Aktivist:innen benennen Apotheke um: M – eine Stadt sucht einen Maler
„Ohren“ statt „Mohren“. Einer Apotheke in Kassel fehlt der Anfangsbuchstabe auf dem Schild. Die Polizei ermittelt wegen einer politisch motivierten Tat.
Laut einem Bericht der HNA wurde ein weiteres „M“ im Schild über dem Schaufenster der Apotheke mit einer Spanplatte verdeckt. Die Inhaberin der Apotheke berichtet darin, dass sie kürzlich von einer Initiative von Black and People of Color aufgefordert worden sei, ihr Geschäft umzubennen und so einen „antirassistischen Beitrag für unsere Stadt zu leisten“. Die Apothekerin, heißt es weiter, sei selbst nicht glücklich mit dem Namen und habe schon über eine Umbenennung nachgedacht.
Auch in anderen Städten gibt es derzeit Debatten über Namen, die den Begriff „Mohr“ enthalten. So wird in Berlin seit Wochen heftig über eine Umbenennung der Mohrenstraße debattiert, deren Namen viele Menschen als rassistisch empfinden. Die Berliner Verkehrsbetriebe BVG hatten Ende Juni angekündigt, die gleichnamige U-Bahn-Station umbenennen zu wollen.
Initiativen wie Decolonise Berlin hatten für die Straße und den U-Bahnhof schon länger einen neuen Namen verlangt. Sie hatten die Straße mehrfach symbolisch in „Anton-W-Amo-Straße“ umbenannt. Anton Wilhelm Amo gilt als einer der ersten schwarzen Philosophen und Rechtswissenschaftler in Deutschland. Der Vorschlag wird mittlerweile auch von den Grünen vor Ort unterstützt.
Unterstützung von Christine Lambrecht
Auch Bundesjustizministerin Christine Lambrecht unterstützt die Idee, die Berliner Mohrenstraße umzubenennen. „Den Vorschlag einer Fritz-Bauer-Straße fand ich total spannend“, sagte die SPD-Politikerin kürzlich.
Der Jurist Bauer, der aus einer jüdischen Familie stammte und während der Nazidiktatur im Exil war, wurde später Generalstaatsanwalt in Hessen. Er setzte sich dafür ein, beim ersten sogenannten Auschwitz-Prozess das SS-Wachpersonal in dem Vernichtungslager vor Gericht zu stellen.
Ähnlich wie jetzt die „Mohren-Apotheke“ in Kassel war auch die Mohrenstraße in Berlin bereits mehrfach Ziel aktivistischer Umgestaltung. Hier wurden zumeist den Straßenschildern zwei schlichte Punkte hinzugefügt, so dass dort „Möhrenstraße“ stand.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Rücktrittsforderungen gegen Lindner
Der FDP-Chef wünscht sich Disruption
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht