Nord-Süd-Kluft beim Amerika-Gipfel: Kuba und Drogen verhindern Einigkeit
Mit weniger Staatschefs denn je und ohne Abschlusserklärung ist in Kolumbien der 6. Kontinentalgipfel zu Ende gegangen. Es könnte der letzte seiner Art gewesen sein.
AÑATUYA taz | In Cartagena ist erneut die Nord-Süd-Kluft deutlich geworden, die den Kontinent seit dem Linksruck der Nullerjahre trennt: Am Sonntag ging in Kolumbien der sechste Amerikagipfel ohne Abschlusserklärung zu Ende. Bei drei Themen zeigte sich der Dissens besonders krass: Kuba, Malvinas/Falklands und in der Drogenpolitik.
Die von den USA und Kanada erneut bekräftigte Ausgrenzung Kubas sei „ein Anachronismus, der uns an eine längst überwundene Ära des Kalten Kriegs gekettet hält“, sagte Gastgeber Juan Manuel Santos in seiner Eröffnungsrede.
Zum Ärger von Cristina Fernández de Kirchner verkniff er sich einen expliziten Hinweis auf den Anspruch Argentiniens auf die Malwinen (Falklands), doch schließlich schlugen sich alle Lateinamerikaner und Karibikstaaten auf die Seite von Buenos Aires. Cartagena sei ein guter Ort, um über die Malwinen zu reden, denn Stadtmauern wurden „seinerzeit just zum Schutz gegen englische Piraten errichtet“, sagte Fernández.
Auch die von Santos und seinem guatemaltekischen Kollegen Otto Pérez Molina geforderte Wende in der Drogenpolitik schloss Obama aus. Er sei gegen die Legalisierung, erklärte er, wenn die großen Drogenhändler „legal, ohne jede Behinderung agieren“ könnten, wäre das womöglich „noch korrumpierender als der Status quo“.
Eine völlige Legalisierung fordert freilich kein einziger prominenter Politiker in Lateinamerika, sehr wohl jedoch eine Bestandsaufnahme und Abkehr von der fast ausschließlich auf Repression setzenden, 40 Jahre alten Strategie der „Drogenkriegs“. Einer solchen Debatte wolle er sich natürlich nicht verschließen, versicherte Obama.
Auf dem Gruppenfoto von Cartagena ist der Erosionsprozess der Amerikagipfel gut nachzuvollziehen. Neben dem Ecuadorianer Rafael Correa, der aus Solidarität mit Kuba auf die Teilnahme verzichtet hatte, fehlten Daniel Ortega aus Nicaragua und der krebskranke Hugo Chávez. Haitis Präsident Michel Martelly ließ sich ebenfalls aus Gesundheitsgründen entschuldigen, der Peruaner Ollanta Humala reiste vorzeitig ab.
Die acht Staaten des Linksbündnisses Alba, angeführt vom bolivianischen Präsidenten Evo Morales, kündigten an, dem kommenden Gipfel 2015 fernzubleiben. „Wir Lateinamerikaner haben einen schlechten Partner“, sagte Morales, Obamas Erklärungen zu „wechselseitigem Respekt“ seien unglaubwürdig.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!
Wissenschaftlerin über Ossis und Wessis
„Im Osten gibt es falsche Erwartungen an die Demokratie“