sagte Insulza. Verständlich: Seit Ende 2011 gibt es die Gemeinschaft der lateinamerikanischen und karibischen Staaten (Celac) – ohne die USA und Kanada.

Auch Chávez schaut mal vorbei

Politische Entscheidungen von Gewicht fallen auf den Amerika-Gipfeln seit dem historischem Showdown im argentinischen Mar del Plata schon längst nicht mehr: Dort war Ende 2005 auf Initiative Argentiniens, Brasiliens und Venezuelas die von Washington angestrebte Freihandelszone von Alaska bis Feuerland definitiv beerdigt worden.

So nutzt Kolumbiens Staatschef Santos das diesjährige Treffen, um sich als weltoffener Staatsmann zu geben, der anders als sein Vorgänger Álvaro Uribe auch mit den Linken kann – selbst der krebskranke Hugo Chávez will für ein paar Stunden kommen. Und Santos ist es auch gelungen, mögliche Korrekturen in der Drogenpolitik zum Gipfelthema zu machen.

Nicht nur Politiker und Unternehmer reisen an. Bereits seit Dienstag finden diverse Foren mit „sozialen Akteuren“ statt, die ihre Forderungen am Freitag Außenministern und anderen Regierungsvertretern vortragen dürfen. Von heute bis Samstag tagt zudem der „Völker-Gipfel“, der nach Angaben der Veranstalter über „die Krise des neoliberalen Modells, die wahllose Förderung der Auslandsinvestitionen, die Bedrohungen für die Lebensmittelsouveränität“ und das US-Embargo gegen Kuba debattieren will.

Ein besonderes Willkommensgeschenk für Obama hat Juan Manuel Santos gerade durchgesetzt: Im Eilverfahren ließ er im Kongress ein drakonisches Gesetz zur Regelung der Eigentumsrechte im Internet durchpeitschen – so, wie es im neuen US-kolumbianischen Freihandelsabkommen vorgeschrieben ist.

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4 Kommentare

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  • UK
    Ute K.

    Den Einlassungen von Jens sind wohl nicht mehr viel hinzuzufügen. Sie spiegeln sehr schön die menschenverachtende Sichtweise der dortigen Elite und iherer hiesigen Fans wider und erklären wohl auch mehr als deutlich, warum immer wieder Menschen lieber auf dem Ozean ihr Leben riskieren als auf der Insel zu bleiben.

    Schade, dass es vereinzelt immer noch diesen Irrglauben gibt, man könne unter dem Deckmantel, eine bessere Welt zu schaffen, über die Köpfe der Menschen hinweg entscheiden und jeden Kritiker auf brutalste Weise zum Schweigen bringen.

  • J
    Jens

    Die Demokratie auf ein Zentrum zu reduzieren halte ich auch für sehr gewagt, doch warum wird das von Claudia und Udo Henn gemacht? Ich denke, die Demokratie bleibt nicht bei einer Bürgerlichen Form stehen, sondern soll in Kuba weiterentwickelt werden. Und das zu verstehen sollten man sich mal fragen wozu die Demokratie und die Ökonomie da ist? Und Millionen Arbeitslose zu generieren? Deren Meinung und Schicksal egal ist? Und warum soll ein Mehrparteiensystem nun die gesell. Probleme besser lösen? In welchem Land gibt es keine Menschenrechtsverletzungen? Geht es hier nur um die Meinungsfreiheit? Wozu denn? Die Probleme müssen in der Gesellschaft gelöst werden, statt 20 Jahre bei Sabine Christiansen über Arbeitslose zu reden. Kubas Selbstständigkeit wird durch den "Sozialismus" garantiert, eine bürgerliche Demokratie würde Kuba zurück bringen in die Fänge der USA. Die anderen Staaten emanzipieren sich von den USA, es gibt keinen Grund etwas zu ändern.

     

    Lang lebe Kuba!

  • C
    Claudia

    Fragt sich, wer die Legitimation hat, die Kubaner auf dem nächsten Gipfel zu repräsentieren. Ein Staatsoberhaupt, der das Amt wie ein Monarch von seinem Bruder geerbt hat und nicht vom Volk gewählt wurde, wohl kaum.

  • UH
    Udo Henn

    Die OAS war von Anfang an eine Gemeinschaft demokratischer Staaten. Kuba ist ohne Zweifel nicht demokratisch, hat also bei der OAS nichts verloren. Da dieses Land auch keine Anstalten macht, mehr Demokratie zuzulassen, ist es sehr unwahrscheinlich, dass es beim naechsten Amerika-Gipfel in Panama in 3 Jahren vertreten ist, es sei denn, die biologische Uhr befreit die Kubaner vorher von den Castro-Bruedern.