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Alterspräsident des neuen BundestagsSchäuble soll die AfD stoppen

Ein Rechtspopulist könnte nach der Bundestagswahl die erste Sitzung des Parlaments eröffnen. Norbert Lammert will deshalb die Geschäftsordnung ändern.

Alt ist er schon, Alterspräsident könnte er noch werden: Wolfgang Schäuble im Bundestag Foto: dpa

Berlin taz | Mit Wolfgang Schäuble und einer Änderung der Geschäftsordnung will Bundestagspräsident Norbert Lammert die AfD ärgern: Der CDU-Politiker hat am Donnerstag angeregt, den Alterspräsidenten des Parlaments künftig anders zu bestimmen als bisher.

Demnach soll nach der Bundestagswahl im September nicht wie gewohnt der älteste Abgeordnete die erste Sitzung des neuen Parlaments eröffnen, sondern der mit der längsten Erfahrung. Nach derzeitigem Stand wäre das eben Lammerts Parteifreund Wolfgang Schäuble, der seit 1972 ununterbrochen im Bundestag sitzt.

Diese Neuregelung würde einen Prestigeerfolg für die AfD verhindern. Sollten die Rechtspopulisten im Herbst mit einem Ergebnis von neun Prozent oder mehr in den Bundestag einziehen, würden sie nach derzeitigem Stand nämlich den ältesten Abgeordneten stellen. Der 76-jährige Wilhelm von Gottberg dürfte in diesem Fall während der konstituierende Sitzung die erste Rede im neuen Bundestag halten. Der Niedersachse steht unter anderem in der Kritik, weil er in der Vergangenheit den Holocaust relativiert haben soll.

Dem Bundestag nicht angemessen

Lammert nennt den AfD-Mann in seinem Vorschlag zwar nicht explizit, trotzdem dürfte sein Vorstoß darauf abzielen, den Auftritt des Rechtspopulisten zu verhindern. „Bei der derzeitigen Rechtslage bleibe es dem Zufall überlassen, wer Alterspräsident werde“, heißt es in einer Pressemitteilung der Bundestagsverwaltung vom Donnerstagabend. So könnte „ein neugewählter Abgeordneter ohne jegliche Erfahrung in der Leitung von Versammlungen“ die konstituierende Sitzung „des größten und wichtigsten deutschen Parlaments“ leiten.

Mit der Bedeutung des Bundestags sei das nicht vereinbar. Deshalb habe Lammert am Donnerstag dem 30-köpfigen Ältestenrat vorgeschlagen, die Geschäftsordnung entsprechend zu ändern.

Um einen Alterspräsidenten der AfD zu verhindern, hatten viele Abgeordnete zunächst auf eine erneute Bundestagskandidatur von Hans-Chrisitan Ströbele gehofft. Der Grüne ist knapp zehn Monate älter als Gottberg. Im Dezember verkündete Ströbele aber seinen Rückzug aus dem Parlament. Auch der bisherige Alterspräsident, der 81-jährige CDU-Abgeordnete Heinz Riesenhuber, tritt nicht wieder an. Daher galt es bis Donnerstag als sehr wahrscheinlich, dass die AfD den Alterspräsidenten stellen wird.

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17 Kommentare

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  • Der Alterspräsident wurde doch einst als Trick eingeführt, damit Adenauer die Sitzung des Parlaments eröffnen konnte. Notfälle von Parteien, die so entarten wie die AfD wurden doch damals noch planmäßig mit Parteiverboten gelöst.

     

    Aber Union und SPD schwächeln bei der Verfolgung des rechtsextremismus. Obwohl selbst der Bundesvorstand der AfD, den Landesverband in die zu weit rechte Ecke steckt, schlafen die GroKos. Nicht mit einem Wort wird im Landesverfassungsschutzbericht die AfD erwähnt!

    http://www.saarland.de/dokumente/res_innen/Flyer_Lagebild_Verfassungschutz_2015_web.pdf

  • Nur zurecht!

     

    Entweder so soll man die Geschäftsordnung ändern, so wie Herr Lammert das vorschlägt. Oder man könnte den Alter mit einer Mindestdauer (z. B. von 10-20 Jahren) der Arbeit im Bundestag und eventuell noch mit besonderen Verdiensten also Leistungen verknüpfen. So könnte man Politikerinnen und Politiker für deren besonderen Verdienste für das Volk ehren. Ein Positionswechsel z.B. zwischen EU und Deutschland wie im Falle von Herrn Gysi oder Herrn Steinmeier wäre auch ein guter Grund, die erste Parlamentssitzung zu eröffnen.

  • Ein Alterspräsident von der AfD würde doch zumindest sichtbar entlarven, was da eigentlich als "Alternative" verkauft werden soll - alte Säcke mit reichlich Honig im Kopf, die in der CDU aufgepäppelt wurden.

  • Was viele Kommentatoren des Artikels offenbar nicht verstanden haben ist, dass der Alterspräsident des Bundestages nicht gewählt wird, weder vom Bundestag selber, noch von den wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürgern. Er wird - allein aufgrund seines Geburtsdatums - formal bestimmt.

     

    Lammert ist demgegenüber als Bundestagspräsident vom Parlament gewählt.

     

    Ich möchte nicht, dass ein Holocaust-Relativierer und Geschichtsrevisionist eine Sitzung des Bundestages leitet, auch wenn es lediglich die konstituierende ist. Und wenn sich das auf diese elegante Art durch eine Präzisierung der Geschäftsordnung verhindern läßt, dann halte ich das für einen gutes und verantwortungsbewußtes Vorgehen.

     

    Noch besser wäre es allerdings, offen revisionistisch, revanchistisch und antisemitisch agitierenden Personen würde das passive Wahlrecht per Gerichtsbeschluss entzogen.

    • @cursed with a brain:

      Dito. Viele scheinen auch nicht verstanden zu haben, dass eine Änderung der Geschäftsordnung durch ein demokratisch gewähltes Parlament ein ganz normaler demokratischer Vorgang ist und kein "Hinbiegen" von etwas.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Warum sollte Wilhelm von Gottberg nicht die Eröffnungsrede halten dürfen, wenn im Gegenzug Schäuble verzichtet - nämlich auf sein Mandat?

    Viele würden aufatmen, bis weit runter in den Mittelmeerraum...

    • @571 (Profil gelöscht):

      Wer soll denn dann dafür sorgen, dass Behinderte in diesem Land Jahr für Jahr weniger Möglichkeiten der Teilhabe haben, weil etwa die bundeseigene DB-AG entweder keine behindertengerechten Bahnhöfe baut, oder vorhandene Aufzüge nach Störfällen inoffiziell stillgelegt werden?

  • Lammert zeigt damit wie sehr er doch den politischen Establishment verpflichtet ist. Immer biegen bis es passt.

  • Das nenne ich Demokratieverständnis: Wenn der Pöbel die falsche Partei wählt und ein Mitglied dieser Partei ein Funktion im Parlament ausübt, ändert man einfach die Regeln. Ob der "Ehrenmann" Schäuble dem Parlament besser zu Gesicht steht, halte ich für fraglich.

  • Was ein böser Zufall aber auch, wenn die Demokratie einen anderen Alterspräsidenten, der zufällig nicht Lammert oder Schäuble oder Ströbele heißt, wählt. Einfach so, wählt. Zufall ungleich Lammert ist gleich Regeländerung oder sowas. Nur Lammert ist im Besitz jeglicher Erfahrung, die konstituierende Sitzung des größten und wichtigsten deutschen Parlaments zu leiten. So viel Krokodilstränen habe ich nicht, da noch mitlachen zu können.

  • Die Idee den Alterspräsidenten nicht durch das Alter sondern das Dienstalter zu definieren ist an sich gut. Auch verstösst die Regelung damit nicht mehr gegen die Antidiskriminierungsvorgaben der EU. Allerdings bekommt es ein Geschmäckle, wenn wir solche Regeln dann und nur dann verändern, wenn uns das Ergebnis nicht passt. Das ist antidemokratisch und geradezu ein weiterer Baustein zur Legitimation von antidemokratischen Parteien wie z.B. der AfD.

  • 1994 konnten die Unionsabgeordneten den Anblick Stefan Heyms nicht ertragen und boykottierten die Eröffnungsrede des PDS-Abgeorneten. Die Achtung für demokratisch-parlamentarische Traditionen ist scheinbar seitdem nicht gewachsen.

  • Dinge, die Wolfgang Schäuble relativiert haben soll:

     

    - Ausmaß der CDU Spendenaffäre

    - Wirkungslosigkeit von Austeritätspolitik

    - europäische Konsequenzen des deutschen Außenhandelsüberschusses

    - Steuerausfälle durch Cum Ex Geschäfte

     

    Da braucht es schon den Vergleich zu einem Holocaustleugner, um würdig zu wirken.

  • Albern. Anders kann man diesen Vorschlag nicht nennen. Die Eröffnungsrede des Alterspräsidenten ist etwas, das in der Öffentlichkeit kaum, und bestimmt nicht für mehr als ein paar Tage, wahrgenommen wird. Die Regeln zu verbiegen, um die AfD zu ärgern, zeigt daher vor allem eins: Die Bereitschaft, Regeln willkürlich zu verbiegen - und genau das ist es, was Rechtspopulisten den Rücken stärkt. Nein, der Kampf gegen Rechts muß ein Kampf für etwas sein, nämlich für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Gerade weil demokratische Regeln von rechts in Frage gestellt werden, müssen Demokraten demokratische und rechtsstaatliche Regeln verteidigen und praktizieren. Und das heißt auch, daß im Kampf gegen rechts keineswegs alles legitim ist, nur weil es ja dem Kampf gegen Rechts dient.

    Demokraten sollten vorbildlich sein darin, Regeln zu respektieren. Auch dann, wenn das vielleicht mal bedeutet, eine halbe Stunde der Rede eines rechten Spinners zuzuhören. Das dient der Demokratie sehr viel mehr als Manipulation der Regeln oder Krawall.

    • @yohak yohak:

      Naja... ist es nicht eher so, dass hier eine Regellücke geschlossen werden soll, die jemand mit Ansage beabsichtigt auszunutzen?

       

      Es nach Dienstjahren zu bestimmen entspricht doch viel eher dem dahinterstehenden Geist... bisher wurde es halt noch nie relevant bzw. ist nicht aufgefallen, weil meist die biologisch älteste Person auch zu den erfahrensten gehörte.

      • @Existencielle:

        Es wurde im Landtag schon genau der gleiche Mist durchgezogen und jedesmal hat sich die AFD als Opfer präsentieren können. Die Änderung an sich ist ja nicht schlecht, aber es hat halt ein Geschmäckle wie Yohak schon geschrieben hat.

  • Methoden wie im Kindergarten. Der gefällt uns nicht, also ändern wir den Wahlmodus. Und wenn der dann beim nächsten mal wieder jemand selektiert der nicht genehm ist? dann ändern wir wieder. So geht Demokratie - man ändert den Wahlmodus bis das Ergebnis dem Gewünschten entspricht. Wirds halt einer von der AFD, muss man aushalten, die stellen sich selbst bloß. Man kann dann einem Hetzer immer noch den Rücken zu kehren oder den Saal verlassen.