Alltagsrassismus in der Kneipe: Ermittlungen eingestellt

Das Bündnis „Bremerhaven bleibt bunt“ hat erfolglos Anzeige erstattet gegen einen Wirt, der auf seiner Getränkekarte „Bimbo“ anbietet.

Barhocker sind in einer Bar auf einen Tisch hochgestellt.

Bei manchen Kneipen wäre es kein Verlust, wenn sie auch nach dem Lockdown geschlossen blieben Foto: dpa / Robert Michael

Hamburg taz | Wenn die Bremerhavener „Union-Stuben“ nach dem Lockdown wieder geöffnet haben, wird dort wohl ein umstrittenes Getränk besonders häufig bestellt werden: ein Mix aus ­Lakritz, Wodka und Türkischem Pfeffer, Preis: 1,80 Euro, Name: „Bimbo“. Der Geschäftsführer der Gaststätte nebst Kiosk darf die Mischung mit der rassistischen Bezeichnung weiter anbieten. Das Bündnis „Bremerhaven bliebt bunt“ hatte Anzeige erstattet. Ohne Erfolg: Die Staatsanwaltschaft Bremen hat die Ermittlungen eingestellt.

Zu Weihnachten erreichte das Bündnis ein zweiseitiges Schreiben der Staatsanwaltschaft. Strafrechtlich, so heißt es darin, sei „die bloße Verwendung eines diskriminierenden, beleidigenden Begriffs noch kein Angriff auf die Menschenwürde“ und es hätten sich „auch keine ausreichenden Anhaltspunkte für böswilliges Verächtlichmachen“ ergeben, gibt das Bündnis das Schreiben wieder.

„Man fragt sich, wie der Verfasser zu diesen Schlussfolgerungen gekommen ist“, sagt Hannelore Beutel vom Bündnis, die Anzeige erstattet hatte. Und sie sagt weiter: „Bereits das aufmerksame Lesen der Presse und ein Blick in die sozialen Medien hätte gereicht, um zu erkennen, dass die ‚Union Stuben‘ gerne von Leuten besucht wird, die aus ihrer rechten und rassistischen Einstellung kein Geheimnis machen.“

Im Juli vergangenen Jahres war das Bündnis auf das Getränk auf der Karte aufmerksam geworden. Neben dem Namen: eine Karikatur, eine schwarze, dicke Figur mit breiten roten Lippen. Die Figur trägt einen Pullover, auf dem „Bimbo“ steht, und eine zerfranste Hose.

Einladung, rassistisch zu sprechen

„Der Begriff ist im Kontext mit dem Bild zu sehen, wo Sprache und Bild sich wechselseitig verstärken. Auf klassische, rassistische Weise werden da körperliche Merkmale hervorgehoben“, sagte Silke Betscher damals der taz.

Für die Ethnologin und Kulturwissenschaftlerin an der Universität Bremen ist die Abbildung ein „klassischer Fall von Alltagsrassismus und kolonialen Stereotypen“. Der Begriff „Bimbo“ sei in Deutschland in der Kolonialzeit populär geworden, eben auch als diskriminierende Bezeichnung für Menschen vom afrikanischen Kontinent. Die Verwendung auf der Karte sei „eine Einladung dazu, rassistisch zu sprechen“, so Betscher.

Diese Einschätzung teilt Sönke Florian Gerhold, Professor für Strafrecht an der Universität Bremen auch. „Diese Getränkekarte mag geschmacklos und politisch nicht korrekt sein“, sagt er. Den Straftatbestand der Beleidigung erfülle sie jedoch nicht. Auch volksverhetzend sei sie nicht, da eine ausreichend abgrenzbare Personengruppe betroffen sein müsste.

Auf Facebook platzierte der Geschäftsführer der Gaststätte daraufhin „aus aktuellem Anlass der hitzigen Diskussion“ eine Werbung für ein neues Getränk: „Rotgrüner Faschist“. Zur Illustration bildete er eine Mussolini-Figur ab, mit einer Aufschrift, die die Nachnamen des italienischen Faschisten und der Anzeigeerstatterin kombiniert: „Damit einem auch nachhaltig klar wird, was einem hier seinem Geschmack aufzwängt.“ Gegen die Einstellung der Ermittlungen will das Bündnis Beschwerde einlegen.

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