Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit: Schnellere Hilfe nötig
Die Regierung hat einen Plan voller schöner Worte beschlossen, um Wohnungslosigkeit zu bekämpfen. Doch der rauscht an der Realität der Armen vorbei.
W ohnungslosigkeit bekämpft man mit Wohnraum. Daher ist es eine gute Nachricht, dass sich die Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) der Wohnungslosen annehmen will. Ziel ist, dass in sechs Jahren niemand mehr ohne Wohnung ist.
Deutschland setzt damit die Verpflichtungen aus der „Erklärung von Lissabon“ um. Dort beschlossen die 27 Mitgliedstaaten der EU, die Obdachlosigkeit bis 2030 zu überwinden. In Deutschland sind etwa 600.000 Menschen wohnungslos, 50.000 von ihnen sind obdachlos, sie leben auf der Straße. Die anderen kommen in Unterkünften oder bei Bekannten unter. Eine Maßnahme des jüngst beschlossenen Nationalen Aktionsplans gegen Wohnungslosigkeit ist die Investition von 18,15 Milliarden Euro in den sozialen Wohnungsbau.
Das ist ein guter Plan, wenn er nur auch umgesetzt werden würde. Lediglich etwa ein Viertel der pro Jahr geplanten 100.000 preisgebundenen Wohnungen sind tatsächlich gebaut worden. Aktuell fallen mehr Wohnungen aus der befristeten Preisbindung heraus, als neue entstehen. Es gibt also kein bescheidenes Plus, sondern ein größer werdendes Minus an günstigen Wohnungen. Das Verbändebündnis „Soziales Wohnen“ schätzt, dass aktuell mehr als 910.000 Sozialwohnungen fehlen. Zusätzlich steigen die Mietpreise in vielen Städten immer weiter an.
Nicht zuletzt angesichts dieser Zahlen, die deutlich in die falsche Richtung zeigen, kommt der Aktionsplan recht planlos daher. Statt konkreter wohnungspolitischer Maßnahmen sollen „Empfehlungen erarbeitet“, der „Wissenstransfer gestärkt“ oder „Facharbeitsgruppen etabliert“ werden. Schöne Worte, die allerdings an der Realität der Ärmsten vorbeirauschen. Denn genau das ist Wohnungslosigkeit: die extremste Form der Armut.
Ideen für Klara Geywitz und das Bauministerium
Wer auf der Couch oder auf der Parkbank schlafen muss, ist von Gewalt, Verwahrlosung und Missbrauch bedroht. Die Menschen brauchen schnelle Hilfe. Wo ist der Notfallplan, wo die Soforthilfe, wo die Milliarden für Container? Das wäre ein Zeichen dafür, dass das Problem wirklich ernst genommen wird.
Auch vorbeugend kann konkret viel getan werden. Wenn Kündigungen wegen Eigenbedarf anstehen, sollten Mieter begleitet werden, und es muss sichergestellt sein, dass alternativer und bezahlbarer Wohnraum noch vor der Räumung zur Verfügung steht.
Wohnungslose EU-Ausländer, die nicht versichert sind, ältere und pflegebedürftige Wohnungslose brauchen Angebote. Ein guter Ansatz ist Housing First, also „Zuerst ein Zuhause“, das in Berlin seit einigen Jahren erprobt wird und ausgebaut werden sollte. Für die ohne Obdach zählt jeder Tag.
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