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Aktuelle Nachrichten in der CoronakriseDebatte um Impfung für Jüngere

Die Bundesregierung hält trotz Vakzinknappheit und geplanter Impfung von Jugendlichen am Impfziel fest. Nur die Hälfte der Familien will ihre Kinder impfen lassen.

Biontech schützt auch Kinder zwischen 12 und 15 Jahren sicher vor einer Covid-19-Erkrankung Foto: Robert Michael/dpa

Regierung hält an Impfziel fest, Kritik von der FDP

Die Bundesregierung hält trotz der Impfstoffknappheit und der geplanten Einbindung von Jugendlichen in die Impfkampagne an ihren zeitlichen Zielen fest. Ziel sei weiter, dass im Sommer jeder ein Impfangebot erhalte, sagte Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) im ARD-“Morgenmagazin“. „Das halten wir weiter für realistisch“, auch unter Einschluss der Jugendlichen ab zwölf Jahren, für die nun zusätzlich eine Zulassung erwartet werde. „Mitte September wollen wir durch sein, dass alle geimpft sind.“

Die FDP kritisierte die Entscheidung von Bund und Ländern, Kindern und Jugendlichen ohne entsprechende Empfehlungen der Ständigen Impfkommission ab dem 7. Juni Impfungen anzubieten. Insbesondere CDU-Gesundheitsminister Jens Spahn dürfe nicht einfach über Einwände der Impfkommission hinweggehen, sagte der stellvertretende Fraktionschef Michael Theurer der Augsburger Allgemeinen. Politische Entscheidungsträger „dürfen sich nicht über die Wissenschaft hinwegsetzen und mit vorschnellen Entscheidungen Fakten schaffen“, so Theurer. „Angesichts des kurzen Erfahrungszeitraums der Anwendung der Corona-Impfstoffe bei Erwachsenen ist hinsichtlich der Anwendung bei Kindern und Jugendlichen größte und höchste Sorgfalt erforderlich.“

Nur die Hälfte der Familien in Deutschland will ihre Kinder gegen Corona impfen lassen. Laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der Augsburger Allgemeinen laut Vorabbericht lehnen 40 Prozent der Erziehungsberechtigten derzeit eine Corona-Schutzimpfung für ihre Kinder ab. 51 Prozent der Befragten seien für die Impfung, der Rest unentschieden. (rtr)

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Gemischte Reaktionen von Ärzten und Lehrern

Der Deutsche Hausärzteverband fordert nach dem Impfgipfel von Bund und Ländern, die Rückkehr zum gesellschaftlichen Leben von Kindern und Jugendlichen nicht von den Impfungen abhängig zu machen. „Es waren die Kinder und Jugendlichen, die ihre Freiheiten über ein Jahr für den Schutz der Älteren zurückgestellt haben,“ sagte Ulrich Weigeldt, der Vorsitzende des Hausärzteverbands, der Rheinischen Post. „Nun liegt es an den Erwachsenen, Solidarität zu zeigen und alles daran zu setzen, ihnen schnellstmöglich ihre Rechte zurückzugeben.“ Zugleich kritisierte er die vorsorgliche Zurückhaltung von Impfdosen für Kinder und Jugendliche. „Aktuell fehlt für diese Altersgruppe sowohl die Zulassung als auch die Empfehlung. Unter diesem Gesichtspunkt ist es völlig absurd, Impfdosen zurückzuhalten, anstatt sie sofort zu verimpfen.“

Deutschlands Intensivmediziner sprechen sich indes gegen eine vorrangige Corona-Impfung bei Kindern und Jugendlichen aus. „Kinder erkranken häufig asymptomatisch oder im Verlauf harmlos und haben deshalb derzeit bei knappen Impfstoffkapazitäten keine dringliche Indikation für eine Impfung“, sagte der Generalsekretär der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin, Florian Hoffmann, der Funke Mediengruppe. Derzeit plant die Politik, allen Kindern und Jugendlichen über 12 Jahren bis Ende August ein Impfangebot zu machen. Dies setzt eine Zulassung für diese Altersgruppe des Biontech/Pfizer-Vakzins durch die Europäische Arzneimittelbehörde EMA voraus. Die Behörde will an diesem Freitag über eine EU-weite Zulassung beraten. Bisher ist dieser Impfstoff ab 16 Jahren zugelassen.

Der Deutsche Lehrerverband hat enttäuscht auf den Beschluss von Bund und Ländern zur Öffnung der Impfung für ab Zwölfjährige reagiert, ohne dies mit einer Priorisierung und einer Impfkampagne speziell für Jugendliche zu verbinden. „Der Deutsche Lehrerverband bezweifelt, ob die auf dem Impfgipfel vorgestellten Beschlüsse nennenswerte positive Auswirkungen für den Schulbetrieb im nächsten Schuljahr haben werden“, sagte Verbandschef Heinz-Peter Meidinger dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Die wohl in nächster Zeit nicht erfolgende allgemeine Impfempfehlung der StiKo wird viele, wenn nicht sogar die Mehrheit der Eltern davon abhalten, dieses Impfangebot für ihre Kinder wahrzunehmen, kritisierte der Lehrerverbandschef. Offensichtlich glaube ja auch die Bundesregierung nicht an den schnellen Erfolg ihres Impffahrplans, sonst hätte sie dazu eine umfassende Impfkampagne gestartet, sagte Meidinger. (rtr)

Aktuelle Zahlen in Deutschland und der Welt

Das Robert-Koch-Institut (RKI) registriert 7.380 Neuinfektionen binnen 24 Stunden. Das sind 1.389 Fälle weniger als eine Woche zuvor. 192 weitere Menschen starben. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz sinkt weiter auf 39,8. Am Tag zuvor betrug der Wert 41,0. Insgesamt wurden bislang knapp 3,67 Millionen Menschen positiv auf das Coronavirus getestet, 88.187 Menschen starben.

Weltweit haben sich mehr als 168,73 Millionen Menschen nachweislich mit dem Coronavirus angesteckt. Das ergibt eine Reuters-Erhebung auf Grundlage offizieller Daten. Danach starben mehr als 3,65 Millionen Menschen in Zusammenhang mit dem Virus, seit es im Dezember 2019 erstmals im chinesischen Wuhan nachgewiesen wurde. Nach den USA weist Brasilien mit mehr als 454.000 die meisten Todesfälle auf. Dort wurden mehr als 16,2 Millionen Ansteckungsfälle nachgewiesen. Weltweit ist das der dritthöchste Wert nach den USA und Indien. (rtr)

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3 Kommentare

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  • Typisches Politikergeblubber:"Ziel sei weiter, dass im Sommer jeder ein Impfangebot erhalte".



    Jaaa, das "Impfangebot" macht uns die Politik schon, allein es ist die Frage, ob auch tatsächlich jeder (!) eine solche "angebotene" Impfung erhaschen kann. Wenn ich mir die derzeitige Impftemporate in unserem Landkreis ansehe und bei gleichbleibendem Impfdosenangebot (ich glaube, mehr wird es da nicht mehr geben) extrapoliere, dann wird es mit der Erstimpfung für alle mindestens November und die Zweitimpung für alle wird es frühestens Februar 2022 geben.



    Es ist legitim, derzeit die Debatte über die Impfung der Jüngeren zu führen, aber verfrüht, Aussagen ("August") über ein - da haben wir's wieder- "Impfangebot" zu machen. Das lässt sich bereits jetzt als unseriös und höchst unethisch entlarven, jedenfalls dann, wenn man rechnen kann.



    Man sollte erst mal sehen, dass man die Kategorie 2, vor allem aber auch die Kategorie 3 zu einem verlässlichen Anteil erst-impft, und dann erst die Priorität aufhebt. Realistisch ist das nicht zum 7. Juni der Fall, sondern eher zum 7. August. Denn so steht jetzt jeder bspw. stärker gefährdete Asthma-Patient in Konkurrenz zu den weniger Gefährdeten ohne Prio-Kategorie.



    Wo ist da plötzlich die Fürsorgepflicht des Staates?



    Union und vor allem die SPD sind für mich daher nicht (mehr) wählbar. Und die Grünen haben in meinem Bundesland auch ordentliches Missmanagement hingelegt (Gesundheitsministerium Lucha zum BKV-Impftermin-Buchungsportal: "...haben aufs falsche Pferd gesetzt"). Auch nicht mehr wählbar!



    Was bleibt denn da noch viel an Wahloptionen? Linke, AfD...?



    Objektiv vorhersehbare Dinge (das obige jedenfalls sind vorhersehbare Punkte) - völlig vergeigt!!!



    Jeder Vorerkrankte ab dem 7. Juni, der das Zeitliche wegen Corona segnet, weil andere, weniger gefährdete vor diesem einen Impftermin bekamen, geht für mich aufs Gewissen - sorry, aufs "Konto" (er is ja Banker) - von Hrn. Spahn!

  • Der Sinn von Impfungen für Kinder wird zu Recht angezweifelt. Dass geschwätzige Politiker nicht abwarten können, bis die zuständige Impfkommission eine Empfehlung herausgibt, ist verantwortungslos. immerhin geht es auch um das Recht auf Entschädigungen für mögliche Impfschäden. www.kinder-versteh...etter-post-title_1

  • Das einzige Ziel , was diese Regierungskoalition anstrebt, das sind erfolgreiche Zahlen bei den Impfungen. Selbstverständlich werden ja nur Kinder geimpft, die der Wirtschaft einen Mehrwert versprechen. Das bedeutet, dass durch den Wegfall der Priorisierung nun ein fröhlicher Kastenkampf einsetzen darf, aus dem natürlich die Wohlhabenden als Sieger hervor gehen. Das sind just Jene, die auch diese Parteien wählen. Zugleich nützt es auch den Grünen, von denen man merkwürdigerweise nichts über soziale Spaltungen hört. Warum wohl?

    Deutlicher können diese Regierung und die mit ihr in Länderkoalitionen verbundenen anderen Parteien es nicht zeigen: Es geht nur darum, dass die Politiker als strahlende Sieger aus dieser Krise herauskommen, damit sie wieder gewählt werden.

    Gemäß Malthus muss ja das überflüssige Prekariat verschwinden zum Wohle des Wiederaufschwungs und da bietet sich eine solche Selektion an.

    Komischerweise ist man aber in anderen Ländern der EU mit der altersgemäßen Priorisierung und der im Riskikobereich arbeitenden Bevölkerung im Impffortschritt schon weiter, als in der BRD. Die allergrößte Unverschämtheit jedoch ist die Tatsache, dass Manuela Schwesig (SPD) öffentlich verkündete, dass in Mecklenburg-Vorpommern gar nicht genug Impfstoff vorhanden ist um dem Zeitplan gemäß zu impfen. Dort werden Termine abgesagt und auf später verschoben.

    Ein Gesundheitsminister Jens Spahn, als gelernter Sparkassenfuzzi, weiß natürlich aus beruflicher Erfahrung, dass man Kredite nur an Leute ausreicht, die eine gewisse Bonität besitzen. Daher ist es nur bankgerecht und billig, dass zuerst geimpft wird, wer die höchste Bonität besitzt.