Alltagsrassismus in der Kneipe: Einladung an die rechte Szene

Nach einem taz-Bericht über die rassistische Getränkekarte der „Union-Stuben“ in Bremerhaven beleidigt der Geschäftsführer seine Kritiker*innen.

Eine Hand greift in einer Gaststätte nach einem gefüllten Schnapsglas.

Stößt bitter auf: In den „Union-Stuben“ gibt's rechte Gesinnung auf Getränkebasis Foto: dpa

HAMBURG taz | Ein bisschen Spaß muss sein, ein unkorrekter Witz wird doch mal fallen dürfen! In Bremerhaven scheint der Geschäftsführer der „Union-Stuben“ jedenfalls dieser Meinung zu sein. Auf deren Getränkekarte wird neben „Heuler“, „Küstennebel“ und „Möwenschiss“ auch „Bimbo“ angeboten. 1,80 Euro kostet der dunkle Mix aus Lakritze, Wodka und Türkischem Pfeffer. Ende Juli hatte die taz nachgefragt, bis heute möchte der Geschäftsführer nicht über diesen Alltagsrassismus sprechen. Eine klare Botschaft hat er aber dennoch.

Auf Facebook platzierte der Geschäftsführer der Gaststätte nebst Kiosk „aus aktuellem Anlass der hitzigen Diskussion“ eine Werbung für ein neues Getränk: „Rotgrüner Faschist“. Wieder für 1,80 Euro zu bestellen.

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, hieß es neben einer an Mussolini angelehnten Karikatur: „Gepanschter aus billigen grünem Waldmeister (pelzigen Kobold Pippi Nachgeschmack und rotem Waldfrucht Likör schmeckt so süß wie die dumme Überheblichkeit ohne Fundamentale Kenntnisse) nen Schuß Linker Beutel Wacholder verstärkt den pelzigen Abgang nach dem die anfängliche dumme Süße gegangen ist nochmal damit einem auch nachhaltig klar wird was einem hier seinem Geschmack aufzwängt.“ Bemüht lustig wird die in rechten Kreise so verhasste „Political Correctness“ angegriffen – und die Kritiker als Faschisten bezeichnet.

Dass die Karte mit dem rassistischen Getränkenamen einen Rückgriff auf die Kolonialzeit darstelle, wie Silke Betscher, Ethnologin und Kulturwissenschaftlerin an der Universität Bremen, der taz im Juli sagte; dass die Begriffsverwendung eine Einladung sei, „rassistisch zu sprechen“ – das scheint einfach zu weit zu gehen. Zu viel Political Correctness darf es eben nicht sein. Der Post der „Union-Stuben“ verschwand allerdings nach einigen Stunden, nachdem das Portal „nord24“ berichtet und dabei die taz-Berichterstattung mit aufgegriffen hatte.

Anzeige wegen Volksverhetzung

Auf die Getränkekarte der „Union-Stuben“ war das Bündnis „Bremerhaven bleibt bunt“ aufmerksam geworden. Das Gründungsmitglied Hannelore Beutel stellte gegen den Geschäftsführer eine Anzeige wegen Volksverhetzung. In den sozialen Medien wird die 63-Jährige nun angefeindet.

Die Polizei prüft nun zunächst den Sachverhalt, bevor die Staatsanwaltschaft Bremen, die für politisch motivierte Taten zuständig ist, weitere Verfahrensschritte einleitet. Skeptisch äußerte sich im Juli Sönke Florian Gerhold, Professor für Strafrecht an der Universität Bremen über die Aussichten auf Erfolg. „Diese Getränkekarte mag geschmacklos und politisch nicht korrekt sein“, sagte er, doch „sie ist strafrechtlich nicht relevant.“ Weil sie nicht den Tatbestand der Beleidigung oder der Volksverhetzung erfülle, im Falle einer Beleidigung müsste eine ausreichend abgrenzbare und überschaubare Personengruppe betroffen sein.

Eins dürfte aber sicher sein: In Bremerhaven weiß die rechte Szene, wo sie einkehren kann.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.