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Aktionswoche für VerkehrswendeKraftwerk und Baustelle blockiert

Mit der Blockade eines Kohlekraftwerks bei VW protestieren Ak­ti­vis­t*in­nen für eine Mobilitätswende. Der Konzern weist die Vorwürfe zurück.

Kli­ma­ak­ti­vis­t*in­nen besetzen einen Kran auf dem Gelände des VW-Steinkohlekraftwerks Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Wolfsburg taz/dpa | Über dem VW-Werk in Wolfsburg und dem dazu gehörenden Kraftwerk-West ist gerade die Sonne aufgegangen. Mehrere vermummte Personen stehen auf einem geparkten Kohlezug. Zwei liegen auf den Schienen und haben sich mit so genannten Lock-Ons unter den Zug gekettet.

Eine weitere Gruppe hat einen so genannten Schaber, der Steinkohle aus dem Lager auf Förderbänder schaufelt, erklommen. Auf einem Kran hissen Ak­ti­vis­t*in­nen ein Banner mit der Aufschrift „Verkehr auf die Schienen schicken, Autoindustrie vors Schienbein kicken.“ Mehrere Personen haben sich über dem Kohlebunker abgeseilt. Zwischen ihnen hängt ein Transparent, auf dem in großen Lettern auf rosanem Untergrund „Runter vom GAS!“ steht.

Seit Freitagmorgen blockieren rund 40 Ak­ti­vis­t*in­nen gleichzeitig das Steinkohlekraftwerk West bei VW in Wolfsburg und die Baustelle einer Gaspipeline in der Nähe von Braunschweig. Ziel ist es, den laufenden Betrieb des zweitgrößten Autoherstellers weltweit zu behindern.

Rumo Schotter (Name geändert), eine Aktivistin aus der Blockade, sagt zur Aktion: „Wir rasen unaufhaltsam in die Klimakatastrophe. Seit Jahren ist klar, dass wir dringend eine Mobilitätswende brauchen.“ Konzernen wie VW sei das egal. Diese heizten die Krise weiter an und zögen daraus Profite.

Auch Erdgas in der Kritik

„Statt zu hoffen, dass der E-Antrieb uns aus der Klimakrise rettet, sollten wir auf bessere Lösungen setzen“, so Schotter weiter. Solche seien beispielsweise kostenloser ÖPNV, autofreie Städte und ein Ausbau des Schienensystems. „Da weder Konzerne noch Politik handeln, stoppen wir heute mit unserem Einsatz die Produktion klimaschädlicher Drecksschleudern!“

Das blockierte Kraftwerk beliefert das VW-Werk mit Energie für die Autoproduktion. Rund 900.000 Tonnen Steinkohle würden dafür pro Jahr verfeuert, sagen die Aktivist*innen. Die gleichzeitig blockierte Pipeline-Baustelle solle einen Wechsel zu Erdgas ermöglichen. Für Aktivistin Schotter keine Alternative: „Um dem Klimawandel angemessen zu begegnen, müssen wir weg von dreckigen, fossilen Energieträgern.“ Der Umstieg auf Gas sei dabei keine Lösung. „Damit will sich VW nur eine grüne Weste anziehen“, so die Aktivistin. Im kapitalistischen Wirtschaftssystem sei Ausbeutung und Klimazerstörung an der Tagesordnung, das müsse endlich enden.

Die Polizei war erst nach mehreren Stunden vor Ort. Der Werkschutz von VW erkundigte sich, ob alle Ak­ti­vis­t*in­nen unverletzt seien und fotografierte dann Journalist*innen, die sich außerhalb des Betriebsgeländes befanden. Ab und an liefen Ar­bei­te­r*in­nen über das Gelände, die über die Aktion schimpften. Einer rief im Vorbeilaufen in Richtung der Aktivist*innen: „Ich hoffe, du legst dich auf die Fresse.“

VW weist die Vorwürfe zurück

Der Autobauer Volkswagen weist Vorwürfe von Umweltaktivisten gegen die Klimapolitik des Konzerns zurück. VW setze sich aktiv für einen schnellen Umstieg auf erneuerbare Energien ein und habe sich als erster Autohersteller zu den Pariser Klimazielen bekannt.

VW sei zu Diskussionen über Klimaschutz bereit, hieß es. Aber das Eindringen sei illegal. „Wir dulden keine Gesetzesverstöße, die mit derlei Aktionen von den handelnden Personen begangen werden.“ Deshalb werde man alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, der Anspruch von Schadenersatz werde geprüft.

Die Ak­ti­vis­t*in­nen am Steinkohlekraftwerk West wollen bleiben, bis sie geräumt werden. Die Blockade ist die erste von vielen Aktionen, die für die kommende Woche geplant sind. In mindestens 50 Städten wollen verschiedenste Gruppen unter dem Motto „Verkehrswende jetzt“ tätig werden.

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