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Alkoholmissbrauch bei JugendlichenUnd dann kam der Alkohol

Max und Elisabeth sind noch sehr jung und schon trockene Alkoholiker*innen. Warum wird der Rausch in der Jugend so romantisiert?

Viele Jugend­liche fangen schon mit Beginn der Pubertät an, regelmäßig zu trinken Foto: Karsten Thielker

Als Max* zum ersten Mal so richtig betrunken ist, merkt er, dass er auch mal nicht an seinen Vater denken kann. Er ist 13 und mit ein paar Freunden im Keller eines Kumpels, sie spielen Karten und trinken „direkt hartes Zeug“, nicht diese süßen Alkopops. Max’ Vater ist da gerade ein paar Wochen tot. Er wachte morgens einfach nicht mehr auf, Herzinfarkt. Für Max beginnt eine Zeit, in der er sich „recht zerrissen“ fühlt, Stabilität geben ihm die Wochenenden mit seinen Freunden, die mit Bollerwagen auf der Landstraße anfangen und bei irgendwem im Keller enden. Alkohol bedeutet für ihn frei sein und wohlig, „irgendwie Geborgenheit“. Max ist heute 19 und macht einen Entzug.

Für Elisabeth Schwachulla öffnet sich mit dem ersten Rausch eine neue Welt. „Auf diesen Zustand war ich nicht vorbereitet“, sagt sie. Die heute 27-jährige Poetry-Slammerin ist damals 15 und mit Freundinnen in München unterwegs.

Elisabeth Schwachulla merkt, dass sie ihren Emotionen freien Lauf lassen kann, wenn sie trinkt. Zu Hause und in der Schule versucht sie meistens, möglichst unbekümmert zu wirken, betrunken heult sie einfach los und es ist ihr völlig egal. Schwachulla ist seit drei Jahren nüchtern.

Das erste Mal Alkohol trinken fällt für die meisten Menschen in eine Zeit, in der es sich besonders gut anfühlt, mal nicht man selbst sein zu müssen. Egal, wie unbeschwert die Kindheit war, Pubertät bedeutet Verunsicherung und Verletzlichkeit und eine erste Auseinandersetzung mit der Frage, wer man überhaupt ist und wo man dazugehören will. Betrunken sein hilft vermeintlich, sich kurzzeitig mit sich und allem zu versöhnen.

1,6 Millionen Deutsche sind alkoholabhängig

Dazu kommt, dass Deutschland ein sogenanntes Hochkonsumland ist. Fast 7 Millionen Menschen zwischen 18 und 64 Jahren trinken laut Bundesgesundheitsministerium „in gesundheitlich riskanter Form“, bei Frauen bedeutet das über ein Glas eines alkoholischen Getränks am Tag, bei Männern zwei. Gefährlicher Alkoholkonsum zieht sich durch alle gesellschaftlichen Schichten, allerdings gilt: Je höher der Bildungsgrad und das Einkommen, desto mehr wird getrunken. Etwa 1,6 Millionen Deutsche sind alkoholabhängig.

Die Zahl alkoholkranker Frauen gleicht sich der Zahl der Männer immer weiter an. Viele gesellschaftliche Rituale sind eng mit Alkohol verknüpft, das lernen schon Kinder. Sie schauen ihren Eltern abends beim Rotwein­trinken zu und beim Anstoßen auf Feiern. 2019 tranken rund 9 Prozent der 12- bis 17-Jährigen mindestens einmal wöchentlich, 14 Prozent gaben an, sich im vergangenen Monat in einen Rausch getrunken zu haben. Diese Zahlen sinken seit vielen Jahren langsam, aber kontinuierlich, zu den Gründen zählt, dass Jugendliche generell gesundheitsbewusster werden. Trotzdem werden Max und Elisabeth Schwachulla als Teenager abhängig.

Wie ist das passiert? Und wie fühlt es sich an, wenn man die Pubertät betrunken durchlebt hat und als jun­ge*r Er­wach­se­ne*r nochmal von vorne anfangen muss? Sie sei ein glückliches und aufgeschlossenes Kind gewesen, das irgendwann zu einer traurigen und einsamen Jugendlichen wurde, sagt Elisabeth Schwachulla. „Da kam einiges zusammen: die Trennung meiner Eltern, in der Schule gemobbt werden, mich total unverstanden fühlen.“ Sie merkt, dass Alkohol ihr hilft, ihren Kummer einerseits zu verdrängen und andererseits rauszulassen.

Die schleichende Regelmäßigkeit

Zum Betrunkensein am Wochenende auf Partys kommt Betrunkensein nach der Schule irgendwo draußen, um ein paar Stunden abzuschalten, bevor man sich abends wieder dem Stress mit den Eltern aussetzt. Schwachulla findet immer mehr Gründe für noch ein Bier. Seit ihrer Kindheit hat sie Probleme, einzuschlafen. Angetrunken geht das viel besser. Und auf irgendwas anstoßen kann man ja eigentlich eh ­immer: wenn es etwas zu feiern gibt, wenn etwas Blödes passiert ist und wenn nichts los ist, damit irgendwas los ist.

Bei Max schleicht sich die Regelmäßigkeit etwas langsamer ein. Lange gibt es nur die Wochenenden mit den Kumpels im Keller, an denen er sich Pausen von seiner Trauer gönnt. Im Sommer, kurz vor seinem 16. Geburtstag, hat Max einen körperlich anstrengenden Ferienjob. Nach Feierabend trinken seine Kollegen, und er macht mit. „Ich hab immer schon mehr gebraucht als andere, um auf ein Level zu kommen, auf dem ich mich wohl fühle“, sagt er.

Max wird in seinem Freundeskreis zu dem, der immer zu viel trinkt. Ihm gefällt das, dann ist man wenigstens wer. Lena Butter hat das schon häufiger gehört. Sie arbeitet beim bundesweiten Präventionsprogramm „Hart am Limit“ und spricht mit jungen Menschen, die wegen einer Alkoholvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert wurden. In der Pubertät müssten Jugendliche große Entwicklungsaufgaben bewältigen, sagt sie. „Und zur Bewältigung gehört für einige der Alkohol.“ Alkohol werde meistens nicht vor den Augen der Eltern konsumiert, mache lockerer und offener und bewirke, dass man sich plötzlich ganz anders in der Gruppe bewege. Ein Zustand, an den sich viele gewöhnen möchten.

Auch Elisabeth Schwachulla wird die Person in ihrem Freundeskreis, die es immer übertreibt. Doch während sich ihre Alkoholsucht verfestigt, verändert sich ihr Umfeld. Die, mit denen sie ihre ersten Feiererfahrungen macht, ziehen irgendwann weiter oder wenden sich bewusst von ihr ab. Schwachulla beginnt, mehr mit Jüngeren abzuhängen, „mit Leuten, die auch ein Problem hatten“. Sie schafft das Abi und beginnt zu studieren, hat aber keinen Plan, was sie damit mal anstellen möchte. Während alle um sie herum immer zielstrebiger werden, Praktika machen, erste Jobs anfangen, schläft sie bis nachmittags und fängt am frühen Abend an zu trinken. Irgendwann keimt in ihr der Wille, ganz aufzuhören.

Zurück zum Anfang

Aber schon damals dämmert ihr, dass sie mit dem Alkohol auch einen großen Teil ihrer Identität loslassen muss. Denn auch wenn die Sucht ihre persönliche Entwicklung viele Jahre lang eingeschränkt und manipuliert hat, waren da diese Momente der vermeintlichen Unbekümmertheit. „Leuten ganz unverstellt sagen zu können, was ich denke, betrunkene Liebesgeständnisse oder Hass­tiraden. Natürlich überwiegen das Unglück, die Antriebslosigkeit, ihre Gesundheit. Aber da ist auch Furcht davor, herausfinden zu müssen: „Wer bin ich überhaupt ohne den Alkohol?“

Für Max ist es eine deutliche Ansage seines Arztes, die ihn zu einem Entzug bewegt. „Er hat mir gesagt, dass ich nicht besonders alt werde, wenn ich so weitermache.“ Max trinkt zu dem Zeitpunkt drei Liter Sangría am Tag, nimmt dazu noch verschiedenste Drogen. Erst flog er bei seiner Mutter raus, dann bei seiner Freundin, die Schule hat er abgebrochen. Er muss ein paar Monate auf einen Platz warten, kommt dann aber zur Entgiftung und Therapie in eine Klinik in Hessen. Mit seiner Mutter hat er vereinbart, dass er wieder zurück nach Hause ziehen darf, wenn er die Therapie ein halbes Jahr durchzieht. 20 Tage bleiben ihm noch.

Wer bin ich überhaupt ohne den Alkohol?

In ihrer ersten Zeit als Nüchterne hat Elisabeth Schwachulla das Gefühl, sie muss wieder dort anfangen, wo sie aufgehört hat, als sie anfing zu trinken. Mit Mitte zwanzig war sie plötzlich wieder 15. Schwachulla weiß nicht, was sie eigentlich interessiert, was sie ausmacht. Schon ganz alltägliche Situationen, wie in einer Runde mit Freun­d*in­nen und Bekannten zu sitzen, überfordern sie. „Ich wusste überhaupt nicht, was ich sagen soll und warum ich sonst immer so viel geredet habe.“

Max’ Selbstwert ist durch den Entzug stark gestiegen, er fühlt sich gesünder, hat endlich ein bisschen zugenommen. Während der Therapie hat er sich um eine Ausbildung als Industrieschweißer beworben, im Sommer fängt er an. Seine Freunde wissen, dass Max rückfallgefährdet ist, „dass es nie ­wieder ausarten darf“. Er vertraut ihnen, weiß, dass sie auf ihn achtgeben werden. In der Klinik hat er gelernt, dass Alkoholmissbrauch in seinem ­Umfeld schon immer als normal galt. Sein Opa und sein Onkel sind Alkoholiker, im Dorf gehört es zum guten Ton, sich zu betrinken. „Ich hätte gerne früher gewusst, wie gefährlich das alles ist.“

Ihr Nüchternsein erfordert, dass sie nachsichtig mit sich selbst sein muss, jeden Tag. Wenn Elisabeth Schwachulla an ihr altes Ich denkt, dann ist da Mitleid, Verständnis, aber auch Scham. Es sei sehr bezeichnend für unsere Gesellschaft, dass sie ihre Abhängigkeit acht Jahre lang quasi ungestört habe ausleben können. „Ich habe als Jugendliche vermittelt bekommen, dass ich meine Probleme besser mit mir alleine ausmachen sollte, dass ich zu funktionieren habe. Und dann kam halt der ­Alkohol.“

*Name geändert

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19 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Zeit diese Droge zu verbieten .

  • Ein guter Artikel, der beschreibt was von vielen Eltern nicht gesehen werden will. Verbieten nützt nicht, jedoch hinsehen und ansprechen. Die richtige Kurve raus, und rein in ein Leben ohne "Happymacher" findet jeder auf seine Weise. Schade und traurig für jeden Jugendlichen der es nicht schafft. Hut ab vor jedem der sich dem Problem stellen kann.

  • Solange der Suff unter Erwachsenen so beliebt ist, werden es auch die jungen Leute tun. Der eine oder Anderer kokettiert damit oder prahlt mit seinen Sufferlebnissen, da darf man sich dann nicht wundern.

  • Zeit diese Droge zu verbieten ... also nicht nur für Jugendliche!

    und was will #GNS aussagen? Werbung?

    • @Gastnutzer 42:

      Drogen zu verbieten bewirkt das Gegenteil von dem, was es bezwecken soll. Wer Drogen will, bekommt die auch. Insbesondere bei einer Droge, die so leicht herzustellen ist wie Alkohol. Glauben Sie mir nicht, dass das nach hinten losgeht? Google Sie mal nach der Alkoholprohibition in den USA.

      Was ist die Alternative zum Verbot? Aufklärung! Suchtkranken helfen und niemals Stigmatisieren. Sucht ist eine Krankheit, die jeden treffen kann.

      Das trifft im übrigen auf alle Drogen zu. Beispiel Cannabis: die Droge selbst ist nicht tödlich. Allerdings setzt sich gerade auf dem Schwarzmarkt mit künstlichen Cannabinoiden verseuchtes Gras durch. Das ist unmöglich zu erkennen, kann aber tödlich enden. In einem regulieren Markt wie beim Alkohol können Konsumenten aufgeklärt werden, Konsumenten wissen, was drin ist und der Staat kann die Steuereinnahmen sinnvoll einsetzen.

      Schwarzmarkt bei Drogen ist in etwa so: du kriegst eine Flasche Alkohol. Das kann ein Schnaps oder ein Bier sein, vielleicht aber auch ein Alkoholfreies. Vielleicht aber auch mit Methanol verseucht und du wirst blind.

      Menschen nehmen Drogen. Zeit für eine realitätsgemäße Drogenpolitik.

      • @Martin Weber:

        Alkohol ist so gefährlich, weil sie von der Gesellschaft aufgenommen wurde. wenn Kinder ihre Eltern sehen, wie sie Abens ein Bier trinken, wird das für sie normal und sie machen es auch irgendwann.



        Wenn man Alkohol verbieten würde, würden es viele Leute aufhören, vor angst vor Strafen (Die Alkohol-Politik müsste dann auch konsequent sein), wodurch wir viele Menschen retten können, auch wenn diese zurzeit erst Kinder sind

      • @Martin Weber:

        Vielleicht sollten wir auch Vergewaltigungen nicht weiter unter Strafe stellen? Passiert ja trotzdem weiter?



        passiert-doch-trotzdem kann doch kein Ansatz sein !!!

        www.dhs.de/suechte...ahlen-daten-fakten



        ca. 200 Alkohol-Tote pro Tag in Deutschland. Sicher alles aufgeklärte Konsumenten ...



        Machen wir weiter so ...

        • @Gastnutzer 42:

          Die in dem Artikel geschilderten Beispiele waren individuelle Schicksale und keine Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung oder körperliche Unversehrtheit Dritter. Straftaten, die Betrunkene begehen, sind nach wie vor Straftaten. Bei ihrer Beurteiluing, wie auch bei der Beurteilung von Sexualdelikten, wird auf die Umstände geachtet, ändert aber nichts daran, dass es Straftaten bleiben. Die Ansicht, dass Prohibition nichts bringt zu erweitern auf die Konsequenz, dass dann gleich alle Strafen (oder zumindest viele weitere) abgeschafft weden müssten, ist genauso unsinnig als würde man fordern zwischenmenschlichen Kontakt zu verbieten, um Vergewaltigung vorzubeugen, mal abgesehen davon, dass das Konzept einer roamtischen Beziehung auch bei ausbleibender Vergewaltigung genügend Leid verursacht - warum habe ich nicht den Partner, den ich eigentlich haben möchte etc....

        • @Gastnutzer 42:

          Das ist eine sehr fehlerhafte Analogie. Bei einer Vergewaltigung begehe ich automatisch ein Verbrechen an einem anderen Menschen. Alkohol konsumieren ist, per se, neutral. Und auf das Argument der Prohibition in den USA wird auch nicht eingegangen - übrigens die Sternstunde des organisierten Verbrechens. Pauschaler Verbot ist keine Lösung, sondern naiv und bewiesenermaßen unwirksam.

        • @Gastnutzer 42:

          Der Unterschied ist nur das Drogenkonsumenten nur sich selbst schaden und nicht anderen... nennt sich Selbstbestimmung und steht auch im GG. Deswegen ist der Konsum von Drogen auch legal aber der Besitz nicht, das also mit Vergewaltigung zu vergleichen bringt erstens niemandem was und trägt auch nicht zu einer Konstruktiven Debatte bei, das eine hat nicht mit dem anderen zu tun.

        • @Gastnutzer 42:

          Für die Jugendlichen in diesem Artikel mit 13 und 15 Jahren war Alkohol verboten. Hat dies für die beiden funktioniert? Scheint also leider nicht die Lösung zu sein.

          Ich gebe Ihnen aber recht, dass man beim Thema Alkohol noch eine Menge tun muss. Nur ist es leider nicht so einfach getan mit verbieten und zack fertig!

          Ihr Vergleich mit Vergewaltigungen ist Whataboutism und hat mit dem Thema Drogen nichts zu tun.

        • @Gastnutzer 42:

          Naja, falsche Antwort. Völlig am Thema vorbei.



          Wer jemand vergewaltigt schädigt aktiv andere. Ein Kernbestandteil dieser Tat ist andere zu schädigen, ihnen Leid zuzufügen. Das Leitet sich aus der definition einer vergewaltigung ab. (Und Ja auch Triebe kann man nicht einsperren wie anderes Psychisches verlangen)

          Diese in Kauf genommene Schädigung und das Leid für die eigene Befriedigung ist aber nicht Kernbestandteil einer Sucht sondern dort ist es der, seine Eigene Psyche zu bekämpfen.. Darunter leiden unter umständen auch Andere.



          Aber weil sie einen lieben und sich um die Person sorgen, nicht weil man ihnen Leid zufügt.



          Demnach:

        • @Gastnutzer 42:

          Es bringt aber trotzdem nichts, Alkohol zu verbieten. Da hilft es auch nichts "!!!" zu verwenden und seltsame Vergleiche heranzuziehen ...

          Schaut man zurück zu der Prohibition in den USA (1920–1933), stellt man fest, dass es einfach nichts bringt und zu anderen Problemen führt wie organisierte Kriminalität, Schmuggel, lebensbedrohliche Pan­sche­rei u. v. m.

          Ja, die Zahlen Alkohol-Toter sind hoch. Ich würde statt dem Verbot eher für Bildung plädieren.

        • @Gastnutzer 42:

          Prohibition gab es schon, hat nur zu höherer Kriminalität und mehr Toten durch gepanschten Alkohol geführt.

          "Vielleicht sollten wir auch Vergewaltigungen nicht weiter unter Strafe stellen? Passiert ja trotzdem weiter?"



          Äpfel und Birnen...

          • @telejoshi:

            Da ist mir doch ein Tab durch die Lappen gegangen. Liest vermutlich eh keiner mehr, aber wenn sich so viele die Mühe zu kommentieren gemacht, will ich doch noch antworten.

            Natürlich wollte ich zu keinen Zeitpunkt beides gleichstellen. Es ging nur um ein plakatives Beispiel, dass Strafandrohung nicht zwingend zu null Straftaten führt. Und es folglich nicht sinnvoll sein kann, eine Strafandrohung zu unterlassen, weil man nicht bei null Straftaten landen wird.

            Ja, im ersten Moment mag der Alkohol nur demjenigen schaden, der ihn konsumiert. Wer mal in Erfahrungsberichten von Gewalt in Familien blättert, findet immer wieder einen Satz: „… und wenn er getrunken hatte, war es besonders schlimm …“. Ein anderes Beispiel wäre eine angetrunkener der einen Unfall verursacht. Die mittelbaren Schäden sind also nicht unerheblich.

            200 Alkoholtote pro Tag, heißt auch entsprechend viele Behandlungen und im Krankenhaus und auf der ITS. Das sind Kosten die wir alle tragen.

            Aber ja – ich bin auch für persönliche Freiheit – in diesem Punkt stimmen ich den entsprechenden Kommentatoren zu. Aber das müssten dann bedeuten, dass Alkohol bedingte Behandlungen aus eigener Tasche zu bezahlen sind. Und das Betrunkenheit nicht strafmildernd, sondern strafverschärfend wirken müssten.

  • Es wäre mal ein Anfang die ganzen Trinkrituale ab zu schaffen...

    Vor allem fällt man gesellschaftlich immer auf als Nicht-Trinker... weil es halt bei vielen Anlässen erwartet wird... bei privaten Feiern, im Arbeitsleben,...

    • @danny schneider:

      In allen Kulturen gab und gibts es rauschende Feste des Zusammenseins. Der gemeinsame Rausch erzeugt ein Verbundenheitsgefühl, ähnlich wie Teamsport oder gemeinsames Singen. Der Mensch braucht dieses Gefühl seit Menschengedenken. Es geht auch ohne Alkohol, aber dafür ist unsere Geellschaft viel zu abgestumpft!

  • WOW. Vielen Dank für diese intimen Einblicke in kindlich-jugendliche Alkoholikerkarrieren.



    Ich selbst habe ähnliches hinter mir. Unvergesslich bleibt die Zeit danach, als ich mich immer wieder "in Gesellschaft" den ungläubig-aggressiven Fragen nach dem Warum meiner Abstinenz ausgesetzt sah. "Mensch, ein Fläschchen schadet dir doch nix"... Es ist so erschreckend normal, Trinker zu sein - und man muss als Nichttrinker aufpassen, nicht das Gefühl zu bekommen, Aussenseiter zu sein. Inzwischen habe ich einen Freundeskreis, in dem manfrau es zu schätzen weiss, wie schön es ist, auch miteinander nüchtern zu sein und das Leben mit klaren Sinnen zu feiern.

  • Leider sind die Zahlen für Alkoholabhängigkeit nach oben zu korrigieren. Man geht allgemein von 4- 5 Millionen Bürgern in der BRD aus, welche ein Alkoholproblem haben. Der Artikel ist sehr oberflächlich und streift eigentlich nur das gesellschaftliche Problem, welches die Volkskrankheit sich so weit verbreiten lässt. Alkohol als Problemlöser oder als gesellschaftlich anerkannter Auflockerer findet überall dort Zuspruch, wo eine zunehmend rigide Gesellschaftsstruktur nur sehr wenig Perspektiven zur persönlichen Entwicklung bietet. Eine Gesellschaft, wie sie in der BRD herrscht, wo durch den Neoliberalismus die Vermarktung und Anreicherung des persönlichen Humankapitals allein zählt, haben Drogen, zu welchen der Alkohol am weitesteten verbreitet ist, sehr leichtes Spiel. Sie sind quasi der Treibstoff. Der angeblich sinkende Konsum von Alk unter Jugendlichen rührt daher, dass der Gebrauch von anderen Drogen weitaus hipper und unauffälliger ist. Der Anteil von "stoned" Schülerinnen und Schülern während des Unterrichtes ist schon groß. Nur ist das ein absolutes Tabuthema. Kein Schulleiter mag so ein heißes Eisen anfassen. Zu schnell ist der "gute Ruf" der Lehranstalt in der Lokalpresse in Zweifel gezogen. Ein Albtraum für Pädagogen. Deshalb wird alles getan um die Wahrheit zu unterdrücken. Wer sich als Lehrer nicht daran hält, wird sehr schnell lautlos abgeschoben. Das ist die Realität.

    Tatsache ist, dass die Alkoholabhängigkeit bei Jugendlichen extrem schnell einsetzt. Es reichen 6 Monate intensiven Konsums aus. Therapien sind oft nicht für Jugendliche gedacht, so dass der Erfolg gering ist.

    Ein grundsätzliches Übel ist die Tatsache, dass Psychotherapeuten keine Alkoholkranken in ihrer Therapie wünschen. Dabei ist die Ursache der Erkrankung eine psychische. Bei Jugendlichen muss nach der Entgiftung erst eine Psychotherapie einsetzen, während die Alkoholkrankheit nebenbei überwacht und die Abstinenz dabei eingeübt wird. Das ist anders als bei Erwachsenen.