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Alter und PolitikDas Spiel der Welt

Wer in der Pollitik eine Machtposition einnehmen will, scheint alt sein zu müssen. Zu blöd, dass die mächtigen alten Männer nicht weise sind.

Zwei alte Männer machen Politik: Wladimir Putin schüttelt Donald Trump die Hand Foto: Susan Walsh/dpa/AP

W arum haben eigentlich alle Angst vorm Älterwerden?“, fragt die Freundin und schiebt sich die Mütze aus den Augen vorm „Unter den Linden“.

„Du meinst die Demokraten in den USA?“, fragt die andere und hält ihre Zigarette zum Ausmachen in den Regen.

„Ach so, nee, aber ja, angeblich ist man erst dann reif genug für universale Weltherrschaftsfragen, wenn man woanders nicht mal mehr im schönsten Traum eine Einladung zum Vorstellungsgespräch bekommen würde!“

„Und dann stieren alle immerzu, ob man nicht längst zu tüdelig fürs launige Machtspiel geworden ist.“

„Kognitiv ist so Weltpolitik schon ’ne Strapaze, schätz’ ich.“

„Wär’ nicht meine Baustelle“, sagt der ältere Herr, der mit humpelndem Retriever vorbeigeht, „da musste ja wirklich jeden Spielzug kniffelig kausal ausklabüstern.“

„Na ja, und es ist eben kein Spiel!“, ruft die Freundin ihm nach.

„Nix im Leben ist ein Spiel!“, ruft er, ohne sich umzudrehen.

„Na, ein Spiel ist ein Spiel.“

Kapitalismusinfiltration bei Kindern

„Monopoly.“

„Verdammt hartes Spiel.“

„Völkerball fand ich auch voll düster!“

„Ja, lästig-kräftige Mitschüler ohne Gnade, dafür mit hitzig keimender Dominanz.“

„Hab’ mich immer sofort abschießen lassen und dann am Rand gechillt.“

„Vielleicht sollte man es immer so machen im Leben.“

„Ich mochte ‚Spiel des Lebens‘, weiß aber nicht mehr, worum es ging.“

„War das auch mit Kohlemachen?“

„Ich glaub’, da ging es um mehr.“

„Um Werte vielleicht?“

„Bei Monopoly geht es nur um Geld und Territorium.“

„Immobilien.“

„Monopoly ist Kapitalismusinfiltration für Vorschülerinnen.“

„Glaub’, die verstehen das noch nicht.“

„Geht ja nicht um Verstehen, sondern dass die das glauben.“

„Was?“

„Dass Kapitalismus voll Fun ist.“

„Fun sagt man, glaub ich, nicht mehr.“

„Ich sag, was ich will.“

Junge Leute sollten regieren

„Die ganz Jungen sagen auch, was sie wollen.“

„Was ist der Unterschied zwischen alt und jung?“

„Junge Leute sollten kein Land regieren.“

„Wer sollte schon ein Land regieren?“

„Irgendwen wird’s da doch weltweit geben, oder?“

„Läuft es nicht irgendwo so fantastisch, dass man da gern hinziehen würde, selbst bei schlechtem Wetter?!“

„Nie im Leben.“

„Muss es denn unbedingt perfekt sein?“

„Was?“

„Das politische System, in dem man lebt.“

„Theoretisch oder praktisch?“

„Na, theoretisch, praktisch klappt’s eh nie.“

„Weil die meisten sich nicht an die Regeln halten.“

„Politik ist ja auch kein Spiel.“

„Und Donald Trump kein Clown.“

„Auch nicht psychisch krank.“

„Nicht?“

„Dann wäre er doch ab und an mal in der Psychiatrie.“

„Er ist zumindest eitel, oder?“

„Sieht aus wie ein missratener Zierfisch.“

„Gab Unsummen aus fürs Schönsein, hat alles nichts genützt.“

„Man kann ihn zu recht eitel nennen.“

Geschrei, Egozentrik, Lügen

„Und gemein.“

„Das ist so ein Kinderwort.“

„Aber er agiert kindisch, Geschrei, Egozentrik, Lügen.“

„Dann ist Trump ein Kindmann?“

„Der leider nicht mit Bauklötzen spielt.“

„Der will nicht nur spielen, der will alles.“

„Alles, was er sagt.“

„Dass Putin seinetwegen machen kann, was Putin will.“

„Der hat den Schuss nicht gehört.“

„Macho von Übergestern.“

„Ist ja auch nicht mehr der Jüngste.“

„Aber in diesem Fall auch nicht der Älteste.“

„Genau genommen ist Trump ein mächtiger Politiker, der vermutlich erneut und schlecht gealtert Präsident wird.“

„Schachmatt.“

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Jasmin Ramadan
Jasmin Ramadan ist Schriftstellerin in Hamburg. Ihr neuer Roman Roman „Auf Wiedersehen“ ist im April 2023 im Weissbooks Verlag erschienen. 2020 war sie für den Bachmann-Preis nominiert. In der taz verdichtet sie im Zwei-Wochen-Takt tatsächlich Erlebtes literarisch.
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