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Ein Hoch auf die BVG wieder mal. Wenn man sein Kerngeschäft nicht hinbekommt, muss man sich eben mit anderen Themen in den Vordergrund drängen (für die man auch zu blöd ist).
TAZ: "Der Namensvorschlag von Decolonize Berlin dagegen – „Antonio-Amo-Straße“ [... der] an den ersten Gelehrten und Sklavereigegner afrikanischer Herkunft an einer preußischen Universität erinnert."
Mal wieder nicht richtig aufgepasst, liebe TAZ: Gemeint ist sicher nicht Antonio Amo, sondern Anton Wilhelm Amo, aka Antonius Guilielmus Amo Afer ab Aximo in Guinea (ca. 1703 - ca. 1753).
Pikant bei dem Namensvorschlag:
Amo verfasste 1729 eine lateinische Dissertationmit dem Titel "De iure Maurorum [!] in Europa", zu deutsch "Über die Rechtsstellung der Mohren [!] in Europa".
Das Bündnis Decolonize Berlin hat also Expertise. Warum habe ich denn noch nirgendwo lesen können, welchen Hintergrund die Benennung der Straße hat? Da scheint mir nichts gesichert. Und was soll mit den Menschen geschehen, deren Nachname Mohr oder Mohren lautet?
Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Aufklärung als freiheitliches Element bei einigen heuer als Geschichte angesehen wird.
Bitte bei der Gelegenheit nicht vergessen, den Hohenzollerndamm z.B. in Herero-Damm umzubennen. Der kriminelle Hohenzollern-Clan ist maßgeblich für den Völkermord verantwotlich - wie auch für viele andere Verbrechen.
Demokratie ist ja eigentlich ne tolle Sache, wie wäre es, wenn man berlinweit eine Umfrage startet, ob der U-Bahnhof, ob die Straße umbenannt werden sollte. Ich denke, der Großteil der Berliner wäre für den Beibehalt des Namens "Mohrenstraße"
Also laßt uns doch einfach mal basisdemokratisch entscheiden und in Ruhe weiterleben.
Das mantraartig vorgetragene Recht Israels auf Selbstverteidigung verschließt in Deutschland den Blick auf die brutale israelische Kriegsführung.
Um M-Straße erneut Debatte entbrannt: Trotzdem danke fürs Aufwecken
U-Bahnhof „Mohrenstraße“ soll in „Glinkastraße“ umbenannt werden? Dabei gibt es von Decolonize Berlin einen Namensvorschlag. Ein Wochenkommentar.
Es gab auch diesen Namensvorschlag für die U-Bahnhaltestelle „Mohrenstraße“ Foto: picture alliance/dpa
Ein kleines Lehrstück in Sachen „Eigenwerbung, die nach hinten losgeht“ hat dieser Tage die BVG geliefert. Da verkündet der landeseigene Betrieb aus dem Nichts heraus, dass der U-Bahnhof „Mohrenstraße“ umbenannt werde in „Glinkastraße“. Begründung: „Als weltoffenes Unternehmen“ lehne man „jegliche Form von Rassismus oder sonstiger Diskriminierung ab“. Das klingt erst mal gut und scheint zu zeigen, dass die Diskussionen der letzten Wochen und Monate (Black Lives Matter) mancherorts eine gewisse Wirkung erzielt haben.
Dennoch hagelte es umgehend Kritik – zurecht: Denn die BVG hat mit ihrer einsamen Entscheidung ausgeblendet, dass es um die M-Straße und den dazu gehörigen Bahnhof seit Jahren Diskussionen gibt. Und vor allem AkteurInnen, allen voran das Bündnis Decolonize Berlin, denen die Abschaffung der M-Straße ein echtes Anliegen ist, die Expertise haben – und sogar einen konkreten Vorschlag für einen Straßennamen. Wer an ihnen und der Debatte vorbei einen Namen von oben dekretieren will, zeigt, dass er von postkolonialer Aufarbeitung und Erinnerungskultur noch nichts verstanden hat. Denn beides kann ohne engagierte Zivilgesellschaft und deren Multiperspektivität nicht funktionieren.
Da überzeugte auch nicht das Argument der BVG, (Michail Iwanowitsch) Glinka sei der einzig mögliche Name, da sonst keine Straße in der Nähe des Bahnhofs in Frage käme. Denn warum hat man nicht gewartet, bis die M-Straße einen neuen Namen bekommt? Straße und Bahnhof waren doch immer zusammen gedacht worden.
Die Antwort ist offenkundig: Man wollte die Gunst der Stunde nutzen – für gute PR, die wenig kostet, weil man im Dezember wegen der neuen U5 ohnehin alle Pläne ändern muss.
Namensvorschlag von Decolonize Berlin
Doch Glinka ist weder alternativlos – noch eine gute Idee. Nicht nur weil sich im Laufe der Woche herausstellte, dass der russische Komponist (1804–57) mutmaßlich Antisemit war. Mit einer „Glinkastraße“ würde auch der koloniale Kontext verloren gehen – also genau die Geschichtsklitterung passieren, die Gegner von Umbenennungen immer monieren.
Der Namensvorschlag von Decolonize Berlin dagegen – „Anton-Wilhelm-Amo-Straße“ – bleibt beim Thema, wechselt aber die Perspektive, indem sie an den ersten Gelehrten und Sklavereigegner afrikanischer Herkunft an einer preußischen Universität erinnert.
Dass darüber jetzt alle reden, ist am Ende das Gute an der BVG-Aktion. Zumal sich der Landesbetrieb einsichtig zeigte und am Mittwoch erklärte, Glinka sei ja nur ein Vorschlag, Hauptsache die M-Straße komme bald weg.
Das wird aber noch ein Weilchen dauern, denn nun ist der für die Straße zuständige Bezirk Mitte wieder am Zug. Und dort hat man – trotz grünem Bürgermeister und rot-rot-grüner Mehrheit – das Anliegen bislang nicht gerade mit Verve betrieben. Aber vielleicht sind die Lokalpolitiker jetzt aufgewacht. Dafür dann doch: danke, BVG!
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Kolonialismus und Klimakrise
Kommentar von
Susanne Memarnia
Redakteurin taz.Berlin
Jahrgang 1969, seit 2003 bei der taz, erst in Köln, seit 2007 in Berlin. Ist im Berliner Lokalteil verantwortlich für die Themenbereiche Migration und Antirassismus.
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Susanne Memarnia