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Albaniens virtuelle Ministerin DiellaKann der Chef jederzeit abschalten, daher pflegeleicht

Kommentar von Krsto Lazarević

Die albanische KI-Ministerin gegen Korruption ist nicht mehr als ein PR-Move. Wo Behörden Teil des Problems sind, wird auch die Technik korrumpiert.

Das beste an dieser Antikorruptionskampagne: Sie lässt sich einfach abschalten wenn die Ergebnisse zu ernst werden Foto: Vlasov Sulaj/ap

D ie neue albanische Ministerin Diella ist jung, trägt Volkstracht, soll Korruption bei der Vergabe öffentlicher Aufträge bekämpfen, Albanien bis 2030 EU-tauglich machen – und ist eine KI. Ministerpräsident Edi Rama hat die künstliche Figur in sein Kabinett berufen. Die Opposition kritisiert den Schritt als verfassungswidrig, weil Diella keine albanische Staatsbürgerschaft besitze und, nun ja, kein Mensch ist.

Tatsächlich ist Korruption eines der größten Hindernisse für Albaniens EU-Beitritt, und Rama will demonstrieren, dass er etwas dagegen tut. Im Februar landete sein Parteifreund, Tiranas Ex-Bürgermeister Erion Veliaj, wegen Korruptionsvorwürfen im Gefängnis. Die Botschaft: Auch große Fische sind nicht unantastbar. Gleichzeitig entstehen in Tirana immer neue Immobilienprojekte, die zur Geldwäsche aus dem Kokainhandel dienen – und daran ändert eine KI erst einmal gar nichts.

Korruption lässt sich nicht allein technisch bekämpfen. KI kann vielleicht auffällige Ausschreibungen markieren – aber nicht die Strukturen ändern, die Korruption am Leben halten. Und sie ist nur so vertrauenswürdig wie die Daten, mit denen sie gefüttert wird. Wo Behörden selbst Teil des Problems sind, wird auch die Technik korrumpiert. Der exzentrische Rama inszeniert sich gern als Visionär und ist bekannt für große Ankündigungen, auf die dann wenig folgt. So versprach er einen Ministaat für die Religionsgemeinschaft der Bektaschi innerhalb Albaniens – ähnlich dem Vatikan. Ohne Ergebnis. Auch das groß angekündigte Tiktok-Verbot hat nicht funk­tio­niert.

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Ramas PR funktioniert trotzdem. Trotz Demokratiedefiziten und zunehmend autoritärem Führungsstil genießt er international Anerkennung. Erst kürzlich zierte er das Cover des ZEITmagazins, darin ein gefälliges Interview, das sich erstaunlich ausführlich seiner Körpergröße und physischen Stärke widmet. Kritik hingegen verträgt Rama schlecht. Vielleicht setzt er deshalb auf eine KI-Ministerin: Sie tritt nicht eigenständig vor die Öffentlichkeit, erhebt keine Vorwürfe gegen ihn – und lässt sich jederzeit abschalten.

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